Der Keller
Doch er kehrte nicht zurück, und auch die hübsche junge Frau verschwand samt ihrem Wohnwagen. Vielleicht sind sie wirklich gemeinsam weggelaufen. Doch wenn Sie mich fragen, ist an dieser Geschichte etwas faul. Auf jeden Fall ist das ein weiteres Geheimnis, das das Horrorhaus umgibt.«
Kapitel fünf
Sandy - August 1980
Nach dem Duschen küsste Sandy Eric sanft und legte ihn in sein Bettchen. Sie machte sich nicht die Mühe, es abzuschließen. Schließlich war er gerade erst daraus ausgebrochen, um sie vor Slade zu retten, und hatte dabei zwei der Holzstäbe zertrümmert. Die Vorderseite des Betts erinnerte Sandy nun an einen grinsenden Mund, dem zwei Zähne fehlten.
Jetzt schien Eric ziemlich müde zu sein.
Sandy schaltete das Licht aus, zog leise die Tür hinter sich zu und ging in ihr Schlafzimmer, wo ihre Uniform noch auf dem Boden lag. Sie betrachtete das Hemd im roten Licht und entdeckte mehrere Blutstropfen darauf.
»Schönen Dank auch, Marlon«, murmelte sie.
Die Shorts hatten ebenfalls etwas Blut abbekommen.
Während sie die Uniform wieder anzog, dämmerte ihr, dass ihre Tage im Horrorhaus jetzt wohl vorüber waren. Sie musste die Stadt verlassen. Zumindest Slades Assistentin wusste, dass er vorgehabt hatte, sie aufzusuchen. Vermutlich würde niemand Slade vor morgen früh vermissen, aber sobald sie ihn vermissten, würde der erste Verdacht wohl zwangsläufig auf Sandy fallen. Und bis dahin mussten sie und Eric bereits über alle Berge sein.
Mit finsterer Miene betrachtete sie Slades Leichnam. Der dickliche Körper lag seltsam verdreht auf dem Boden. Seine von Sandys Messer zerfetzte Kleidung sah aus, als hätte sie jemand in Blut getaucht und dann an seine Haut geklatscht. Auch sein Gesicht bot einen schaurigen Anblick: zerrissen, blau angelaufen und glänzend. Das blutige Haar klebte an der Kopfhaut.
Hat nur bekommen, was er verdient hat, der Drecksack.
Ihn zu erstechen war ein tolles Gefühl gewesen. Vielleicht hätte
sie es nicht so übertreiben müssen, aber sie hatte einfach die Kontrolle verloren.
Außerdem hatte er sich schließlich gewehrt, also war er für viele der Wunden selbst verantwortlich. Sandy hatte sich förmlich durch seine wedelnden Arme hindurchschneiden müssen, um die lebenswichtigen Stellen zu erreichen. Und selbst als sie das Messer in seine Brust und seinen Hals und sein Gesicht gerammt hatte, hatte er sich einfach geweigert zu sterben. Sie hatte immer weiter auf ihn eingestochen, selbst als er aufgehört hatte, sich zu wehren.
Selbst als sie gewusst hatte, dass er tot war.
Er hätte Eric nichts antun dürfen. Es hatte sie zur Weißglut gebracht, dass er ihren Sohn durch den Raum geschleudert und verletzt hatte. Und noch dazu hatte er sich ihr aufgedrängt - er hätte sie mit Sicherheit vergewaltigt, wenn Eric ihr nicht zu Hilfe geeilt wäre.
»Kannst von Glück reden, dass ich überhaupt aufgehört hab, auf dich einzustechen«, murmelte sie. Als sie begriff, was sie da gesagt hatte, musste sie grinsen.
»Glück gehabt«, wiederholte sie. »Ein echter Volltreffer.«
Hätte sie nur nicht so eine Schweinerei veranstaltet.
Sie hätte ihn erwürgen sollen, dachte sie, doch dann schüttelte sie den Kopf. Das hätte sie nicht geschafft. Ohne Agnes Kutchs Fleischermesser hätte sie nicht den Hauch einer Chance gehabt.
Er hätte sie vergewaltigt, geschlagen und vielleicht sogar umgebracht.
Was er mit Eric angestellt hätte, wollte sie sich gar nicht erst vorstellen.
Das Messer war ihre Rettung gewesen.
Das Blutbad vor ihr war der Preis, den sie für ihr Überleben hatte bezahlen müssen.
Bevor sie mit Eric unter die Dusche gegangen war, hatte sich Sandy überlegt, später aufzuräumen. Immer eins nach dem anderen. Erst musste sie aus dieser Stadt verschwinden, dann konnte sie sich
um Slades Leiche Gedanken machen und das Blut von den Wänden und dem Boden wischen.
Barfuss ging sie auf den Leichnam zu. Der Teppich unter ihren Füßen war feucht und klebrig.
Jetzt verteile ich das Blut überall im Wohnwagen!
Angewidert kniete sie sich neben Slade hin, klopfte auf seine rechte vordere Hosentasche, ertastete einen flachen Gegenstand und hörte das leise Klirren eines Schlüsselbundes.
Sie griff in die Tasche und holte die Schlüssel heraus. Dann wischte sie das schwarze Ledermäppchen an ihrem Hemd ab.
Sie hoffte, dass das klebrige Zeug nur Blut war.
Dann stand sie auf und überlegte, wie sie es vermeiden konnte, auf dem Weg nach draußen eine Blutspur zu
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