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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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hinterlassen.
    Ihr Hemd war ohnehin ruiniert. Sie zog es aus, stellte sich auf das rechte Bein und wischte sich die linke Fußsohle damit ab. Dann machte sie einen großen Satz in Richtung Schlafzimmertür, so dass sie mit dem sauberen Fuß auf einem Teil des Teppichs landete, der noch nicht völlig blutdurchtränkt war. Sie hob das rechte Bein und wischte auch diesen Fuß ab.
    Obwohl nur der schwache Schein des Badezimmerlichts den Flur erhellte, war sie sich sicher, keine Blutspur zu hinterlassen, denn ihre Füße fühlten sich trocken an. Im Badezimmer ließ sie kaltes Wasser ins Waschbecken laufen und tauchte das Hemd hinein. Das Wasser verfärbte sich sofort. Während sie versuchte, die gröbsten Blutspuren herauszuwaschen, betrachtete sie sich im Spiegel, konnte jedoch keine Blutflecken auf ihrem Gesicht, ihren Brüsten oder ihrem Bauch erkennen.
    Jetzt wollte sie das kalte, nasse Hemd nicht mehr anziehen. Außerdem schüttelte es sie vor Abscheu bei dem Gedanken, mit seinem Blut in Berührung zu kommen. Sie würde das Ding mit Sicherheit nie wieder anziehen. Andererseits müsste sie ins Schlafzimmer gehen, um sich etwas Sauberes zu holen, und dort würde sie ihn wieder ansehen müssen, seinen Gestank ertragen müssen.
    Sie fing an, das Hemd einzuseifen und überlegte sich, was sie stattdessen anziehen könnte. Sie besaß nicht besonders viele Kleidungsstücke, und das wenige befand sich in einer kleinen Garderobe im Schlafzimmer.
    Hängt noch was draußen auf der Leine? Nein. Und in Erics Zimmer sind nur Windeln und Decken. Und im Wohnzimmer und der Küche ist auch nichts.
    Aber ich kann doch nicht halbnackt rumlaufen.
    Andererseits - wer würde sie schon sehen?
    Niemand. Und wenn doch, würde es ihm schlecht bekommen. Wenn mich jemand dabei beobachtet, wie ich Slades Auto klaue, kann das meinen ganzen Plan ruinieren.
    Sie wusste nicht einmal, wo Slade seinen Wagen geparkt hatte. Wenn sie jetzt die halbe Stadt danach absuchen musste …
    Sie schüttelte den Kopf.
    Das Auto musste ganz in der Nähe sein. Dieser fette Faulpelz hatte bestimmt keinen Schritt zu viel gemacht. Doch wahrscheinlich war er den Hügel nicht bis zum Ende hinaufgefahren, aus Angst, stecken zu bleiben oder sich den Lack zu zerkratzen, und hatte das Auto am Straßenrand abgestellt. Kein Problem - der Wald reichte bis fast zur Straße hinunter.
    Trotzdem schmeckte Sandy der Gedanke, den ganzen Weg nur mit ihren Shorts bekleidet zurückzulegen, überhaupt nicht.
    Sie wrang das Hemd aus und sah, dass sie die Blutflecken nicht völlig hatte herauswaschen können.
    Das kann ich unmöglich anziehen.
    Sie warf das Hemd über die Duschvorhangstange.
    Dann ging sie in die Küche, holte ein altes, fadenscheiniges und löchriges Geschirrtuch aus einer Schublade.
    Das wird’s auch tun, dachte sie.
    Sie versuchte, es um ihre Brust zu wickeln, aber dafür war es viel zu kurz. Immerhin reichte es ihr von den Schultern bis zur Taille. Vergebens mühte sie sich ab, das Tuch in ihrem Nacken zusam-
    menzubinden. Schließlich gelang es ihr, mit Hilfe eines Stücks Schnur eine provisorische Schürze zu basteln. Ihre Schultern und der Rücken blieben frei, aber das war ihr egal, Hauptsache ihre Brüste waren bedeckt.
    Jetzt brauchte sie nur noch eine Waffe.
    Agnes’ Fleischermesser wäre genau das Richtige.
    Doch nachdem sie Slade damit erstochen hatte, hatte sie es neben seiner Leiche fallen lassen und war zu Eric geeilt.
    Sie würde schon ins Schlafzimmer gehen müssen, um es zu holen.
    Auf gar keinen Fall.
    »Messer ist Messer«, murmelte sie, obwohl sie insgeheim anderer Meinung war.
    Agnes’ Messer war etwas Besonderes.
    Jetzt, da sie selbst damit getötet hatte, schien es eine gewisse schützende Magie zu besitzen. Es hatte sie vor Slade gerettet. Vielleicht würde es sie vor allen ihren Feinden beschützen.
    »Quatsch«, sagte sie.
    Außerdem brauchte sie wahrscheinlich gar keine Waffe. Slades Auto zu stehlen war eine Sache, die sie heimlich erledigen sollte, ohne dabei in einen Kampf verwickelt zu werden. Das Messer war eine reine Vorsichtsmaßnahme.
    Nur für den Fall der Fälle.
    Aus den Messern, die auf einem Regal über der Arbeitsfläche lagen, wählte sie eines aus, das ungefähr so lang wie Agnes’ war.
    Leise schlich sie zu Erics Zimmertür, blieb davor stehen und lauschte. Sie hörte seinen ruhigen, zischenden Atem und wusste, dass er tief und fest schlief.
    Dann ging sie ins Wohnzimmer und öffnete die Eingangstür. Trotz des sonnigen,

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