Der Keller
davon. Du kannst von Glück reden, dass heute nicht Samstag ist, sonst würde ich dich auch noch zur Mitternachtsführung schleppen. Und das wäre dann richtig teuer.«
»Das bezweifle ich.«
»Wieso?«
Sie legte den Kopf in den Nacken und zeigte ihm die Zähne. »Weil ich es dir verbieten würde. Es reicht ja schon, dass du dein Geld für das hier ausgibst, da musst du nicht auch noch ein paar Hunderter für so eine grässliche ›Nur für Erwachsene‹-Show verschwenden.«
»Mir würde sie wahrscheinlich gefallen.«
»Das kann ich mir vorstellen.«
»Einfach nur nachts im Horrorhaus zu sein …«
Er sah sich um. Und da war das Horrorhaus.
Seit sie den Bus verlassen hatten, hatte es direkt vor ihm gestanden, doch er hatte es nicht beachtet.
Bis jetzt.
Genau wie das Kutch-Haus gegenüber ähnelte es bis ins Detail den vielen Fotos und Filmen, die er gesehen hatte.
Aber das hier ist das Original, sagte er sich. Das hier ist kein Foto. Das ist das Haus selbst.
Er starrte darauf.
Und war ein kleines bisschen enttäuscht.
Es wirkte wie ein stinknormales Gebäude in viktorianischem Stil, vielleicht noch ein bisschen unauffälliger als die meist aufwendig renovierten Bauwerke dieser Epoche, die er bisher zu Gesicht bekam. Es war klein, nicht besonders reich verziert und sah ziemlich verfallen aus.
Es soll ja auch verfallen aussehen, sagte er sich. Es ist schließlich das Horrorhaus.
Er wartete auf ein Gefühl der Furcht, das sich jedoch einfach nicht einstellen wollte. Wahrscheinlich hatte er die Fotos in Janice Crogans Büchern zu lange angesehen und war jetzt übersättigt. Die Menschenmenge davor tat ihr Übriges. Dies war kein bedrohliches Gemäuer, sondern eine gut besuchte Sehenswürdigkeit.
Ganze Familien marschieren rein und raus. Wie soll man da eine Gänsehaut bekommen?
Verdammte Touristen, dachte er.
Und was bin ich? Ein Einheimischer? Ich bin genauso ein Tourist wie alle anderen.
Ich bin der ULTIMATIVE Tourist - ich bin mit dem Bus angereist und muss in drei Stunden alles gesehen haben, um den Zeitplan auch ja einzuhalten.
Dabei würde ich gerne bleiben. Bis es dunkel wird, bis sie es abschließen. Nur so wäre es möglich, die Atmosphäre des Hauses zu spüren. Abwarten, bis alle verschwunden sind, und es dann in der Dunkelheit, im Mondlicht betrachten.
Er stellte sich vor, wie er Monica diesen Vorschlag unterbreitete: Was hältst du davon, wenn wir über Nacht hierbleiben und erst morgen wieder nach San Francisco zurückfahren?
Die Antwort darauf kannte er bereits im Voraus:
Spinnst du? Hast du den Verstand verloren? Drei Stunden sind schon drei Stunden zu viel, um sie in diesem verdammten Kaff zu vertrödeln. Irgendwas stimmt doch nicht mit dir, wenn du dir ernsthaft überlegst, hier die Nacht zu verbringen. Außerdem ist unser Zimmer im Holiday Inn bereits bezahlt. Und ich sehe nicht ein, für ein Zimmer zu bezahlen, ohne die Nacht darin zu verbringen. Also schlag dir das mal ganz schnell aus dem Kopf. So was Blödes hab ich ja noch nie…
Plötzlich bemerkte Owen, wie der Mann vor ihm zur Seite trat und niemand mehr zwischen ihm und der Ticketbude stand.
Er lächelte dem großen, stämmigen Mann hinter der Glasscheibe zu und griff nach seinem Geldbeutel. »Hi. Zwei Erwachsene bitte«, sagte er und bezahlte mit seiner Kreditkarte.
Der Mann schob zwei Tickets, eine Quittung, eine dünne Broschüre und einige Coupons unter der Scheibe hindurch.
»Heben Sie Ihre Eintrittskarte gut auf«, sagte er. »Wenn Sie sie im Horrorhausmuseum vorzeigen, bekommen Sie ermäßigten Eintritt. Mit diesen Coupons erhalten Sie zehn Prozent auf alles, was Sie im Souvenirshop oder in der Snackbar erwerben.«
»Danke.«
»Gehen Sie bitte hier herum. Rhonda wird Ihnen die Kassettenrekorder aushändigen.«
»Danke«, wiederholte er.
»Viel Spaß.«
»Danke.« Er trat von der Glasscheibe zurück.
»Hier lang«, sagte Monica.
Er folgte ihr um die Ticketbude herum.
»Guten Morgen«, begrüßte sie eine lächelnde und für diesen Job etwas zu jung und zu schüchtern wirkende Frau. »Darf ich bitte Ihre Eintrittskarten sehen?«
Owen reichte sie ihr, und Rhonda riss sie in der Mitte durch. »Heben Sie Ihren Abschnitt gut auf«, sagte sie und gab Owen die
Hälften zurück. »Damit bekommen Sie im Horrorhausmuseum ermäßigten Eintritt.«
»Das wissen wir«, sagte Monica.
Rhonda errötete. »Ach. Okay.« Sie zuckte mit den Schultern und wandte sich zur Rückwand der Bude um, auf der lange Regalbretter
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