Der Keller
rotbrauner Ziegelsteinbau, dessen Farbe entfernt an getrocknetes Blut erinnerte. Es besaß nur eine verwitterte Eingangstür. Keine Fenster.
Das völlige Fehlen jeglicher Fenster ließ das Haus noch seltsamer erscheinen, als er es für möglich gehalten hätte.
Er stellte sich vor, wie Janice Crogan in einem Zimmer im ersten Stock eingeschlossen war, nackt auf einem Kissenberg aufwachte, nachdem man sie entführt und vergewaltigt hatte. Das war eine seiner Lieblingspassagen aus ihrem ersten Buch. Er hatte sie
oft gelesen und in seinen Tagträumen auf den Kissen mit ihr geschlafen.
Er hatte sich so sehr gewünscht, sie persönlich kennen zu lernen.
Aber wie es der Zufall wollte, war sie gerade heute nicht da.
Außerdem wäre sie nicht die Janice aus den Büchern. Diese Janice war zarte achtzehn. Ein Teenager, keine inzwischen sechsunddreißig Jahre alte Frau.
Sie wäre wohl niemals in der Lage gewesen, Owens Fantasiebild von ihr zu entsprechen. Kein Mädchen auf der Welt konnte so schön, sexy, zäh und tapfer sein.
Wahrscheinlich kann ich mich glücklich schätzen, dass sie nicht hier ist.
»Haaaalo«, sagte Monica. »Jemand zu Hause? Erde an Owen, bitte kommen.«
Er sah sie an.
»Wollen wir hier sitzen bleiben?«, fragte sie.
Er zwang sich, sie anzulächeln, bevor er sich umsah.
Der Bus hatte bereits angehalten, und die Fahrgäste strömten durch den Mittelgang ins Freie.
»Auf, auf«, zwitscherte Monica lächelnd, was nicht besonders gut zu dem höhnischen Funkeln in ihren veilchenblauen Augen passte.
»Nur Geduld«, sagte er.
»Ich dachte, du könntest es kaum erwarten.«
»Immer mit der Ruhe. Wir haben drei Stunden Zeit.«
»Leider.«
Sobald der Gang einigermaßen frei war, hängte sich Owen seine Kamera um den Hals und stand auf. Er ließ Monica den Vortritt und bemerkte, dass ihm momentan nicht einmal ihre Hinteransicht gefiel.
Sie hatte sich das Haar mit einem rosa Schleifchen zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, was wie der verzweifelte Versuch wirkte, wie ein süßes, keckes Mädchen auszusehen.
Ihr Rücken war so steif, als hätte sie einen Stock verschluckt.
Ihr weißer Strickpullover war eng, aber nicht so eng wie ihr BH. Owen konnte den BH durch den Stoff erkennen. Der schwarze Streifen schnitt in ihre Haut, so dass Fleischwülste darüber hervorquollen.
Genau wie über dem engen Bund der Jeans.
Ihre Jeans war nagelneu, dunkelblau und bis zum Bersten gespannt, um ihre Hüften und den Hintern beherbergen zu können. Die Hose saß so eng, dass sie jeden Moment aufzuplatzen schien.
Sofort fühlte er sich schuldig, so etwas überhaupt zu denken.
Dann war er wütend auf sich, weil er sich schuldig fühlte.
Warum konnte sie nicht einfach Klamotten anziehen, die ihr auch passten?
Er folgte ihr die Stufen hinunter. Patty wartete vor dem Bus auf sie. »Vorsicht, Stufe«, sagte sie und lächelte Monica zu.
»Viel Spaß, Owen«, fügte sie hinzu.
»Danke«, sagte er und fragte sich, ob sie wohl einen Freund hatte.
Wahrscheinlich schon.
Einen strammen, attraktiven Burschen mit einem festen Händedruck und einem angriffslustigen Lächeln.
Vielleicht war sie auch lesbisch.
So oder so, ich hätte nicht den Hauch einer Chance.
Monica nahm seine Hand und drückte sie. »Naja, machen wir das Beste draus. Vielleicht können wir ein Picknick am Strand oder sonst was Schönes machen, sobald wir die Führung hinter uns haben.«
»Ja, vielleicht.«
Sie zerrte ihn zur Schlange vor der Ticketbude. »Ich liebe Strände. Sie sind so romantisch.«
»Wir hätten unsere Badesachen mitnehmen sollen.«
»Sei nicht dumm. Wir können hier nicht schwimmen gehen.«
»Wir könnten schon.« »Keine Badesachen und keine Handtücher. Und wo sollen wir uns umziehen? Außerdem werde ich bestimmt nicht ins Meer gehen. Wer weiß, was da alles drin schwimmt. Am Ende hole ich mir noch Hepatitis oder werde bei lebendigem Leib von einem Hai gefressen.«
Sie stellten sich an das Ende der Schlange.
»Jetzt sieh dir das an«, sagte Monica. »Fünfzehn Dollar pro Person. Das ist doch lächerlich. Wie können sie nur fünfzehn Mäuse dafür verlangen?«
»Warum nicht? So etwas gibt es im ganzen Land nicht noch einmal - wahrscheinlich auf der ganzen Welt nicht.«
»Das ist Wucher.«
»Niemand wird gezwungen, da reinzugehen.«
»Plus die fünfzehn Dollar für die Busfahrt. Das kostet uns zusammen sechzig Dollar.«
»Es kostet mich sechzig Dollar«, verbesserte er sie grinsend. »Und ich bereue keinen Cent
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