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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Anteil über dem Lagerfeuer gebraten, während er seine Portion roh verschlungen hatte.
    Die guten alten Zeiten.
    Jetzt waren sie vorbei.
    So ist das eben, dachte sie. Die Kinder werden erwachsen, und ehe man sich’s versieht, ist man nicht mehr ihr bester Freund. Selbst wenn man nicht das Geringste falsch machte, empfanden sie einen plötzlich als nervtötend.
    Aber ich habe etwas falsch gemacht. Und ich gehe ihm auf die Nerven.
    Das hatte angefangen, als Eric auf die Jagd nach einem Reh gegangen und mit einem Jungen zurückgekommen war.
    Vielleicht hätte ich nicht so einen Riesenaufstand veranstalten sollen.
    Mit düsterer Miene fuhr sie über die hügelige Straße.
    So schlimm war es nun auch wieder nicht. Ich habe ihn ja nicht einmal geschlagen. Nur in aller Ruhe erklärt, dass er so etwas nie wieder tun darf. Himmel, ich habe ihn diesen kleinen Scheißer sogar essen lassen. Das war ziemlich verständnisvoll von mir, würde ich mal behaupten.
    Nur, dass ich nichts davon abhaben wollte. Und das hat ihn so wütendgemacht. Ich hatte bereits Feuer gemacht und alles, und er kommt mit seiner Beute an - die er ganz allein gejagt und erlegt hat -, und ich rühre nichts davon an.
    Sie erinnerte sich, wie er blutig und schweigend vor ihr gesessen, an einem Bein geknabbert und sie dabei nicht aus den Augen gelassen hatte - mit diesem verletzten Blick, als könnte er einfach nicht verstehen, wieso seine Mutter plötzlich gegen ihn war.
    Sie spürte, wie ihr Tränen in die Augen schössen.
    Hätte ich den kleinen Hosenscheißer doch wenigstens probiert.
    Aber sie bezweifelte, dass sie überhaupt einen Bissen hinuntergebracht hätte.
    Danach war nichts mehr so wie früher.
    Er hatte ihr nie wieder auch nur eine weitere verdammte Leiche gebracht.
    Sandy war sich sicher, dass er sie genauso liebte wie zuvor, doch die Nähe und das Vertrauen zwischen ihnen waren verschwunden.
    Unwiederbringlich.
    Das war noch nicht entschieden. Einen Versuch war es wert. Sie könnte ja mal wieder einen Ausflug mit ihm machen.
    Hey, Sportsfreund! Wie wär’s, wenn deine alte Mutter mitkommt?
    Nein. Das würde er nicht wollen. Womöglich würde sie sich wieder über irgendetwas beschweren.
    Was durchaus passieren könnte. Ich will gar nicht dran denken, was er den ganzen lieben langen Tag so treibt.
    Am Ende des Buena Vista Parkway angekommen musste Sandy eine Weile warten, bis sie sich in den Verkehr auf der Hauptstraße einreihen konnte.
    Vielleicht sollte sie Eric doch die Stadt zeigen. Darauf wartete er schon seit Jahren. Es würde ihm gefallen, und möglicherweise konnten sie dann wieder Freunde sein. Natürlich musste sie ihn gut verstecken. Ob sie ihm ein Kostüm schneidern sollte?
    Mein Gott, das wäre wirklich riskant.
    Sie könnte ihn Blaze vorstellen.
    Und wenn Blaze ausflippt?
    Oder von Eric gefressen wird?
    Nein, das war keine gute Idee.
    Sie sah in den Rückspiegel. Ein Auto fuhr beängstigend schnell auf sie zu. Es war ein weißes Sportcabrio.
    Als sie an einer Ampel warten musste, hielt das Cabrio nur Zentimeter hinter ihr an.
    Der Fahrer hob einen Arm, winkte ihr zu und lächelte.
    Es ist der Typ vom Strand!
    Terry?
    Er ist mir gefolgt!
    Sandy öffnete die Tür und spähte hinaus. Da keine weiteren Autos in Sicht waren, zog sie die Handbremse und stieg aus.
    Terry machte keine Anstalten, den Wagen zu verlassen.
    Und ein Hemd hatte er auch nicht angezogen.
    »Hi«, sagte Sandy.
    »So trifft man sich wieder«, sagte Terry.
    »Was für ein Zufall.« Sie versuchte, verärgert zu klingen. Vergeblich. »Was machst du denn hier?«
    »Ich belästige dich«, sagte er und hob die Augenbrauen.
    »Bist du mir vom Strand bis hierher gefolgt?«
    »Ich bin ziemlich gut, das musst du zugeben. Ist dir was aufgefallen?«
    »Gar nichts. Bis gerade eben.«
    »Da wollte ich dir ja auch auffallen. Ich dachte, ich tauche mal einfach so aus dem Nichts auf, um dich schwer zu beeindrucken.«
    »Tatsächlich. Und … was jetzt?«
    »Jetzt sollten wir ein bisschen Zeit miteinander verbringen.«
    »Warum denn das?«
    »Warum denn nicht?«, fragte er zurück.
    »Erstens bin ich beschäftigt. Und zweitens kenne ich dich überhaupt nicht.«
    »Terry Goodwin«, sagte er, ließ das Lenkrad los und hielt ihr die linke Hand hin.
    Sandy schüttelte sie. »Ashley.«
    »Ashley wer?«, fragte er, ohne ihre Hand loszulassen.
    »Vielleicht will ich nicht, dass du meinen Nachnamen erfährst. Du kommst mir verdächtig vor. Du könntest im Telefonbuch nachschlagen und

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