Der Keller
Baumstamm, dann hüpften sie auf der anderen Seite herunter. »Geschafft.«
Sie umrundeten die Hügelkuppe und erreichten eine windige Lichtung.
Donna streckte sich. »Ah. Diese Brise ist eine echte Wohltat.«
»Warte hier. Ich habe da unten ein paar Sachen liegen lassen.«
»Also deshalb sind wir hier!«
Sie folgte Jud zum Rand der Lichtung. Er deutete in das Unterholz dahinter. »Ich habe meine Ausrüstung dort bei den Felsen zurückgelassen.«
»Also hier warst du letzte Nacht?«
»Genau hier.«
»Ich komme mit, okay?«
Gemeinsam kletterten sie den Hügel hinunter und erreichten die Stelle, von dem aus die Rückseite des Horrorhauses einsehbar war.
»Wie konntest du nur in der Nacht hier herumstapfen«, sagte Donna. »Das ist ja schon bei helllichtem Tag ziemlich gefährlich.«
»Ich hole schnell meine Sachen.«
»Klar. Ich warte hier.«
Während sich Donna auf eine Felsbank setzte, kletterte Jud zu dem Vorsprung mit den beiden Zwergpinien hinunter. Rucksack, Gewehr und Nachtsichtgerät waren genau dort, wo er sie letzte Nacht zurückgelassen hatte. Er schulterte den Rucksack, nahm den Gewehrkoffer und ging den Hügel hinauf.
»Gehen wir wieder zur Lichtung zurück?«, fragte Donna.
»Klar.«
»Es gefällt mir nicht, dieses Haus so direkt anstarren zu müssen.«
»Aber es ist doch nur die Rückseite.«
»Egal.«
Als sie die Lichtung erreicht hatten, ließ Jud seine Ausrüstung fallen, und Donna legte ihre Hände auf seine Brust.
»Ich würde gerne mit dir reden.« »Gut.«
»Es geht ums Töten.«
»Wenn du darauf bestehst.«
»Heute ist etwas passiert…« Sie ließ den Kopf sinken. »Ich habe erfahren, dass meine … Schwester …« Sie verstummte, wandte sich um und holte tief Luft. Jud legte seine Hände auf ihre Schultern. »Meine Schwester wurde umgebracht!«, platzte sie heraus und brach in Tränen aus.
Jud drehte sie zu sich herum und nahm sie sanft in die Arme.
»Ich habe sie getötet, Jud. Ich war es. Ich bin weggelaufen. Sonst hätte er es niemals getan. Himmel! Ich wusste es nicht! Ich wusste es einfach nicht besser. Ich habe sie umgebracht. Alle beide!«
2
Nach einer Weile hatte sich Donna wieder beruhigt und weinte leise vor sich hin.
Jud half ihr, sich ins Gras zu setzen, lehnte sie gegen den Rucksack und hielt sie fest. Ihre Tränen durchnässten sein Hemd. Endlich hörte sie auf zu weinen.
»Wir sollten lieber wieder zurückgehen«, sagte sie. »Ich will Sandy nicht zu lange alleine lassen.«
»Wir gehen erst, wenn du mir erzählt hast, was hier vor sich geht. Donna, wer hat deine Schwester ermordet?«
»Roy Hayes, mein Exmann.«
»Weshalb?«
»Um herauszufinden, wo ich bin. Aber nicht nur deswegen, nehme ich an.«
»Warum will er das unbedingt wissen?«
»Er war im Gefängnis. Er … er hat Sandy vergewaltigt. Sie war erst sechs Jahre alt, und er hat sie auf eine Spritztour mit seiner Geländemaschine mitgenommen und … sie vergewaltigt. Vorher hat er auch mir schon schlimme Sachen angetan.
Ich wusste, dass sie ihn irgendwann wieder freilassen würden, also hab ich mich darauf vorbereitet, im Falle eines Falles alles liegen und stehen zu lassen und abzuhauen. Und Sonntagmorgen ist dieser Fall dann eingetreten.
Aber ich hätte niemals … es wäre mir im Traum nicht eingefallen, dass er zu Karen gehen würde. Himmel, ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Aber ich habe es einfach nicht für möglich gehalten. Mein Gott, er muss sie gefoltert haben. Und das alles nur wegen mir!
Wir hätten nicht abhauen dürfen. Wir hätten bleiben sollen. Ich hätte mir eine Waffe zulegen und auf ihn warten sollen. Aber so weit habe ich nicht gedacht. Ich habe angenommen, wir würden einfach nur die Stadt verlassen, unsere Namen ändern, und alles wäre vorbei. Aber es ist nicht vorbei. Und jetzt weiß er, wo wir sind.«
»Wo hat deine Schwester gelebt?«
»In Santa Monica.«
»Das ist etwa zehn, zwölf Stunden von hier.«
»Keine Ahnung. So etwas in der Art, ja.«
»Weißt du, wann genau deine Schwester ermordet wurde?«
»Gestern Nacht.«
»Um welche Uhrzeit?«
»Das weiß ich nicht.«
»Also könnte er jetzt schon in der Stadt sein.«
»Möglich.«
»Wie sieht er aus?«
»Er ist fünfunddreißig Jahre alt und fast 1,90 groß. Ziemlich kräftig, oder zumindest war er das, als ich ihn zum letzten Mal gesehen habe. Er muss über hundert Kilo gewogen haben.«
»Hast du ein Foto von ihm?«
Sie schüttelte den Kopf. »Die hab ich alle
Weitere Kostenlose Bücher