Der Keller
gerade zu einer Kommode hinüberging. Er hängte das Nachthemd wieder zurück.
»Oh Himmel«, flüsterte Larry.
Jud eilte zu ihm hinüber. In der obersten Schublade der Kommode lagen vier Handschellen, in einer weiteren eine Stahlkette mit Vorhängeschlössern, in einer dritten eine Sammlung von BHs, Höschen, Hüfthaltern und Nylonstrumpfhosen. Zwei der Schubfächer enthielten nur Lederklamotten: Hosen, Jacken, ein knapper Bikini, Westen und Handschuhe. Neben der Kommode hing eine Reitgerte an einem Nagel in der Wand.
Sie schlossen alle Schubläden und verließen den Raum.
Im Badezimmer roch es nach Desinfektionsmittel. Sie fanden nichts Ungewöhnliches. Nur die Badewanne war ziemlich groß. Darüber waren mehrere Metallringe ungefähr auf Kopfhöhe an die Fliesen geschraubt.
»Was ist das denn?«, fragte Larry.
Jud zuckte mit den Achseln. »Sieht wie Haltegriffe aus.«
Am anderen Ende des Korridors befand sich ein Arbeitszimmer mit Bücherregalen, Schreibtisch und einem Sessel. Jud schaltete eine Lampe hinter dem Sessel an.
»Ah, endlich richtiges Licht«, flüsterte Larry, als weißes Licht den Raum durchflutete. Er besah sich sofort die Bücher.
Jud überprüfte unterdessen den Schreibtisch. Die oberste linke Schublade war geschlossen. Jud kniete nieder und zog aus seiner Tasche ein Ledermäppchen, dem er einen Dietrich entnahm. Das Schloss war kinderleicht zu knacken.
In der Schublade lag nur ein einziges, ledergebundenes Buch, das ebenfalls mit einem kleinen Schloss versehen war. Jud knackte auch dieses und öffnete den Band auf der Titelseite: »Mein Tagebuch -der wahrhaftige Bericht meines Lebens samt höchst privater Aufzeichnungen, Band 12. Geschrieben im Jahre des Herrn 1903.« Der Eintrag war mit Elizabeth Mason Thorn unterschrieben.
»Was ist das?«, fragte Larry.
»Lilly Thorns Tagebuch.«
»Herr im Himmel.«
Er blätterte in dem Buch, bis er nach etwa zwei Dritteln den letzten Eintrag gefunden hatte. 2. August 1903: »Letzte Nacht wartete ich, bis Ethel und die Jungen eingeschlafen waren. Mit einem Seil begab ich mich in den Keller.« Jud schloss das Buch. »Das nehmen wir mit«, flüsterte er. »Jetzt sehen wir uns noch die anderen Räume an, und dann nichts wie raus hier.«
Am gegenüberliegenden Ende des Korridors war eine weitere Tür. Jud öffnete sie vorsichtig.
Larry umklammerte seinen Arm.
Aus dem Raum drangen seltsame, pfeifende Geräusche.
Jud lauschte angespannt. Er hörte Zischen, Seufzen und ein Geräusch, das einer Windbö ähnelte, die durch einen Canyon fegt. Leise schloss er die Tür wieder.
»Das war die Bestie«, flüsterte Larry, als sie wieder im Erdgeschoss waren. »Sie schläft.«
»Ich glaube, das war nur Axel.«
»Also Axel war das bestimmt nicht!«
»Und er war nicht allein.«
»Bestimmt nicht!«
»Ich habe mindestens drei verschiedene Personen gehört. Hauen wir ab.«
»Glänzende Idee. Ich stehe zu hundert Prozent hinter Ihnen.«
Kapitel siebzehn
WILLKOMMEN IN MALCASA POINT. EINWOHNERZAHL: 400. FAHREN SIE VORSICHTIG, stand auf dem grünen Metallschild. Roy bremste den Wagen auf die vorgeschriebenen 35 Meilen pro Stunde ab.
Ein Dutzend Menschen hatten sich um eine Ticketbude vor einem alten, viktorianischen Haus versammelt. Er warf einen Blick auf das Schild, dessen Buchstaben an frisches Blut erinnern sollten: HORRORHAUS. Roy grinste und fragte sich, was zum Geier das wohl war.
Er fuhr langsamer, um die Gesichter der Wartenden zu studieren. Niemand ähnelte Donna oder Sandy, selbst wenn man die Veränderungen in Betracht zog, die sechs lange Jahre mit sich brachten.
Er hielt auf den Gehwegen nach ihnen Ausschau und suchte die Parkplätze nach ihrem Wagen ab. Ein blauer Ford Maverick, hatte Karen gesagt. Und da hatte sie mit Sicherheit die Wahrheit gesagt. Zu diesem Zeitpunkt war sie schon lange jenseits aller Lügen gewesen.
Schließlich entdeckte er einen blauen Maverick vor einer Autowerkstatt. Er konnte sein Glück kaum fassen. Karen hatte irgendetwas von einem kaputten Auto erzählt, aber so lange dauerte eine Reparatur normalerweise nicht. Er hatte damit gerechnet, dass Donna mindestens einen Tag Vorsprung hatte.
An den Tanksäulen hielt er an. Ein dürrer, höhnisch lächelnder Mann kam auf ihn zu. »Volltanken, bitte. Super«, sagte Roy und fragte sich, ob der Rolls wirklich Superbenzin brauchte. Doch wenn dem nicht so wäre, hätte ihn der Tankwart sicherlich daraufhingewiesen.
Roy stieg aus. Endlich konnte er sich ausstrecken. Seine
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