Der Keller
noch mal?«
»Es ist fünf Jahre her! Vielleicht ist er bereits verheiratet… oder weggezogen.«
»Wenn ihm sein Job so wichtig war, dass er dafür sogar auf dich verzichtet hat, wirst du ihn immer noch dort finden.«
»Das kann ich nicht, Nora.«
»Trau dich! Was hast du schon zu verlieren? Wer weiß, vielleicht …«
»Nein.« Allein bei dem Gedanken wurde ihr übel vor Angst.
»Ich kann ja mitkommen, wenn du moralische Unterstützung brauchst.«
»Aber wir müssen doch morgen zurückfahren«, wandte Tyler ein.
»Wieso denn? Wir haben noch zwei tolle Ferienwochen vor uns, ehe der graue Alltag uns wieder einholt. Weshalb hast du es denn so eilig, nach Hause zu kommen? Machst du dir Sorgen um deine Zimmerpflanzen? Gleich morgen früh fahren wir nach Marin County und machen uns auf die Suche nach deinem Dan. Und sollten wir ihn nicht finden - was haben wir schon dabei verloren? Nicht mehr als eine Stunde. Wir können abends schon wieder in L.A. sein.«
»Ich weiß nicht so recht. Lass mich drüber nachdenken.«
»Was gibt’s da groß nachzudenken? Gib dir einen Ruck.«
»Ich weiß nicht.« Tyler leerte ihren Baileys und rieb sich das Gesieht. »Ich bin … irgendwie verwirrt. Am besten, ich gehe auf mein Zimmer. Weck mich morgen ganz früh, okay?«
»Geht klar.«
Tyler betrat ihr Zimmer im sechsten Stock und ließ sich auf ihr Bett fallen. Genau wie die Bar, die sie soeben verlassen hatte, schien sich auch die Decke über ihr langsam zu drehen.
Sie hatte wohl zu viel getrunken.
Wie viel eigentlich? Sie rechnete nach. Drei Wodka-Tonic auf der Cocktailparty vor dem Bankett. Wer weiß wie viel Wein während des Essens. Drei, vier Gläser? Dann zwei Baileys mit Nora in der Bar. Kein Wunder, dass die Decke nicht stillstehen wollte.
Kein Wunder, dass sie aus dem Nähkästchen geplaudert hatte.
Wäre sie nüchtern gewesen, hätte sie diese Sache mit Dan für sich behalten. Aber nach ein paar Drinks löst sich die Zunge, und man sagt Dinge, die man hinterher bereut.
Aber vielleicht becherte Nora ja noch weiter, konnte sich morgen an nichts mehr erinnern und sie würden wie geplant nach Hause fahren.
Nein, das konnte sie vergessen.
Aber sie konnte immer noch Nein sagen. Ein Machtwort sprechen.
Ihre Beine baumelten vom Bett herunter. Mit Mühe schaffte sie es, ein Bein hochzuziehen und den Schuh vom Fuß zu streifen. Als sie den anderen Schuh auszog, wurde sie von einem leichten Schwindel erfasst.
Zum Glück war ihr nicht übel. Nur etwas schummrig.
Schummrig, schläfrig, dachte sie, ließ sich zurückfallen und legte den Kopf auf ihren Arm.
Was soll ich jetzt machen?
Raff dich auf, nimm ein paar Aspirin, trink Wasser, und morgen bist du wieder topfit.
Morgen. Himmel. Was soll ich denn morgen machen?
Nein sagen. Nein, Nora, nein. Ich will nicht.
Und weshalb nicht?
Weil sie es verdammt noch mal nicht ertragen würde, ihn wiederzusehen - sie wollte es nicht einmal versuchen. Vielleicht hatte er eine Frau. Und diese Frau hätte sie sein können. Andererseits konnte er auch allein und einsam sein. Und sie immer noch lieben.
Klar.
Wieso habe ich nur meinen Mund nicht gehalten? Weil ich zu viel getrunken habe. Und wenn ich jetzt einschlafe, werde ich es morgen bitter bereuen.
Sie rollte sich auf den Rücken und hob ihr gefüttertes Kleid hoch. Mit erhobenem Bein löste sie ihre Strumpfhalter.
Dan hatte Strumpfhosen gehasst. Also hatte sie aufgehört, die Dinger zu tragen. Bis heute.
Genau wie sie aufgehört hatte, Hasch zu rauchen.
Außerdem trug sie ihr Haar nach wie vor kurz geschnitten, genau, wie es ihm gefallen hatte. Du siehst aus wie Peter Pan, hatte er gesagt. Sie hatte ihn daran erinnert, dass Peter Pan ein Junge war und hinzugefügt, dass ihm die Frisur wohl wegen seiner latenten Homosexualität so gut gefiel. Ach ja?, hatte er gesagt. Komm her und wir werden schon sehen, ob ich eine Schwuchtel bin.
Immer der harte Macho-Cop.
Himmel, sie vermisste ihn.
Sie zog ihr Höschen aus und genoss die kühlen Laken unter ihrem Po und ihren Beinen. Wie leicht es wäre, jetzt einfach einzuschlafen. Mit einem tiefen Seufzen richtete sie sich auf, fummelte an dem Reißverschluss am Rücken ihres Kleids herum, zog es sich über den Kopf und löste den Verschluss ihres BHs. Dann stand sie auf und suchte ihre Kleidung zusammen.
Obwohl sie ihre Frisur behalten hatte, auf Strumpfhosen und Hasch verzichtete und sich generell nur wenig verändert hatte, gab es doch einen gewaltigen Unterschied. Damals
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