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Der Ketzerlehrling

Der Ketzerlehrling

Titel: Der Ketzerlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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einzige Art beigestanden, auf die ich mir deinen Beistand gewünscht hätte.«
    Ihm war nicht einmal bewußt, daß er ihre beiden Hände ergriffen hatte und sie an seine Brust drückte, so daß sie Herz an Herz dastanden und der Rhythmus ihres Herzschlags und ihres Atmens sie beide erbeben ließ. Ihr zu ihm emporgewandtes Gesicht war aufmerksam und angespannt, ihre funkelnden braunen Augen weit aufgerissen.
    »Wenn sie dich nicht freigelassen haben – wieso bist du dann hier? Wissen sie überhaupt, daß du fort bist? Werden sie nicht Jagd auf dich machen, sobald du vermißt wirst?«
    »Weshalb sollten sie? Ich kann kommen und gehen, solange ich als Gast in der Abtei bleibe, bis das Urteil gesprochen ist.
    Der Abt hat mein Ehrenwort, daß ich nicht davonlaufe.«
    »Aber das mußt du tun«, sagte sie eindringlich. »Ich danke Gott dafür, daß du hinter mir hergerannt bist, solange noch Zeit dazu ist. Du mußt auf der Stelle so weit fort von hier wie nur möglich. Am besten nach Wales. Und jetzt komm mit, schnell, ich bringe dich zu Jevans Schuppen hinter Frankwell und verstecke dich dort, bis ich dir ein Pferd besorgt habe.«
    Elave schüttelte schon heftig den Kopf, bevor sie ausgesprochen hatte. »Nein, ich laufe nicht fort. Ich habe dem Abt mein Wort gegeben, aber selbst wenn er es nicht verlangt oder ich es nicht gegeben hätte, würde ich nicht davonlaufen.
    Ich denke nicht daran, mich einer so abergläubischen Torheit zu beugen. Damit würden nur die Verrückten ermutigt und andere Seelen in noch größere Gefahr gebracht als die meine.
    Ich glaube nicht, daß es irgendwelche schwerwiegenden Folgen haben wird, wenn ich auf meinen Ansichten beharre. So wahnsinnig sind wir noch nicht, daß ein Mann verfolgt werden kann, nur weil er über heilige Dinge nachdenkt. Du wirst sehen, der ganze Aufruhr wird sich wieder legen.«
    »Nein«, beharrte sie, »nicht so ohne weiteres. Die Dinge ändern sich. Hast du den Rauch nicht sogar im Kapitelsaal gerochen? Ich sehe es kommen, auch wenn du es nicht tust.
    Ich wollte gerade so schnell wie möglich nach Hause, um mit Jevan über das zu sprechen, was noch vorgebracht werden könnte, um dich von dieser Gefahr zu befreien. Du hast etwas für mich mitgebracht, es muß wertvoll sein. Ich möchte es dazu verwenden, dich in Sicherheit zu bringen. Welchen besseren Gebrauch könnte ich davon machen?«
    »Nein!« sagte er heftig protestierend. »Ich will es nicht haben! Ich werde nicht davonlaufen! Ich weigere mich, das zu tun. Und was ich mitgebracht habe, was immer es sein möge, ist für deine Ehe!«
    »Meine Ehe!« sagte sie verwundert, sehr leise und richtete das grünliche Feuer ihrer Augen auf ihn, als wäre ihr der Gedanke völlig neu und sehr fremd.
    »Mach dir um mich keine Sorgen, es wird alles gut ausgehen.
    Und jetzt gehe ich zurück«, sagte Elave entschlossen, zu erregt, um ein genauer Beobachter zu sein. »Keine Angst, ich werde genau aufpassen, was ich sage und wie ich mich verhalte, aber ich werde nicht leugnen, was ich glaube, oder etwas sagen, woran ich nicht glaube. Und ich werde nicht davonlaufen. Wovor denn auch? Ich habe keine Schuld auf mich geladen, um derentwillen ich flüchten müßte.«
    Er gab ihre Hände mit einer fast groben Geste frei und machte sich auf den Rückweg zwischen den Bäumen hindurch.
    Doch dann schaute er noch einmal zurück. Sie hatte sich nicht von der Stelle gerührt, ihr Blick ruhte auf ihm, nachdenklich, fast streng, und sie hatte die Unterlippe zwischen die Zähne geschoben.
    »Es gibt noch einen weiteren Grund dafür, daß ich nicht davonlaufe. Er allein würde schon genügen, um mich zu halten.
    Wenn ich jetzt davonliefe, würde ich dich verlassen müssen.«
    »Glaubst du etwa«, sagte Fortunata, »ich würde dir nicht folgen und dich finden?«
    Sie hörte die Stimmen bereits, bevor sie die Diele betrat, Stimmen, an denen sich nicht so sehr Zorn oder Streit erkennen ließ, als vielmehr Bestürzung und Verblüffung.
    Entweder Conan oder Aldwin hatte es für klug gehalten, gleich bei ihrem Eintreffen den Haushalt über die sensationelle Wendung der Ereignisse an diesem Morgen zu unterrichten, zweifellos um das, was sie getan hatten, im bestmöglichen Lichte erscheinen zu lassen. Sie zweifelte nicht daran, daß sie im Einverständnis miteinander gehandelt hatten, doch welche Motive sie auch gehabt haben mochten, sie wollten nicht einfach als schäbige Denunzianten dastehen. Ein Anstrich ehrlichen religiösen Abscheus und

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