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Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)

Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)

Titel: Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz von Lech
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zu berechnen, wie viel Zeit seit jener Nacht verstrichen war und stellte entsetzt er fest, dass er fast zwei Jahre in der Fi n s ternis seiner Ve r zweiflung gelebt hatte. Doch auch wenn er sich hatte b e freien können, die Gefahr war noch nicht g e bannt. Es überlief ihn kalt. Die Fäulnis, die durch Wids Tat in jener Nacht ihren Anfang genommen hatte, hatte sich ausgedehnt und bedrohte das Heil der königlichen F a milie. Er selbst, Agnar, der Sohn des Königs und nu n mehr oberster Priester, war ein Geschändeter. Wid, der Bruder seines Vaters, war ehrlos gesto r ben, und sein Mörder war wiederum er selbst, Agnar, Blutsverwan d ter des Getöteten. Niemals durfte irgen d jemand von diesen Vorgängen erfa h ren. Bojords Herrschaft war in Gefahr, das Wohl des ganzen Stammes war in Gefahr. Agnar beschloss, alles Geschehene in seinem Inneren zu ve r schließen und den Kampf gegen die schleiche n de Ve r giftung aufzunehmen. Er wusste, dass er so schnell wie möglich zu seinen Fähigkeiten zurüc k finden mus s te, damit er dem Unheil entg e gentreten konnte. Es würden noch einige Wochen vergehen, bevor sie zum Haup t zug stießen, und er nahm sich vor, die Zeit zu nutzen.
    Noch mehr als sonst hielt er sich von den anderen fern und ging allen Gesprächen aus dem Weg. Der einzige Kontakt zu seinen Leuten bestand darin, mit den be s ten und erfahrendesten Kriegern bis zur Erschöpfung Übungskämpfe abzuhalten. Er fastete tagelang und verkürzte seine Nachtruhe auf wenige Stunden, in d e nen er dann allerdings auch wie ein Toter schlief. Den Rest der Nacht brachte er si t zend an einem See oder auf einem Hügel zu. W o chenlang war sein Geist vor Erschöpfung wie au s geleert, alles Wünschen und Ho f fen hatte ihn ve r la s sen.
    Eines Nachts saß er am Ufer eines Flusses, als sein Bewusstsein sich in rasender Geschwindigkeit au s deh n te und sein Geist in das entstandene Nichts stürzte. Ohne Wertung, ohne Erinnerung an Ve r gangenes br a chen Geräusche und Eindrücke auf ihn herein und formten das Bild des Universums. Agnars Brust weitete sich, und er meinte der Ewi g keit entgegenfliegen zu können. Mehrere Stunden war er ausgelöscht. Es war, als hätte die Natur ni e mals ein Wesen namens Agnar hervorgebracht, sondern als wäre sein Bewusstsein schon immer in allen Erscheinungen der Natur entha l ten gewesen. Nach und nach und nur widerwillig fügte es sich wieder zu der Existenz zusammen, als die es auf diese Welt gekommen war. Er empfand die Hei m kehr in seinen Körper wie einen Verlust. In dieser Nacht saß er noch lange Stunden u n beweglich und genoss das Gefühl der absoluten Freiheit.
     
    Einige Wochen später erreichten sie den Haup t treck. Die Wagen waren hoch mit dem erbeuteten Korn bel a den und trösteten die Menschen über den Verlust der Krieger hinweg. In einer Versammlung der Fürsten wurden die Vorfälle beim letzten Z u sammenstoß mit den Römern besprochen. Wids Schicksal wurde nur in einem Halbsatz erwähnt, aber  alle wussten B e scheid. Sein Name wurde nie mehr ausgesprochen. Man b e gegnete Agnar mit neuem R e spekt, denn nicht nur war er nun der oberste Druide, seine distanzierte Art und die S i cherheit seiner Vorhersagen machten ihn bald zu einem geachteten Mitglied der Versammlungen. Ihm selbst erschien es, als hätte das Gift Wids seine Wi r kung verloren. Jeden Tag beim Erwachen fiel es wie eine Last von seiner Seele, wenn ihm b e wusst wurde, dass sein Peiniger tot war. Schwer wie ein Felsbrocken hatte der Hass seines Onkels jahrelang auf ihm gelegen und sein Leben übe r schattet. Jetzt erfand Agnar Arg u mente, die den Mord an Wid rechtfertigten, ja s o gar als Notwe n digkeit erscheinen ließen. Er machte sich selbst weis, dass durch seine Rache der Fluch zerstört worden war, woran er mit aller Macht glauben wollte, fast gla u ben musste.
    Unterdessen war der Treck langsam nach Süden gez o gen und plünderte nun in Gebieten, die von Rom ko n trolliert wurden. Die Tatsache, dass die Barbaren sich in südlicher Richtung bewegten, schreckte Rom heft i ger auf als die Klagen der Ve r bündeten. So überzeugt war man von der Einziga r tigkeit Roms, dass man sich kein anderes Ziel, kein anderes Sehnen der Wi l den denken konnte als den Marsch auf die Hauptstadt. P a nik brach aus. In den Ländern um Rom wurden Sch a ren von Bauernsö h nen zum Kriegsdienst gepresst. Tausende von Skl a ven vervollständigten die Man n schaften, man kon n te von ihnen mangels Motivation zwar

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