Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
am anderen Tag zögerten sie nicht, die größten Peinlichkeiten in ganz Rom herumz u posaunen.
Lucius ahnte nichts Gutes, als seine Stiefmutter Livia ihn eines Mittags nach seinem Unterricht zu sich rufen ließ. Er hatte ihre Räume bisher nur se l ten betreten, teils weil es sich nicht schickte, teils weil ihn die A n sammlung an Ziergegenständen ne r vös machte, die hier jeden geraden Weg verstellten. In der Mitte des Raumes erhob sich eine imposante Bettstatt mit Füßen wie L ö wenpranken und Pf o sten, die mit den vergoldeten Häuptern von Sphi n xen geziert waren. Auf diesem Möbel ruhte seine Stiefmutter, den Rücken von mehr e ren gestickten Kissen gestützt. Eine Sklavin, die ihr gerade die Füße mit verschiedenen Essenzen massiert hatte, wurde bei seinem Eintreten fortgeschickt. Livia deutete auf das Fußende des Bettes und bat ihn Platz zu nehmen. Ein wenig verlegen kam er der Aufford e rung nach und lehnte sich gegen eine Sphinx.
„Mein lieber Stiefsohn! Vor einigen Tagen habe ich deinen Namen in Zusammenhang mit wenig rüh m l i chen Vorfällen gehört,“ begann sie das Gespräch. L u cius war auf der Hut, er wollte erst einmal h e rauszub e kommen, auf was sie anspielte. „Verehrte Mutter, ich weiß nicht, von welchen Vorkommni s sen du sprichst.“
Das war die falsche Taktik, Livia richtete sich s o fort auf und erhob die Stimme.
„Spiel mir bitte nicht den Ahnungslosen, sonst sehe ich mich gezwungen deinen Vater hinz u zuziehen. Du weißt genau, dass du mit deinem Betragen bei der Ei n ladung des Nasidien für einigen Klatsch gesorgt hast. Von anderen Gerüchten, die über dich und deine Freunde im Umlauf sind, will ich heute gar nicht reden. Um mir ein Bild machen zu kö n nen, muss ich die ga n ze Geschichte von dir selbst hören.“
Lucius lenkte ein, besonders, da das Ganze ohnehin recht harmlos war und er froh sein mus s te, dass sie sich keinen anderen Anlass für ihre mütterliche Besorgnis ausgesucht hatte.
„Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, was man dir hier hinterbracht hat, denn in Wirklichkeit konnten wir überhaupt nichts dafür, dass dieser aufdringliche Nas i dien sich so blamiert hat. Zu B e ginn des Abends ve r suchte er uns mit den ausgefa l lensten Sachen zu beei n drucken. Du kennst ja V a ters Besessenheit für Kulin a risches, aber Seegu r keninnereien und Quallen auf g e röstetem Brot habe ich auch bei ihm noch nie gesehen. Die ganze Zeit wuselte eine Schar von Sklaven um uns herum, die den Boden kehrten, Speisen umhertrugen und Li e der sangen. Er muss seinen ganzen Hausstand he r beizitiert haben, nach dem Geruch einiger zu urte i len, sogar die Pferdeknechte. Im Gegenzug alle r dings versuchte er mit den Weinen zu knausern. Da mussten wir natürlich nachsetzen und haben erst einmal größere Becher bestellt und g e trunken, als hätten wir drei Tagen Durst gelitten.“
Livia unterbrach ihn. „Wie konntet ihr nur so ga r stig sein. Das ist wirklich kein Verhalten, das sich eines Aristokraten geziemt!“
Lucius aber musste in Erinnerung an den weiteren Ve r lauf nur lachen und fuhr unbeirrt fort: „Wir waren schon ziemlich benebelt, als ein riesiger Steinbutt, das Prunkstück der Schlemm e rei, von zwei Sklaven in einer goldenen Schüssel herein g e tragen wurde. Die Soße schwappte über den Rand und der Fisch hing an beiden Seiten aus der Schü s sel. Zwei Sklaven setzen den Butt ehrfurchtsvoll auf den Tisch und entfernten sich rüc k wärts. Der eine der beiden stieß dabei gegen die Stütze, die den Baldachin über dem Speiseplatz aufspannte, und die ganze Konstruktion brach in einer Wolke schwarzen Staubes über der Schüssel und uns G ä sten zusammen. Der Gastgeber war wie vom Do n ner g e rührt und wir mussten uns die Servietten in den Mund stopfen, um mit dem Lachen aufhören zu können.“
Jetzt konnte auch Livia nicht mehr die strenge Mutter spielen und ließ ein mädchenhaftes Kichern verne h men.
„Als die ganze Sauerei endlich aufgeräumt war, ve r suchte Nasidien die Situation zu retten, i n dem er noch mehr Leckerein auffahren ließ, es gab gegrillte Amseln, Spanferkelzungen und Wachteln, doch wir waren une r bittlich. Niemand rührte mehr etwas an, so als ob die Pestgöttin ihren Schlangenatem da r über ausgehaucht hätte.“
Als Lucius geendet hatte und die beiden wieder zu A tem gekommen waren, versuchte sich Livia wi e der Ha l tung zu geben und lobte ihren Stiefsohn für seine Au f richtigkeit.
„Ab sofort möchte ich,
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