Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
er, sich in Lucius einzudenken, denn die Verbi n dung war schwach und zerstob bei der leisesten Störung. Manchmal, wenn er tief in der Nacht wach lag, glaubte er zu spüren, wie Lucius seinerseits nach ihm suchte, was er lächelnd zur Kenntnis nahm.
An diesem Abend würde er also nach Langem ei n mal wieder das Haus verlassen müssen, um im Theater das Stück seines Freundes anzusehen. Er hatte allerdings nicht vor, sich so pünktlich ei n zufinden, wie Timaios es von ihm erwartete, um sich durch die Massen des drä n gelnden Mobs schieben zu lassen. Er würde erst ganz kurz vor B e ginn durch den Bühneneingang ins Theater gelangen und sich in eine Nische an der Seite zurückzi e hen. Den zuständigen Türsteher hatte er bereits vor ein i gen Tagen mit e t was Kleingeld für seinen Plan gewinnen können. Tatsächlich kam A g nar schließlich so knapp zur Vorstellung, dass Timaios schon mit seiner Begrüßung s ansprache an das Publikum begonnen hatte. Nachdem Agnar leise auf seinen Platz geglitten war, beobachtete er gerührt, wie sein Freund vor Stolz und Aufregung för m lich glühte, als er sich bei den beiden Ädilen für ihre großzügige finanzielle Unterstützung b e dankte.
Timaios verneigte sich und als aufsah, entdeckte er en d lich Agnar, der ihm eine aufmunternde Gr i masse schnitt und die ge k reuzten Finger aufhob.
Das Spiel begann. Timaios hatte sich Zeit gelassen, um seine Figuren einzuführen und eine Basis für die folge n den Verwicklungen auszubauen. Das Publ i kum folgte mit nur höflicher Aufmerksamkeit, doch bald nahm die Handlung sie alle in ungläubigem Staunen gefangen. Die Figuren verhedderten sich zwischen Anspruch und Wir k lichkeit und erste Lacher erklangen im Publikum. Immer deutlicher waren Personen des öffentlichen Lebens e r kennbar, wurden mit ihren Schwächen und Fehlern Teil der erfundenen Handlung, die jedoch nur eine nebe n sächl i che Folie abgab. Doch Timaios war nie plump: bevor jemand sich allzu eindeutig erkennen konnte, machte die Handlung einen Schwenk und entzog die Person der genauen Deutung. Das Lachen wurde bereits lauter, denn im Grunde ließ sich niemand täuschen. Die Zuschauer waren zunächst fassungslos, mit welcher Re s pektlosigkeit und gewitzten Frechheit hier Respektspe r sonen und Repräsentanten der staatlichen Ordnung aufs Korn genommen wurden. Doch je mehr die Geschichte sich verwickelte, umso dankbarer nahmen alle die Gel e genheit wahr, endlich lachen zu können. Die Menschen im Theater lachten nur noch zum Teil über die Späße der Schauspieler und die Winkelzüge der Handlung. Sie lac h ten vielmehr über das Grauen der vergangenen Monate, über die Angst und ihre eigene Machtlosigkeit. Sie lac h ten über die Despoten und über die ve r wesenden Köpfe auf dem Forum, und das Lachen wollte kein Ende ne h men. Die Schauspieler mussten bald Pausen einlegen, um das Abflauen der Heiterkeitsstürme nach einer besonders gelungenen Parodie abz u warten. Danach konnten sie oft nur mit wen i gen Sätzen im Dialog fortfahren, weil neue Lachsalven sie wieder zum Innehalten zwa n gen.
Bestürzt beobachtete Agnar aus seinem Winkel die fast hysterischen Ausbrüche des Publikums, den Menschen liefen vor Lachen die Tränen aus den Augen. Auch wenn die Handlung gerade keinen Anlass für weitere Heiterkeit bot, kicherten viele leise vor sich hin, in Erinnerung an den letzten gnade n losen Witz. Agnar konnte dem Stück bald nicht mehr folgen, denn die aufgewühlte Menge im Zuschauerraum beängstigte ihn. In der überdrehten He i terkeit fühlte er eine Bedrohung aufflackern. Seine B e fürchtungen erhielten neue Nahrung, als er beobachtete, als einziger, wie ihm vorkam, dass gegen Ende des zwe i ten Aktes die Ädilen mit ihren Anhängern die Ehrenplä t ze verließen. Niemand sonst wandte seine Aufmerksa m keit von der Bühne, wo die Schauspieler gerade wieder eine neue Parodie auf Roms Magi s trat produzierten und so den schon erschöpften Zuschauern weitere Lachsa l ven besche r ten.
Der ganze Abend war ein grandioser Erfolg. Agnar traf seinen Freund, der vor Aufregung schweißg e badet war, nach der Vorstellung hinter der Bühne, um ihn zu b e glückwü n schen. Sie feierten noch eine Weile mit den übrigen Mitgliedern des Ensembles und machten sich dann spät auf den Heimweg. Als Timaios in seiner B e geisterung etwas abkühlte, konnte sich Agnar nicht z u rückhalten und sprach ihn auf das an, was er während der Vorstellung b e merkt hatte. Doch Timaios
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