Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
nur zu deutlich den i n neren Widerstand seines Gegenübers gespürt. Den richtigen Namen seines ehemaligen Schülers dagegen fand er u n aussprechlich, geradezu wie ein Reimwort auf „Barbar“, und deshalb verzichtete er darauf, Agnar überhaupt a n zureden. Timaios empfand die Situation als außerorden t lich belastend, eine Missstimmung hing in der Luft wie ein übler Dunst, der nicht weichen wollte. Als nach ein i gen Wochen wieder ei n mal ein ungeduldiges Schreiben von Tr e batius eintraf, hatte Timaios keine Kraft mehr, neue Ausreden zu erfinden. Er wusste nur zu gut, dass er sich früher oder später seinem Herrn stellen musste. Be s ser gleich zu fahren, als sich noch länger in der Einsa m keit der Villa auf die Nerven zu gehen. Timaios packte seine Bücher und das Manuskript des Dramas, Agnar nahm seinen einz i gen Besitz mit sich, die blaue Toga, und bald darauf waren sie in Begleitung ein i ger Sklaven, die ebenfalls wieder in den städtischen Haushalt zurückk e hren sollten, auf der Landstraße, auf dem Weg zurück in die Hauptstadt.
„Was hast du aus meinem Barbaren g e macht? Kann man dir wirklich nichts anve r trauen, ohne dass es schief geht? Was hast du dir dabei gedacht? Er sieht aus, als wolle er auf dem Forum plädieren! Wo ist sein Haar? Er ist nur noch die Hälfte des Mannes, den ich eingestellt habe. Mit solch einem Lei b wächter mache ich mich zum Gespött!“
Trebatius musste innehalten, um Luft zu schöpfen. Im Atrium seiner Villa stand vor ihm Agnar mit distanzie r tem Gesichtsau s druck und neben ihm kniete Timaios, der wieder einmal den Zorn seines Herrn auf sich gez o gen hatte.
„Du gabst mir die Anweisung, den Mann zu zivili s ieren, das habe ich nach besten Kräften getan. Die Götter wi s sen, dass das kein leichtes Stück Arbeit war.“
„Ein wenig kultivieren, aber nicht zu einem Römer m a chen. Der ganze exotische Chic ist dahin.“
Aus dem Inneren des Hauses näherte sich das Geräusch rascher Schritte. An dem harten Aufschlagen der Sand a len konnte man erahnen, dass die Person in Kampfsti m mung war, die hier näher kam. Drusilla Trebatia trat in das Atrium, schlank, schon etwas älter, aber äußerst ku l tiviert, eine Dame ersten Ranges. Als sie die Gruppe e r reicht hatte, nahm sie den gerei z ten Ausdruck zurück, der ihr Gesicht b e herrscht hatte, und kräuselte den Mund zu einem feinen Lächeln. „Trebatius, mein G e mahl, was soll dieses Geschrei mit einem Dienstboten, noch dazu mit diesem unsägl i chen Griechen?“
„Drusilla, mein Schatz, ich musste einfach meinen Ärger loswerden. Du erinnerst dich doch, dass ich Timaios vor mehreren Monaten den Barbaren anvertraut hatte, damit er ihm etwas Manieren be i bringen sollte. Und jetzt sieh ihn dir an, total ve r dorben hat er ihn mir!“
Trebatius unterstrich seine Rede mit einer ausholenden Geste seines Armes, gleichsam als Ei n ladung an seine Frau, sich den verdorbenen Barbaren recht genau anz u sehen. Drusilla erinnerte sich natürlich noch an den Vo r fall, und da sie weder den Barbaren, noch den Hauslehrer unter ihrem Dach behalten wollte, folgte sie der Einl a dung in der Hoffnung, irgendetwas zu en t decken, womit sie den Zorn ihres Mannes noch schüren konnte.
Sie musterte den Barbaren mit angewidertem Inte r esse. Dieser hatte als Hausangestellter noch wenig Erfahrung. Er erwiderte ihren Blick mit der gleichen kühlen Ne u gierde, die auch ihre Miene verriet. Die vier Me n schen verharrten einen Moment in Schweigen, und wie bei ihrer ersten Begegnung setzte sich auch diesmal die starke Persönlichkeit der Drusilla durch. So, als hätte sich die Beleuchtung gewandelt, nahmen alle schließlich den Ba r baren wie mit den Augen der Hausherrin war. Gemei n sam stellten sie verblüfft fest, dass der Barbar vollko m men schön war. Sein langgliedriger Körper machte es dem Faun hinter ihm schwer, seine dominierende Posit i on zu behaupten. Das schmale Gesicht wäre als Ahne n büste abgeformt in den vornehmsten Patrizie r familien willkommen und seine helle Haut ließ ihn wie ein ma r mornes Kunstwerk erscheinen. Die Krönung des Ga n zen war in römischen Augen jedoch das Blond seines Haars, ein lichtes Blond, das hier im Süden einziga r tig war. Drusilla schwieg. Der Barbar löste den Blick mit einer angedeuteten Drehung seines Kopfes zur Seite, ein arrogantes Zucken spielte um seinen Mundwinkel. Dr u silla Trebatia war zum ersten Male in ihrem Leben sprachlos. Sie machte eine abw e hrende
Weitere Kostenlose Bücher