Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
träumerisches Schweigen. Agnar aber war erst jetzt richtig aufgewacht.
„Von Sulla persönlich etabliert?“
„Du lebst aber völlig hinter dem Mond!“, meldete sich ein untersetzter Leibwächter geradezu empört zu Wort.
„Vor drei Jahren wurde Cynara von Sulla entdeckt und war mehrere Monate bis zu seiner Abreise nach Kilikien seine bevorzugte Geliebte. Als er dann Rom verließ, hat er sie freigekauft. Seither reißen sich die römischen Ari s tokraten geradezu darum, seine Nac h folge antreten zu dürfen. Sie ist die erste Kurtisane der Hauptstadt. Ange b lich hat ihr Sulla für seine Großzügigkeit lediglich das Versprechen abgenommen, dass sie bei seiner Rückkehr wieder für ihn da sein solle.“
Agnar wurde nun so richtig wach. Das war mögliche r weise die durchlässige Stelle, nach der er g e sucht hatte, das Tor zur Welt seiner Verbündeten. Verbündete, die noch nichts von der Ehre ahnten, die Verbündteten eines Freigelassenen zu sein, zugegeben. Aber er spürte es g e radezu körperlich, dass hier sein nächster Schritt folgen musste. Er lächelte mit interessiertem Gesichtsausdruck, aber den Rest des Abends war er geistig nicht mehr a n wesend.
In den nächsten Stunden kamen immer wieder Bedien s tete herein, um die anderen mit den neuesten Nachric h ten vom Fest zu versorgen. Im Grunde hatten sie immer wieder das Gleiche zu berichten, denn die Feier schien für die Teilnehmer wesentlich amüsanter als für die hei m lichen Beobachter. Es wurde rezitiert, gesungen und musikalischen Vo r trägen gelauscht. Einige der Herren hatten sich als Dichter versucht, man beklatschte die zweifelhaften Ergebnisse so enthusiastisch, als wären es literarische Perlen. Nach einigen Stunden kam ein Di e ner und befahl den Agnar und dem Nubier, sich im Atrium bereitzuhalten.
Die beiden mussten noch eine geraume Weile im Atrium auf ihren Dienstherrn warten, bevor Tr e batius endlich auf eine Frau gestützt den Innenhof betrat. Er machte nicht den Eindruck, dieser Stütze wirklich zu bedü r fen. Seine Angetrunkenheit war eher lässig angedeutet und verschaffte ihm den Vorwand, seinen Arm auf die Schu l ter der wirklich ungewöhnlich schönen Frau an seiner Seite zu legen. Sie war etwas kleiner als mittelgroß, aber langbeinig und schma l hüftig. Ihre Büste zeichnete sich zart unter dem transparenten Gewand ab. Ihre Haut, die der feine Stoff umspielte, schimmerte in einem hellen Goldton. Das bräunlich goldene Haar hatte sich aus dem lockeren Knoten in ihrem Nacken gelöst und fiel in la n gen Locken auf ihre Schulter. Sie und Trebatius schienen irgendein Geheimnis zu teilen, denn sie tuschelten hal b laut und lachten gemeinsam. Agnar war wie vom Do n ner gerührt, so hatte er seinen Brotgeber noch nie wahrg e nommen. Für ihn war er immer ein etwas hölzerner, u m ständlicher alter Mann gewesen, der unter dem Pa n toffel seiner Gattin stand. Die Eleganz, mit der der alte Arist o krat sich in dieser U m gebung und in Gesellschaft dieser Frau bewegte, flößte Agnar mit einem Schlag mehr Neid ein als dessen gesamte Reichtümer. Trebatius’ Ung e zwungenheit und die Selbstverständlichkeit, mit der er den Blütenkranz des Banketts auf seinem gel i chteten Haupthaar trug, empfand Agnar wie einen Schlag ins Gesicht. Er fühlte sich hölzern und ungeschliffen, seine Stimmung sank. Er starrte vor sich auf den Boden, als er plötzlich einen Blick auf sich ruhen fühlte. Er machte sich für eine kriegerische E r widerung bereit und sah auf. Doch die Augen, die ihn hier so unverfroren interessiert musterten, leuchteten sogar in dem schw a chen Licht der Fackeln in strahlendem, sma r gdenem Grün. Schnell nahm er sich zusammen, und anstatt giftig zurückz u schießen, erwiderte er den Blick der Cynara mit ruh i gem Selbstbewusstsein. Nach einem kurzen Kontakt löste er den Blick mit einer leichten Drehung des Kopfes. Um seine Mundwinkel spielte ein leises, arrogantes Lächeln.
17. Kapitel:
Die grünen Augen
Einmal noch wollte sie sich in den Laken umdr e hen, um noch ein wenig auszuschlafen. Einmal noch die Decke über den Kopf ziehen und vergessen, was ihr jeden Mo r gen das Aufstehen verleidete. Nur vergessen, dass sie es nicht geschafft hatte, sich wirklich aus dem Stand zu befreien, dem sie immer noch verhaftete war. Sie wusste, dass sie bewu n dert und beneidet wurde, doch die Realität sah anders aus als das, was sich Hunderte, nein, Tause n de ihrer Kolleginnen in ihre Person hineinträu m ten. Denn
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