Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
welche kleine Straßenhure träumte nicht d a von, von einem prominenten Gönner entdeckt zu we r den. Welche Nutte in einem billigen Bordell würde es nicht für die Wendung in ihrem Schicksal halten, wenn ein Sulla auf sie aufmerksam würde.
Genauso war es auch ihr vorgekommen, doch als ihr Roman nach knapp einem ha l ben Jahr zu ende gegangen war, hatte sie einsehen müssen, dass die Unterschiede nur graduell waren. Gut, sie musste zugeben, dass ihre jetzigen Verehrer die feinsten Aristokraten der Haup t stadt waren, aber diese ha t ten die gleichen Bedürfnisse wie ein einfacher Las t träger. Der Genuss der exquisiten Gastmähler war nur für sie ausgerichtet. Vor ihr erwart e te man, dass sie das Vergnügen noch erhöhte, das heißt, sie hatte zu lachen, wo sonst keiner lachen konnte. Sie hatte zu bewundern, wo alle sich gähnend abwan d ten. Sie hatte zu schmeicheln, wo andere sich ekelten. Die Beza h lung war fürstlich, und irgendwann wäre sie unabhängig und frei. Doch bis zu diesem Tag war es noch lange hin, denn ein Großteil ihrer Einkü n fte musste erst wieder einmal ins Geschäft investiert werden. Gewänder, Pa r füm, Schmuck, alles das wurde von ihr erwartet und war nötig, um ihren hohen Standard zu halten. Als Beso n derheit hatte sie sich einfallen lassen, ihre eigene Mus i kante n truppe mitzubringen. Nach und nach hatte sie ein Ensemble aus Flötenspielerinnen, La u tisten, Trommlern und Zimbelspielern zusammengestellt. Sie wu s ste, dass es ihrem Auftritt die Eleganz einer Königin verlieh, wenn sie mit wehenden Gewändern unter den Klängen ihrer eigenen Truppe eine Villa betrat. Die Musiker folgten ihr wie ein Hofstaat und waren d a rauf getrimmt, noch der allerlangweiligsten Vera n staltung Würze und Schwung zu verleihen. Einige ihre Rivalinnen hatten versucht, die Idee zu kopieren, doch es gelang ihnen nicht, eine äh n lich qualitätvolle Truppe zusa m menzustellen, um ihren Vorsprung aufzuholen. Trotzdem waren die Anscha f fungskosten der M u siker noch nicht wieder eingespielt, und Cynara musste auch heute noch um ihren Ruf als erste Kurtisane kämpfen.
Im Moment liefen die Geschäfte allerdings sehr zufri e denstellend, so dass sie schon froh sein durfte, wenn sie wie heute in ihrem eigenen Bett und ohne G e sellschaft aufwachen konnte. Wenn die Abende erst einmal bego n nen hatten, fand sie ihren Beruf eige n tlich nicht mehr allzu anstrengend. Einem Mann das Gefühl zugeben, dass er ihr die höchsten Wonnen bereitete, hatte sie b e reits als junges Mädchen gelernt. Als echte Zum u tung empfand sie es allerdings, wenn einer der verliebten Esel darauf bestand, die Nacht bei ihr zu ve r bringen. Das bedeutet für sie, dass sie sich von einer D i enerin noch im Morgengrauen wecken lassen musste, um sich frisieren , parfümieren und in ein frisches Gewand hüllen zu lassen. Danach legte sie sich zurück ins Bett und wartete, bis ihr Verehrer endlich seinen Rausch ausgeschl a fen hatte. Damit begannen ihre Bemühungen erneut, und nicht selten war ihr Gast gerade in den frühen Morgenstunden besonders a k tiv. Sie war jedes Mal zutiefst erleichtert, wenn sich die Tür hinter dem Besucher schloss und sie sich endlich Ruhe gönnen konnte. Von diesen Str a pazen ahnten die kleinen Kneipenhuren, die ihre Kunden nach längstens fünf Minuten wieder los waren natürlich nichts. Wenn sie nur ein wenig länger Zeit gehabt hätte. Sie war sich sicher, dass sie es geschafft hätte, Sulla völlig um den Finger zu wickeln und sich als seine Mätresse zu etabli e ren. Sie hatte keine A h nung, wo Kilikien lag, aber sie hasste es aus tiefster Seele. Als vor fast zwei Jahren die Schauspie l ertruppe in das Bordell gekommen war, hatte kein i n neres Stimmchen zu ihr gesprochen. Nichts hatte angekündigt, dass die Wende in ihrem Leben bevorstand. Sie lebte seit ihrem siebzehnten Lebensjahr in dem Fre u denhaus, nachdem sie aus der Erbmasse ihrer alten He r rin verkauft worden war. Beim Verkauf war zwar zur Bedingung gemacht worden, dass sie gerade nicht in e i nem Bordell oder in einer Gastwirtschaft arbeiten du r fte, doch der erste Käufer war nur ein Zwischenhändler g e wesen, und eine Woche später war sie dann doch in e i nem Puff gelandet. Ihre widerstandsfähige Natur hatte verhindert, dass man ihr das Leben ansah, das sie zu fü h ren gezwungen war. Außerdem war sie mit ihren zwanzig Jahren immer noch unverbraucht genug, die jugendliche Naive abzugeben. Als einer der Schauspieler, ein
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