Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
um. „Siehst du denn nicht, dass es hier nicht weiter geht.“ Giftete sie den Mann hinter sich an. Doch noch bevor der ebenso giftig antworten konnte schob sich jemand zwischen sie. Es war der Leibwächter des Trabatius. Cynara war nicht wirklich glücklich über dessen Hilfe. Es war ihr unang e nehm, diesen fremdatigen Menschen so dicht bei sich zu spüren. Doch i m merhin gelang es ihm, den Strom der Nac h drängenden zurückzuhalten und ihr ein wenig Raum zu verschaffen. Durch seine Größe und sein en t schiedenes Auftreten gelang es ihm, sie von den schlimmsten Dränglern zu befreien und relativ schnell durch den Ei n gang in eine der vorderen Sitzreihen zu lotsen. Mit noch leicht zitternden Fi n gern strich sie ihre Robe glatt. „Sei bedankt. Ich glaubte schon, man würde mich zerdrücken.“ Sie schob eine Strähne in ihrem N a cken zurecht. „Bist du mit Trebatius hier?“ Er an t wortete nicht, fing nur kurz ihren Blick mit den seltsam zweifa r bigen Augen auf und verschwand dann zu den hinteren Sitzreihen.
Cynara sah ihm verdutzt nach. Kaum hatte sie sich g e setzt , tauchte vor ihr einer ihrer Verehrer auf. Ein junger Geck, den sie bisher noch immer zu vermeiden gewusst hatte. Doch diesmal gab es kein Entkommen. Er scheuchte ihre Sitznachbarn zur Seite, um sich Platz zu machen. Dann nutzte er den Rest des Abends jede Gel e genheit und jede Pause des Stücks, um ihr seine E r kenntnisse über Gott und die Welt aufzuzwingen. Die Aufführung war ihr gründlich verleidet. Nac h dem das Stück zu Ende war, schützte sie Unwohlsein vor, um sich so schnell wie möglich in ihre Villa zurückziehen zu kö n nen. Der aufdringliche Verehrer bestand darauf, sie nach Hause zu begleiten, so dass sie ihn noch den ganzen Heimweg über ertragen musste. Unter Missachtung aller Höflichkeit s regeln fertigte sie ihn dann allerdings an der Haustür ab, ohne ihn weni g stens ins Atrium zu bitten. An seiner Miene konnte sie erke n nen, dass er beleidigt war, doch es war ihr einerlei. Sie fühlte sich missg e stimmt und u n ruhig. Irgendwie hatte sie das Gefühl, über irgendetwas nachdenken zu müssen. Sie rief ihre Dien e rinnen, die ihr aus der zerdrückten Robe halfen und ihr ein leichtes Hausgewand brachten. Nachdem sie Anwe i sung gegeben hatte, keine Besucher mehr vorzula s sen, warf sie sich im Triklinium auf eine der Liegen. Sie war jetzt richtig wütend. Wie hatte sie sich auf diesen Abend gefreut. Das Stück war ja wirklich nicht schlecht gewesen – soweit sie es mitbekommen hatte. Aber di e ser Trubel am Eingang, dieser Schwachkopf mit seinen en d losen Geschic h ten. Das einzig Aufregende waren der kurze Zwischenfall mit dem Leibwächter gewesen. Wie anders er im Vergleich zu den römischen Männern wirkte. Blass und groß wie er war, stach er aus der Menge geradezu heraus, seltsam und doch gutaussehend. Seine Andersa r tigkeit ste m pelte ihn zum Außenseiter. Kein Wunder, dass er sich so leicht einen Weg durch die Menge g e bahnt hatte, es war etwas Abweisendes um ihn, eine Aura der Ei n samkeit und Unberührbarkeit... „Schluss jetzt!“ schalt sie sich selbst halblaut und musste fast lächeln über ihre mädchenhafte Anwandlung. Ein Leibwächter! Ein Freigelassener! Als ob sie keine anderen Sorgen hä t te. Als ob sie Zeit für einen solch armen Schlucker haben kö n nte. Also weg mit den dummen Gedanken und dann einmal den Luxus genießen, früh zu Bett zu gehen.
Als sie in ihrem Bett lag, konnte sie nicht einschl a fen. Die Gedanken kreisten in ihrem Kopf. No r malerweise war jetzt die Zeit, in der die Stimmung der Gelage einen Höhepunkt erreichte und sie zu Hochform auflief. Sie rief eine ihrer Lautenspiele r innen, um sich vorspielen zu lassen. Sie konnte i m mer noch nicht einschlafen, aber ihre wirren Gedanken beruhigten sich ein wenig. Als sie endlich eingedöst war, quälte sie ihr immer wiederke h render Traum: Ein Gerüst spannte sich über das ganze Forum, nein, über die ganze Stadt Rom. In schwindel n der Höhe schwankte ein dünnes Seil unter ihren vorsic h tig tastenden Schritten. Jede weitere Bewegung ve r stärkte das Schwanken, doch sie mu s ste weiter. Sie hatte gerade die Hälfte des Weges geschafft, als die Schwi n gungen stärker wurden. Mit einer raschen Bewegung konnte sie sich im Fallen an das Seil kla m mern, und nun hing sie hilflos und mit schwindenden Kräften hoch über den Dächern der Hauptstadt. Ihre Hände verloren den Halt. Sie erwachte schweißgebadet.
Für
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