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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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Er sah sich um und bemerkte, dass der Troll ihn beobachtete. Er atmete tief ein.
Vergiss das Ganze
, sagte er sich.
Hol dir was zu trinken, beruhige dich
.
    Nick stand auf und goss sich einen Becher Wasser ein. Dann ging er an den Tisch, so weit weg von den anderen wie möglich.
    Der Troll bedachte ihn mit einem besorgten Blick, als der Junge an ihm vorbeikam.
    Nick starrte auf den Tisch und gab sich alle Mühe, die festliche Stimmung zu ignorieren. Er sah eine Nuss, die zwischen den Brettern klemmte, und fing an, daran herumzufummeln. Hauptsache, er lenkte sich von Leroy und von dem schmerzhaften Pochen in seinem Schädel ab. Die Nuss sprang aus derRille. Er ließ sie zwischen seinen Handflächen hin und her kullern.
Es war ein anstrengender Tag, weiter nichts
, dachte er.
Ich bin fast umgebracht worden, und dann dieser Mist mit Leroy, da ist es ja wohl verständlich, dass ich schlechte Laune habe. Oder?
    Zwei Pixies landeten auf dem Tisch, außer Griffreichweite, und beobachteten die Nuss.
    Nick stellte fest, dass er den Anblick der kleinen blauen Wesen heute Abend kaum ertrug. Er schlug mit dem Handrücken nach ihnen. »Kusch.«
    Sie streckten ihm die Zungen heraus und wackelten ihn mit den Ärschen an. Nick spürte, wie die Hitze in seinem Bauch zunahm und Galle sich in seiner Kehle sammelte. Er rieb sich den Kopf.
Was ist bloß mit mir los?
    Jetzt redete Peter mit Leroy.
    Nick hörte auf, die Nuss hin und her zu rollen.
    Offensichtlich gratulierte Peter gerade Leroy. Er schüttelte ihm überschwänglich die Hand und klopfte ihm auf die Schulter. Leroy grinste übers ganze Gesicht.
    Nicks Lippen zitterten, und er bohrte die Fingernägel in die Tischplatte.
    Einer der Pixies spielte an Nicks Ohr herum, während der andere sich die Nuss schnappen wollte. Der Junge schlug wild nach den beiden. Kichernd flitzten sie davon.
    Nick hörte nicht, was Leroy sagte, aber seine übertriebenen Gesten verrieten, dass er beschrieb, wie er die Barghests getötet hatte.
    Die Hitze in Nicks Bauch brannte wie Feuer, genau wie in dem Traum, und genau wie in dem Traum spürte er, wie Mordlust sich in seinem Herzen regte. Eine Mordlust, die sich nicht nur gegen Leroy richtete, sondern gegen alles.
    Einer der Pixies zog Nick an den Haaren, während der andere erneut nach der Nuss griff, und Nick spürte, wie das gallige Gefühl die Kontrolle über ihn an sich riss.
    Er stieß ein Heulen aus und schleuderte seinen Becher nach dem Pixie. Das kleine blaue Wesen wurde im Flug getroffen und stürzte zu Boden. Der Becher fiel klappernd auf den Steinboden.
    Stille senkte sich über die Halle.
    Der Pixie schrie, und dieser Schmerzensschrei holte Nick in die Realität zurück. Er sah, wie das Wesen flatternd versuchte aufzustehen. Es war verletzt. War er das gewesen? Ja, er erinnerte sich daran. Aber wie hatte er so etwas tun können? Wie hatte er derart die Kontrolle über sich verlieren können?
    Er hörte Grille nach Luft schnappen und blickte auf. Alle starrten ihn an.
    Blutrippe zog sein Messer und ging auf ihn zu.
    »Nein«, sagte Peter.
    »Wieso?«, fragte Blutrippe. »Er verdient eine Lektion. Er muss gezeichnet werden.«
    »Nein«, wiederholte Peter.
     
    Sekeu räusperte sich. »Wir werden Nick töten müssen.«
    »Nein«, widersprach Peter.
    Seufzend dachte Tanngnost:
Das wird nicht einfach
. Er ließ den Blick über das sich ausdünnende Blätterdach schweifen. Der Aussichtsposten war immer ein guter Platz gewesen, um Rat zu halten, ein Platz, an dem man seine Gedanken klären konnte. Das bisschen Mondschein, das seinen Weg durch die tiefhängenden Wolken fand, schimmerte silbrig auf den taunassen Zweigen. Er sah ein paar Glühwürmchen und dachte an die Zeiten zurück, als die Bäume üppig geblüht hatten und die Nacht vom Schimmer von Millionen winziger Feen erhellt worden war. Tanngnost steckte sich die Pfeife in den Mund, nahm einen tiefen Zug, atmete aus und beobachtete, wie die sanfte Brise den Rauch forttrug. »Sie hat recht, Peter. Wir haben keine andere Wahl.«
    »Nein«, wiederholte Peter.
    »Er verwandelt sich«, sagte Tanngnost. »Und wenn wir warten, bis es zu spät ist, wird es nur schlimmer für uns alle. Überleg doch mal, was es für die Kampfmoral bedeuten würde, wenn die Kinder sehen, wie er sich verwandelt – oder schlimmer, wenn sie sehen, wie wir ihn töten. Wir müssen auf der Stelle handeln.«
    Peter schürzte die Lippen und schüttelte unnachgiebig den Kopf.
    »Nick zeigt alle Anzeichen«, sagte

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