Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
Vom Netzwerk:
Freund, bist ein verrückter Teufel.«
    »Gehen wir also?«
    »Ja, Peter. Wir folgen dir.«
    Peter verließ seine Deckung, und die Teufel und Elfen reihten sich hinter ihm ein. Er musste die Tränen zurückhalten. Nicht nur weil er das Gesicht eines alten Freundes gesehen hatte, sondern auch weil die Elfen gekommen waren, um an
seiner
Seite zu kämpfen, um ihm zu folgen, obwohl ihre Chancen hoffnungslos waren. Das war schon an sich ein Sieg. Er wusste, dass sie zu wenige waren, aber mit dem Wissen, dass er sechs Elfenschwerter an seiner Seite hatte, fühlte er sich schon besser. Peter biss sich auf die Unterlippe.
Heute müssen wir siegen
.
     
    Der Schrei zerschnitt den Nebel, ein Laut des Schmerzes, der Qual und der Hilflosigkeit. Ein Laut, der so menschlich war, dass Nick einfach nicht glauben konnte, dass er von einem Baum stammte. Ob Baum oder nicht, Nick wollte so weit wie möglich weg von diesem Schrei. Doch er rannte nicht. Stattdessen biss er die Zähne zusammen und kämpfte sich gegen jeden Instinkt weiter vor. Hinter Sekeu robbte er auf dem Bauch durch Schlamm und Gestrüpp, der Lichtung entgegen.
    Nick hielt inne, um sich einen Schlammklumpen vom Mund zu wischen. Er warf einen Blick zurück, und obwohl Blutrippe nur wenige Schritte hinter ihm war, konnte er ihn kaum erkennen. Sekeu hatte sie angewiesen, sich von Kopf bis Fuß mit einer klebrigen Schlamm-Blätter-Borken-Masse einzureiben. So fügten sie sich nahtlos ins Landschaftsbild ein und waren inmitten von Asche und Rauch praktisch unsichtbar. Sie hatten die Lichtung umrundet, und jetzt krochen sie von der Ostseite wieder heran. Als sie sich näherten, hörte Nick das Rufen rauer Stimmen und sah Bewegung im Unterholz.
    Sekeu bedeutete ihnen, aufzuschließen, und Nick rutschte mit langsamen, gleichmäßigen Bewegungen weiter nach vorne. Er vermied jede schnelle Regung, die vielleicht Aufmerksamkeiterregen könnte, genau wie sie es ihm gezeigt hatte. Abraham und Leroy bezogen auf einer Seite von Sekeu Stellung und Nick auf der anderen. Einen Augenblick später kroch Blutrippe, nach wie vor mit seinem absurden Grinsen im Gesicht, neben Nick.
    Schwarze Wolken stiegen über der Lichtung auf und versperrten ihnen die Sicht. Nick versuchte, etwas zu erkennen, und bemühte sich gleichzeitig, nicht von dem dicken Qualm zu husten. Es roch nach verbranntem Holz, aber da war noch ein anderer Geruch, der süße, übelkeiterregende Geruch von siedendem Fleisch.
    Raue Männerstimmen blafften Befehle durch den Dunst. Plötzlich flammte ein helles Feuer im Nebel auf, gefolgt von einem langgezogenen, entsetzlichen Schrei. Nick presste sich die Hände auf die Ohren.
Wie kann ein Baum so einen Schrei ausstoßen?
Der Wind drehte sich und blies den Rauch über dem Wald fort, und dort, keine fünfzig Meter weit entfernt, stand ein Dutzend Fleischfresser.
    Nicks Herz pochte ihm wild in der Brust. Es waren Menschen, keine Monster, und irgendwie machte der Anblick ihrer Menschlichkeit sie umso grässlicher. Irgendeine schreckliche Krankheit hatte sie bis aufs Herz verdorben. Ihre Haut war schuppig, verschrumpelt und schwarz wie die von Brandopfern, und ihre Gesichter waren verzerrt, als litten sie größte Qualen. Ihre Leiber waren ausgemergelt, und ihre Rippen und Hüftknochen ragten über und unter ihren eingefallenen Bäuchen heraus. Dennoch bemerkte Nick kräftige, drahtige Muskeln und Adern an ihren Brustkörben, Schultern und Armen. Ihre Augen waren blutrot und tief in die Höhlen ihrer Leichenschädel gesunken, und sie hatten nur einen winzigen schwarzen Punkt als Pupille. Ihre Nasen waren kaum mehr als Schlitze in ihrem Gesicht, und ihre hochgezogenen Lippen entblößten weißes Zahnfleisch und gelbe Zähne.
    Nick lief ein Schauer über den Rücken. Diese Männer, mit dieser Haut und diesen Augen, sahen aus wie das Geschöpf, zu dem er in seinen Albträumen geworden war. Verwandelte er sich etwa in einen von ihnen? War es das, was der Zauber von Avalon mit ihm machte?
Nein! Ich versuche mein Glück lieber im Nebel, bevor ich zu einer dieser Schreckgestalten werde
.
    Sekeu stieß Nick an und zeigte zu einem großen Kessel, der etwa hundert Meter entfernt auf einer kleinen Anhöhe stand. Darunter brannte ein Feuer. In der Nähe standen zwei Fässer, an deren Außenwänden klebriges schwarzes Öl runtertropfte. Nick fragte sich, wie sie diese Strecke zurücklegen sollten, ohne von den Fleischfressern erwischt zu werden.
    Um den Kessel standen mindestens zehn Wachtposten,

Weitere Kostenlose Bücher