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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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hervorschauen. Ihre bloßen Füße waren schmutzig, und ihre Haut war so weiß, dass sie beinahe durchscheinend wirkte. Man konnte das Spinnennetz blauer Adern unter ihrer Haut erkennen. Sie lächelten ihm scheu zu.
    Jetzt, da Peter sie eingeholt hatte, wusste er nicht, was er tun sollte. Voll Unbehagen trat er von einem Fuß auf den anderen. Schließlich hob er eine Hand. »Hallo.«
    Die drei brachen in helles Gelächter aus, und Peter errötete. Eins der Mädchen huschte zu ihm und strich ihm mit einem Finger über den Arm.
    »Was für ein Geschöpf bist du?«, fragte sie.
    »Ich bin ein Peter.«
    »Was ist ein Peter? Ist das so was wie ein Junge?«
    »Natürlich, du Dummerchen«, antwortete eine andere. »Siehst du das denn nicht? Er ist ein Junge.«
    »Ein Junge«, fiel die Dritte ein. »Ein kleiner Junge, ganz allein im Wald?«
    »Was tut ein kleiner Junge ganz allein im Wald?«
    »Ich habe … na ja, ich habe mich …« Peter wollte sagen, dass er sich verlaufen hatte, doch er wollte nicht wieder ausgelacht werden. »Ich suche nach Freunden, mit denen ich spielen kann.«
    Die Mädchen wechselten schnelle, wissende Blicke.
    »Wir auch!«, sagte die eine.
    »Was für ein Glück!«, sagte die andere und legte Peter eine Hand auf die Schulter.
    »Wir können zusammen spielen«, sagte die Dritte, schlüpfte hinter ihn und schnupperte an seinem Hals und Haar.
    »Was für Spiele spielst du denn gerne?«, fragte die Erste.
    Peter zuckte mit den Schultern. »Alle Spiele.«
    »Wir auch!«, sagte die Zweite.
    »Komm mit uns«, fügte die Dritte hinzu.
    »Wohin?«
    »Wart’s ab.«
    Peter zögerte. »Gibt es dort Erwachsene?«
    »Erwachsene?« Die drei sahen verwirrt aus.
    »Ach, du meinst Menschlinge«, sagte die Erste. »Bei den Blutglocken, nein. Nicht dort, wo wir hingehen. Dort gibt es nur Spaß und Spiel.«
    »Ja«, fügte die Zweite hinzu. »Viele wunderbare Spiele.«
    »Komm mit«, wiederholte die Dritte und bedeutete ihm, ihnen zu folgen, als die drei in den Steinkreis traten.
    Peter tat wie geheißen, doch dann hielt er inne. Die Haare auf seinen Armen stellten sich auf, seine Kopfhaut kribbelte, und er spürte ein seltsames Kitzeln an Füßen und Händen. Er glaubte, Glocken und Gesang zu hören – wie eine Art Schlaflied. Die Melodie hallte schwach zwischen den Steinen wider.
    »Oh, er will nicht mit«, sagte die Erste.
    »Will nicht mit uns spielen«, sagte die Zweite.
    »Wie traurig«, sagte die Dritte.
    »Doch, ich will«, sagte Peter.
    »Er hat Angst.«
    »Hab ich nicht.«
    »Nicht jeder kann mitkommen, mein kleiner Peter«, sagte die Erste.
    »Nur diejenigen, die es wirklich wollen«, sagte die Zweite.
    »Du musst es dir wünschen, Peter. Wünsch es dir, dann kannst du mit uns spielen«, rief die Dritte.
    Die Mädchen huschten in die Mitte des Steinkreises, wo ein flacher, runder Stein glatt im Gras lag. Sie begannen zu funkeln, und dann verblassten sie langsam, wobei sie einen glitzernden Goldstaubregen hinterließen.
    Peter machte einen Satz zurück und starrte auf die zerfallenden Goldflocken.
    »Komm, lass uns spielen«, riefen die Mädchen und lachten. Ihre Stimmen klangen weit entfernt, als drängten sie vom Boden eines Brunnenschachts zu ihm herauf.
    Peter blickte sich um. Es wurde dunkel und kalt. In der Ferne hörte er ein Wolfsheulen, das mehrere Artgenossen beantworteten. Er wollte nicht wieder in einem Baum schlafen, nicht heute Nacht. Er betrachtete die Steine. Wo sollte er sonst hin? Er holte tief Luft, biss sich auf die Lippe und trat in den Kreis.
    Nichts geschah.
    Peter schloss die Augen. »Ich möchte ihnen folgen.«
    Noch immer nichts. Er öffnete die Augen.
    »Ich möchte ihnen folgen«, wiederholte er, und diesmal wünschte er es sich von ganzem Herzen.
    Goldene Funken blitzten vor seinen Augen auf, ein silbriger Nebel schlängelte sich an seinen Beinen empor, und der Wald samt Steinkreis verblasste. Einen Moment lang fiel er. Sein Magen machte einen Satz, und Peter hatte das sichere Gefühl, dass er in den Tod stürzte, stattdessen wurde der Nebel dichter und trug ihn, sodass er schwamm. Es fühlte sich fast an, als flöge er. Wind wehte ihm ins Gesicht, und die Luft schmeckte warm und süß.
    Zu Peters Überraschung erschienen die Steine plötzlich wieder. Er stolperte über ein Moosbett und landete mit dem Kopf nach unten und den Beinen nach oben vor einem der Menhire.
    Schallendes Mädchengelächter begrüßte ihn.
    Peter richtete sich auf, sodass auch die Welt wieder richtig

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