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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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Junge atmete gedehnt aus und lächelte. »Ich muss. Das weißt du doch. Uns bleiben nur noch wenige Tage. Die Fleischfresser sind auf dem Weg. Der Zauber vergeht. Die Geißel frisst den letzten Rest Wald auf. Was bleibt uns noch an Nahrung? Bald fressen wir uns gegenseitig auf, wie sie.« Er machte eine Kopfbewegung Richtung Rauchsäule.
    »Dann gehen wir alle«, sagte Blutrippe.
    Peter schüttelte den Kopf. »Unmöglich. Die Elfen würden das niemals gestatten. Meine einzige Chance, sie von meiner Treue zur Dame zu überzeugen, besteht darin, allein zu gehen.«
    »Ulfger wird niemals an deiner Seite kämpfen«, sagte Sekeu.
    Peter nickte. »Ja, und ich werde niemals an seiner Seitekämpfen. Aber das bedeutet nicht, dass wir uns nicht aufeinander abstimmen können. Das muss er einsehen. Wir sind alle am Ende. Wenn wir fallen, fallen auch sie.«
    »Lass wenigstens mich mitkommen«, sagte Blutrippe. »Du weißt schon, als offizielles Diplomatengeleit. Um dir Stock und Zylinder zu tragen.« Er grinste.
    »Nein. Du kannst dabei helfen, Danny zurückzutragen.« Peter erwiderte sein Grinsen.
    Danny saß inzwischen, allerdings sah er nicht aus, als würde er in nächster Zeit wieder laufen können. Seine Augen waren völlig verquollen, und mit seinem geschwollenen Hals sah er aus wie ein Ochsenfrosch.
    Ungeduldig pochte Tanngnost mit dem Stab auf den Boden.
    »Bis dann, Leute«, sagte Peter und rannte zu dem Troll. Gemeinsam betraten sie den Wald der Dame.
    »In Ordnung«, sagte der Troll. »Das Leben der Dame von Avalon hängt von dieser Sache ab. Du musst dich daher
unbedingt
so gut benehmen, wie du nur kannst.«
    »Ich benehme mich immer so gut, wie ich nur kann.«
    »Versprich mir, dass du die Vergangenheit ruhen lässt.«
    Peters Miene verhärtete sich. »Manche Dinge darf man nicht ruhen lassen.«
    Tanngnost seufzte. »Peter, diese Fehde ist schon so lange her.«
    Peter schwieg. Es war tatsächlich
sehr
lange her. Damals hatte er erst zwanzigmal gesehen, wie die großen Eichen ihre Blätter abwarfen, und doch war er nicht erwachsen geworden, und nicht ein einziges Haar wuchs an seinem Kinn. Dafür hatte er sich zu einem drahtigen, langgliedrigen Jungen gemausert. Tanngnost nannte ihn den wilden Jungen von Myrkvior und erklärte ihm, dass es sein Menschenblut war, das ihn nicht in die Pubertät kommen ließ, und dass er niemals zu einem Mann heranwachsen würde. Tanngnost erklärte all das schwermütig,als sei es ein Fluch, ein schreckliches Verhängnis. Doch Peter tanzte um die Hütte des Trolls, überglücklich zu erfahren, dass aus ihm nie eines dieser scheußlichen, haarigen, grobschlächtigen Männergeschöpfe werden würde. Jene Tage verbrachte er voller Freude über seine ewige Jugend, und all die großen Wälder waren sein Spielplatz – jedenfalls bis Ulfger ihn fand.
     
    Peter erinnerte sich an seinen rasenden Herzschlag. Er wusste genau, dass er den Wald der Dame nicht betreten durfte. Wie oft hatte Tanngnost ihn gewarnt und ihm gesagt, dass Ulfger den Elfen befohlen hatte, ihn zu töten, sobald sie ihn sahen? Er dachte darüber nach, umzukehren, doch dann sah er den Spriggan. Der bösartige kleine Kobold hockte direkt auf der anderen Seite des Bachs im Unterholz und wedelte mit seiner Beute herum. Es handelte sich um ein Messer –
Peters
Messer. Der Kobold zog ihn auf in dem sicheren Wissen, dass Peter es nicht wagen würde, ihm in den Wald der Dame zu folgen.
    »Du kleiner Dieb«, schrie Peter, sprang auf, platschte durch den Bach und vergaß Ulfger und seine mörderischen Elfen ganz und gar.
    Der Spriggan riss überrascht die Augen auf, nahm die Beine in die Hand und schoss über einen Wildwechsel davon. Im dichten Unterholz verlor Peter den Kobold aus den Augen. Konzentriert suchte er die Tannenadeln am Boden ab, um seiner Spur zu folgen, und so bemerkte er die Gestalten nicht, die sich ihm von hinten näherten.
    Als Peter das leise Knirschen von Tannennadeln hörte, wandte er sich in der Erwartung um, den Spriggan vor sich zu sehen. Stattdessen flog ein Speer direkt auf seine Brust zu. Peter warf sich nach hinten, und der Speer zischte an ihm vorbei, streifte seine Schulter und schlug auf den schmalen Pfad auf. Peter ging zu Boden, rollte sich ab und war in Sekundenschnelle wieder auf den Beinen. Seine Instinkte sagten ihm, dass er laufen sollte,doch dann erstarrte er. Es waren drei, zwei davon Elfen, doch es war der Dritte, der Peter innehalten ließ.
    Der Mann überragte die Elfen um einiges. Er war

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