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Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition)

Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harvey
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junge Ratte unter dem Haufen hervor und hetzte mit tiefhängendem Bauch die Wand entlang davon.
    »Ich gehe jetzt jedenfalls.«
    Während Raymond kehrtmachte und zurückschlurfte, ging Sara tatsächlich noch zwei, drei, vier Schritte vorwärts. Als sie endlich stehen blieb, tat sie es nur, weil sie jetzt mit Sicherheit erkannte, was sie da vor sich hatte: den Absatz eines blauen Kinderschuhs – und etwas, was früher vielleicht einmal die Finger einer Hand gewesen waren.

6
    »Was ist los, Charlie? Sie scheinen mir etwas zerstreut zu sein.«
    Resnick saß mit übereinandergeschlagenen Beinen und einem Becher lauwarmem Kaffee in einem der Sessel vor dem Schreibtisch des Superintendent.
    »Nein, nein, Sir. Alles in Ordnung.«
    »Dann ist das wohl Ihre persönliche Note?«
    Erst jetzt fiel Resnick auf, dass Skeltons Blick auf seine Füße gerichtet war, von denen der eine in einer dünnen schwarzen Nylonsocke steckte, der andere in einer verwaschenen grauen. Als das Läuten des Telefons ihn aus demSchlaf gerissen hatte, war er in einem Krankenhauszimmer gewesen, wo Elaine, seine geschiedene Frau, ans Bett geschnallt dalag und ihn mit einer Mischung aus Todesangst und Flehen anstarrte, während er selbst im weißen Arztkittel kopfschüttelnd zu ihr hinunterblickte und die Schwester anwies, den Arm der Patientin frei zu machen, da er selbst die Spritze verabreichen wollte.
    Nicht einmal die Dusche, von kochend heiß auf kalt gedreht und wieder zurück, hatte seinen Körper vom Schweiß befreien können. Und von den Schuldgefühlen.
    »Lassen Sie hören, Charlie. Wie sieht’s aus?«
    Neben Resnick und Jack Skelton waren noch Tom Parker, Chief Inspector von der Dienststelle Mitte, und Chief Inspector Len Lawrence, Skeltons Stellvertreter, anwesend. Tom Parker, dem noch neun Monate bis zum Ruhestand fehlten, hatte einen kleinen Bauernhof in Lincolnshire im Auge, wo er danach mit seiner Frau und ein paar Hühnern, Schweinen und vielleicht zwei Ziegen leben wollte. Seine Frau mochte Ziegen so gern. Wäre nicht diese Sache hier dazwischengekommen, so wäre er jetzt, am heiligen Sonntagmorgen, sicher draußen auf seinem Stückchen Land. Viel zu tun gab es da im Moment zwar nicht, aber er konnte immer ein paar Kartoffeln ernten, mit einer Gabel ein bisschen im Komposthaufen herumstochern und so schon mal seinen Rücken für die heftigen Buddeleien trainieren, die auf ihn zukamen. Len Lawrence würde praktisch zur gleichen Zeit in Ruhestand gehen, um zusammen mit seinem Schwiegersohn in einem Vorort von Auckland ein Pub zu betreiben. Die Flüge waren schon gebucht, die Anzahlung war geleistet. Eine Geschichte wie diese war das Letzte, was die beiden Männer sich für ihren letzten Winter bei der Polizei wünschten.
    »Kurz nach zwei erschien ein Pärchen auf der Dienststelle, Sir. Die beiden erzählten, sie hätten in einer leerstehenden Halle drüben auf dem alten Industriegelände in Sneinton eine Leiche gefunden.«
    »Und wieso sind sie damit hierhergekommen?«, unterbrach Lawrence. »Die Dienststelle Mitte ist doch viel näher.«
    »Offenbar hatten sie Zweifel, ob sie es überhaupt melden sollen. Sie waren anscheinend schon gut zwei Stunden früher auf die Leiche gestoßen, gegen Mitternacht. Der junge Mann hat ein Zimmer in Lenton, das ist unser Revier. Und da hielten sich die beiden auf, als sie sich endlich entschlossen, herzukommen.«
    »Was ist mit der Leiche, Charlie?«, fragte Parker. »Ist sie schon identifiziert?«
    Resnick schüttelte den Kopf. »Schwierig. Sie hat da wohl schon eine ganze Weile gelegen und ist ziemlich verwest, wenngleich der Kälteeinbruch letztlich wohl noch günstig für uns war. Der Körper ist größtenteils unversehrt. Wer immer ihn da hingebracht hat, hat ihn in zwei große Plastiksäcke eingewickelt …«
    »Müllsäcke?«, warf Lawrence ein.
    Resnick nickte. »Dann hat er das Ganze mit einer alten Zeltplane zugedeckt und aus Brettern und was sonst so herumlag eine Art kleinen Schuppen drumherum gebaut.« Einen Moment war die Hand, die den Becher hielt, nicht mehr ganz so ruhig. »Ohne diese Vorkehrungen wäre die Leiche nicht so intakt geblieben, wie sie war; es wimmelt dort von Ratten.«
    »Und die sind nicht rangekommen?«
    »Das habe ich nicht gesagt.« Resnick stand auf, ging zur Kaffeemaschine und ließ sich noch einmal einen halben Becher einlaufen. Bis jetzt hatte er nur am Telefon mit Parkinson, dem Pathologen, gesprochen, aber was er gehört hatte, war ihm gründlich auf den

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