Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition)
für alle Mal abzuschließen.«
»Aber ich war im Schwimmbad, fragen Sie doch, Sie haben gesagt, Sie hätten gefragt …«
»Das haben wir auch getan, Mr Shepperd. Es geht hier nur um eine Bestätigung.« Resnick sah ihn an. »Es gibt doch keinen Grund abzulehnen?«
»Nein.« Seine eigene Stimme erschien ihm merkwürdig fern, nicht wie eine Stimme, die er kannte. »Nein, selbstverständlich nicht.«
»Gut. Dann um drei. Ach, und Sie können sich von jemandem begleiten lassen, wenn Sie möchten.«
»Von jemandem …«
»Nun ja, von einem Freund zum Beispiel. Oder auch einem Anwalt.« Resnick drehte den Türknauf. »Bis heute Nachmittag dann, Mr Shepperd. Um drei. Sollen wir Ihnen vielleicht einen Wagen schicken?«
»Nein, danke. Nein, das ist nicht nötig.«
Resnick nickte und schloss die Tür. Stephen brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, dass Joan hinter ihm stand und ihn beobachtete.
Millington war schleierhaft, woher sie so viel Frechheit nahmen: fast hundert Pfund für ein Paar Turnschuhe. Was anderes war das doch nicht. Ja, gut, ein Haufen Firlefanz an den Seiten, in Lila und Schwarz, blödsinnige Zungen, die vorn rausschauten, ewig lang, die reinsten Schienbeinschoner, aber mal abgesehen von dem ganzen Quatsch waren es schlicht und einfach Turnschuhe. Lumpige Turnschuhe.
»Die verkaufen sich wohl gut?«
Kilpatrick nahm dem Sergeant den Turnschuh aus der Hand und betrachtete ihn mit uneingeschränkter Bewunderung. »Ich kann sie gar nicht schnell genug bestellen.«
»Bei dem Preis?«
»Seit sich herumgesprochen hat, dass wir die auf Lager haben, kommen sie sogar mit dem Bus her. Von überall. Das ist der Seltenheitswert, verstehen Sie. Die großen Läden führen die nicht.«
Millington war irritiert. »Das spielt eine Rolle?«
»Schauen Sie, wenn Sie siebzehn, achtzehn sind und nicht viel Geld haben, was tun Sie dann die meiste Zeit? Sie strolchen mit Ihren Kumpeln in der Stadt rum. Hier ein Rudel Jungs, da ein Rudel Jungs, man trifft aufeinander, man taxiert sich gegenseitig. Die Hosen, das Haar, das T-Shirt und vor allem die Turnschuhe, die sind ganz wichtig. Wenn man in den Dingern, von denen es insgesamt vielleicht nur ein Dutzend Paar in der Stadt gibt, am Bridlesmith Gate oder um die Broad Marsh rumstolziert, Mann, das ist Spitze, da glotzen die Leute und denken, hey, der ist schon was Besonderes. Verstehen Sie jetzt, was ich meine?«
»O ja«, sagte Millington. »Aber sind sie auch bequem?«
Zwei junge Schwarze, der eine mit einer ausrasierten Zickzacklinie auf der einen Seite seines geschorenen Kopfes, der andere mit Dreadlocks in einem Haarnetz, wie Millingtons Großmutter immer eins getragen hatte, inspizierten die Jogginganzüge aus leichtem Nylon hinten im Laden. Ein junger Mann, den Millington wegen seiner tristen Kleidung und seines humorlosen Aussehens als Sozialarbeiter abhakte, überlegte ewig, welche Farbe nun seine Federbälle haben sollten.
Millington musste oft genug mit solchen Leuten zusammenarbeiten: An Selbstgerechtigkeit waren sie nicht zu überbieten, wenn es um Sexismus, Rassismus, Altersdiskriminierungund die Rechte des Einzelnen ging, und gleichzeitig konnten sie es nicht erwarten, einen morgens um sechs in irgendeine gottverlassene Sozialsiedlung zu schleppen, um die Leute aus den Betten zu holen und ihnen die Kinder wegzunehmen. Die Rechte der Familien? Völlig egal!
Er hatte sich mit dem Chef, mit Resnick, ein paar Mal deswegen in die Haare gekriegt, seitdem der mit dieser Sozialarbeiterin was am Laufen gehabt hatte und plötzlich die tollsten Verrenkungen machte, um diese Leute zu verstehen. Rachel Chaplin, nette Frau an sich, schade, dass sie so schnell wieder verschwunden war. Wäre bei einem von Resnicks Mordfällen beinahe Teil der traurigen Statistik geworden und hatte sich danach ins West Country versetzen lassen, nach Exeter, Bristol, irgendwo in diese Gegend, alles für ein Leben ohne Aufregungen.
Bernard Kilpatrick drückte auf die Registrierkasse, und einen Augenblick später bimmelte die Türglocke. »Der Typ, der die Federbälle gekauft hat«, fragte Millington, »Sie wissen nicht zufällig, was der beruflich macht?«
»Der ist Pfarrer«, antwortete Kilpatrick. »Eigentlich ein ganz netter Kerl, aber bis der mal zu Potte kommt. Mann, für den ist schon die Frage, ob er die Straße überqueren soll oder nicht, ein moralisches Dilemma.«
»Und wo ist seine Montur?«, fragte Millington.
»Die trägt er nur sonntags und an
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