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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Kutte und zog eine
Urkunde daraus hervor. »Hier. Das ist für Euch.«
    Â»Was ist das?« Irritiert nahm sie die Pergamentrolle und schaute auf
das päpstliche Siegel.
    Â»Der englische Peterspfennig. Er soll Euch gehören.«
    Â»Ich weiß nicht, wovon Ihr redet.«
    Â»Ein Geschenk«, erklärte er. »Mit dieser Urkunde trete ich sämtliche
Ansprüche ab, die ich für meinen Verzicht auf den Papstthron bekomme. Wer
dieses Schriftstück besitzt, hat Anspruch auf die Einkünfte sämtlicher Bistümer
und Gemeinden Englands, Jahr für Jahr.«
    Â»Wie … wie kommt Ihr darauf, mir Geld zu schenken?«
    Â»Es war nicht meine Idee, Abt Bartolomeo meinte …« Teofilo schlug
die Augen nieder. Leise fügte er hinzu: »Abt Bartolomeo und ich, wir dachten,
Ihr könntet das Geld brauchen. Für Euer Armenhaus.«
    Â»Ihr wisst von meinem Armenhaus?«
    Teofilo nickte. »Damals, nach dem Aufstand auf dem Petersplatz, bin
ich in Eure Werkstatt geraten. Euer Mann hat mir zur Flucht verholfen und das
Leben gerettet – vielleicht hat er es Euch erzählt. Er hat mir damals gesagt,
dass Ihr dieses Haus betreibt. Für die Armen.«
    Chiara starrte ihn mit großen Augen an. Mit allem hatte sie gerechnet – dass er vor ihr niederfallen würde, dass er sie beschimpfen würde, dass er
ihr seinen Hass oder seine Liebe erklärte …
    Nur mit einem hatte sie nicht gerechnet: dass er ihr ein Geschäft
vorschlug.
    Â»Wollt Ihr … wollt Ihr damit etwa wiedergutmachen, was Ihr
angerichtet habt?«, fragte sie. »Mit einem Schuldschein?«
    Â»Ich weiß«, erwiderte Teofilo, »es ist nur Geld, aber damit könnt
Ihr Tausenden von Menschen helfen. Über viele, viele Jahre …«
    Â»Aber was hat das mit uns zu tun?«
    Â»Ich hatte nur den Wunsch, Euch zu beweisen, dass ich nicht der bin,
für den Ihr mich haltet. Mein Gott, was sollte ich denn tun, damit Ihr …«
    Â»Was bist du nur für ein Mensch, Teofilo di Tusculo?«, fiel Chiara
ihm ins Wort. »Glaubst du wirklich, du kannst mich damit kaufen? Damit ich in
diesen unseligen Plan einwillige und dich heirate?« Angewidert schüttelte sie
den Kopf. »Wie kannst du nur denken, dass ich für Geld …«
    Ihre Verachtung war so groß, dass sie verstummte. Nein, sie hatte
sich nicht getäuscht, sein Gesicht war das Abbild seiner Seele. Selbst wenn sie
auf dem Weg zu dieser Begegnung noch Zweifel gehabt hatte – jetzt stand ihre
Entscheidung fest, ein für alle Mal.
    Â»Du bist ein Ungeheuer, Teofilo di Tusculo. Und ich danke Gott, dass
er mir die Augen geöffnet hat, bevor ich …«
    Â»Bevor du was?«
    Statt ihm zu antworten, warf sie ihm die Urkunde vor die Füße.
»Behalt dein Geld für dich! Ich will es nicht! Ich will … ich werde …«
    Während sie nach Worten suchte, um ihm ihren Entschluss entgegenzuschleudern,
starrte er auf die Urkunde am Boden, sein Geschenk, und seine Augen füllten
sich mit Tränen. Plötzlich verwandelte sich sein Gesicht. Es war, als würde
eine Maske von ihm abfallen, Benedikts Maske, um den Blick auf einen anderen Menschen
freizugeben, der sich unter dieser Maske verbarg. Auf Teofilo, den Mann, den
sie einst so sehr geliebt hatte.
    Â»Ich verfluche den Tag, an dem ich dich verlor«, flüsterte er.
    Sie wollte davonlaufen, aber sie konnte es nicht. Sie wusste ja,
welchen Tag er meinte – den Tag seiner Erhebung. Nie würde sie vergessen, wie
einsam und verloren er damals auf dem Thron gesessen hatte, die übergroße,
schwere Tiara, die ihn zu erdrücken schien, auf dem Kopf, ein Junge von zwölf
Jahren, dem die Tränen am Gesicht herunterliefen … Und während sie dieses
Gesicht wieder vor sich sah, das Gesicht seiner Unschuld, kam ihr ein entsetzlicher
Gedanke. Wäre Teofilo dieser Mensch geworden, der er geworden war, das
Ungeheuer, das ihr solche Angst machte, wenn sie zu ihm gehalten, wenn sie ihn
geheiratet hätte, statt vor ihm davonzulaufen, wie sie es so oft getan hatte,
wieder und wieder und wieder?
    Jetzt ist keine Zeit mehr für Lügen , hatte
Domenico auf dem Sterbebett gesagt. Wenn ich tot bin,
versprich mir, dass du nie wieder lügst … Vertraue auf deine Gefühle, und die
Liebe … Sie ist das einzige …
    Noch bevor sie etwas sagen konnte, kehrte Teofilo ihr den Rücken und
verließ den

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