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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Laufschritt eilte
sie auf ihn zu.
    Ohne zu wissen, was er tat, breitete er die Arme aus.
    Â»Teofilo!«, flüsterte sie und sank in seine Arme. »Teofilo …«
    Plötzlich stand die Welt still, für einen Augenblick der Ewigkeit,
und nur Bartolomeos leise geflüsterte Worte verwoben mit dem Schweigen.
    Deus caritas est  …
    13
    Man schrieb den ersten Mai des Jahres 1045. Hunderte Gläubige,
Fürsten und Herzöge, Edelleute und Kaufleute, Ritter und Knappen, strömten an
diesem Frühsommertag in den Petersdom, in dessen Altarraum sich eine in Purpur
gekleidete Schar greiser Kardinäle versammelt hatte, um einen Akt zu begehen,
wie ihn die Christenheit noch nie zuvor erlebt hatte.
    Â»Omnibus vobiscum.«
    Â»Et cum spiritu tuo.«
    Machtvoll hallten die Gesänge von der niederen Gewölbedecke wider,
um sich bis in die hintersten Winkel und Nischen der Basilika auszubreiten,
bevor sie zitternd im Zwielicht verklangen. Dann füllte nur noch erwartungsvolle
Stille das Gotteshaus. Alle Augen waren auf den Altarraum gerichtet, wo die
Kardinäle mit gefalteten Händen beiseitetraten, um eine Gasse zu bilden.
Angetan mit seinem Ornat und allen Insignien der Macht, stieg Papst Benedikt IX . von der Cathedra herab, im zwölften Jahr seines
Pontifikats und vierundzwanzigsten seines irdischen Lebens, und schritt durch
das Spalier der Kardinäle, um mit leiser, aber fester Stimme zum letzten Mal
das Wort an sein Volk zu richten.
    Â»In Erkenntnis unserer Unwürdigkeit, als Gottes Stellvertreter die
heilige Kirche zu regieren, entheben wir, Papst Benedikt IX .,
uns selber unseres Amtes.« Mit beiden Händen fasste er die Tiara und nahm sie
von seinem Haupt. »Ich, Teofilo di Tusculo, bekenne mich zu meiner Schuld und
verdamme meine Taten. Die Schwere meiner Vergehen verbietet mir, weiter als
Priester der heiligen katholischen Kirche zu amtieren. Gott möge mir meine
Sünden verzeihen und mir die Gnade erweisen, ihm künftig als einfacher
Christenmensch zu dienen.«
    Fassungslos verfolgte Ermilina, wie ihr Sohn die Tiara seinem
Kanzler Petrus da Silva überreichte, der sie feierlich in Empfang nahm,
zusammen mit dem Kreuzstab und dem päpstlichen Ring. Während ein unsichtbarer
Chor Bußgesänge anstimmte, legte Teofilo nach und nach die Gewänder ab, die ihn
all die Jahre lang vor Gott und der Welt als Papst ausgezeichnet hatten, die
Dalmatika und Tunicella und Alba, all die Umhänge und Gürtel und Tücher, deren
Reihenfolge und Bedeutung er sich nie hatte merken können, bis er in einem sackleinenen
Büßerhemd vor seinem Volk stand, barfuß und barhäuptig.
    Â»Oh Herr«, sprach Teofilo, als abermals Stille einkehrte, »ich bin
nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so
wird meine Seele gesund.«
    Ermilina las die Worte von seinen Lippen, flüsterte sie leise mit,
um sein Gebet zu verstärken, doch ihre Empörung war größer als ihre Demut. Wie
konnten irrende Menschen es wagen, sich über den Willen des Herrn zu erheben?
Keine Versammlung der Kardinäle, keine Versammlung der Römer hatte Teofilo
erwählt – der Heilige Geist selbst hatte ihn auf den Thron erhoben. Und wenn er
auch gesündigt hatte und gefehlt in seinem Amt – so viele Päpste hatten gegen
Gottes Gebote gehandelt, bevor sie auf den Weg des Heils gelangt waren. Warum
wurde ihr Sohn dieser Prüfung enthoben, bevor er Gelegenheit hatte, sie zu
bestehen?
    Â»Gloria! Gloria in excelsis deo!«
    Unwillkürlich stimmte Ermilina ein in den vertrauten Lobpreis, doch
die Worte ihres Glaubens zerfielen ihr auf den Lippen wie modrige Pilze. Vor
ihren Augen, wie vor den Augen der Christenheit, kleidete Petrus da Silva den
neuen Papst ein, Giovanni Graziano, Teofilos Taufpaten und geistigen Ziehvater.
Denselben Mann, dem der Heilige Geist offenbart hatte, wer nach Gottes
Ratschluss sein einziger und rechtmäßiger Stellvertreter auf Erden war … Was
für ein Frevel! Was für eine Schändung des heiligsten aller Ämter!
    Â»Habemus papam!« , rief Petrus da Silva.
    Â»Habemus papam!« , jubelte die Gemeinde im
Chor.
    Unter dem tosenden Beifall des römischen Volkes, der Ermilina in der
Seele noch mehr schmerzte als in den Ohren, setzte Giovanni Graziano sich die
Tiara auf sein Haupt. Dann war dieser heiligmäßige Mann, die keusche Lilie
unter den Dornen, für

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