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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Wichtigkeit und Angst.
    Â»Das ist Pater Anselmo«, erklärte Petrus da Silva. »Er war für das
persönliche Wohl Seiner Heiligkeit zuständig, solange Seine Heiligkeit im
Thomaskloster von Pesaro weilte.« Während er sprach, wandte er sich zu dem
Mönch herum. »Pater Anselmo, könnt Ihr uns den Namen des Mannes nennen, der
Seine Heiligkeit vergiftet hat?«
    Der Ordensmann nickte.
    Â»Dann erhebt jetzt Eure Stimme und sprecht!«
    7
    Â»Ich danke dir, Herr Jesus Christ, dass du mein Opfer angenommen
hast.«
    Mit nacktem Oberkörper kniete Teofilo vor dem Altar der Burgkapelle.
Die Augen auf ein Tafelbild gerichtet, das die Geißelung Jesu vor der
Kreuzigung zeigte, begleitete er jeden Vers seines Gebets mit einem
Peitschenhieb auf Rücken und Schulter.
    Â»Hilf mir, Herr Jesu Christ, dass ich mein Opfer vollende und weiter
mein Schweigen bewahre!«
    Seine Haut war an vielen Stellen aufgeplatzt, und das Blut rann in
Strömen an seinem Leib herunter. Doch so sehr die Wunden schmerzten, es war
nicht genug, würde niemals genug sein, um die Qualen seiner Seele zu betäuben
und die Liebe in ihm zu töten.
    Â»Gib mir die Kraft, Herr Jesus Christ, meinen Schwur zu halten und
dem Verlangen zu entsagen, das du in mein Herz gesenkt hast.«
    Teofilo versuchte sich zu trösten, indem er an Chiara dachte, an das
Kind, das sie zur Welt gebracht hatte, gesund und ohne Schaden. Doch statt ihn
zu trösten, erfüllte die Vorstellung ihn mit noch größerer Verzweiflung, und er
verdoppelte die Anstrengung, seinem Körper Schmerzen zuzufügen. Er würde sich
geißeln, bis die Verzweiflung sich legte oder sein Herz verstummte.
    Â»Verflucht! Hier steckst du also schon wieder!«
    Teofilo ließ die Peitsche sinken. Sein Bruder Gregorio kam mit
großen Schritten auf ihn zu.
    Â»Du musst fliehen!«, rief er. »Sofort!«
    Â»Was ist passiert?«
    Â»Man klagt dich an, du hättest deinen Nachfolger umgebracht!«
    Â»Was redest du da?«
    Â»Irgendein Mönch behauptet, du wärst in Pesaro gewesen, um Clemens
zu vergiften. Er hat geschworen, dass er dich in seinem Kloster gesehen hat,
demselben Kloster, in dem der Papst verreckt ist.«
    Â»Aber – ich bin nie in Pesaro gewesen«, sagte Teofilo und erhob sich
von den Knien. »Das ist doch Unsinn, und wenn irgendjemand …«
    Â»Unsinn?«, fiel Gregorio ihm ins Wort. »Es ist scheißegal, ob du in
Pesaro warst oder nicht. Wenn der verfluchte Mönch schwört, dass er dich dort
gesehen hat, werden die römischen Arschlöcher ihm nur zu gerne glauben.«
    Â»Dann muss ich nach Rom!«
    Â»Willst du, dass sie dich umbringen? Die Wahrheit ist, was die Leute
glauben. Hauptsache, sie können uns einen Strick daraus drehen. – Herrgott, wie
du aussiehst. Du blutest wie eine angestochene Sau!«
    Teofilo schaute an seinem Körper herab. Erst jetzt sah er, dass sich
zu seinen Füßen eine Blutlache am Boden gebildet hatte. Darin lag der Strick seiner
Kutte. Wie die Nabelschnur eines neugeborenen Kindes.
    Â»Was stehst du da und glotzt?«, fragte Gregorio.
    Teofilo hob den Kopf und sah seinen Bruder an. »Ich muss daran
denken, was du gerade gesagt hast.«
    Gregorio zog ein Gesicht, als hätte er nicht richtig verstanden. »Du
denkst über etwas nach, was ich gesagt habe?«
    Â»Ja, gerade eben. Wie waren deine Worte? Die Wahrheit ist, was die
Leute glauben …«
    Noch während Teofilo den Satz wiederholte, griff er nach seiner
Kutte und streifte sie über.
    Â»Gott sei Dank«, sagte Gregorio. »Endlich nimmst du Vernunft an!«
    Teofilo hob den Strick auf, um sich zu gürten. Dann ließ er seinen
Bruder stehen und verließ im Laufschritt die Kapelle.
    Â»Wo zum Teufel willst du hin?«
    Ohne Gregorio Antwort zu geben, eilte Teofilo hinaus. Er hatte
Chiara aufgegeben, um sie vor dem Fluch seiner Mutter zu schützen. Er hatte
sogar geschwiegen, um ihres und seines Seelenheils willen. Doch die
Vorstellung, dass sie ihn für einen Mörder hielt, war mehr, als er ertragen
konnte.
    Â»Ein Pferd!«, rief er im Burghof einem Stallburschen zu.
    Wenige Augenblicke später warf er sich in den Sattel und galoppierte
zum Tor hinaus.
    8
    Â»Teofilo soll den Papst vergiftet haben? Nein, das glaube ich
nicht!«
    Chiara sprang vom Spieltisch auf, an dem sie vor einer Partie
Trictrac gesessen hatte, ohne einen einzigen

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