Der Kinderpapst
antworten«,
sagte er mit einem feinen Lächeln. »Die Kirche hat Zeit â sehr viel Zeit â¦Â«
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»Was sagst du da?«, fragte Ottaviano. »Das Schiff ist
gesunken?«
»Ja«, erwiderte Gregorio, »ein Sturm im Helespont.«
»Und was heiÃt das?«, wollte sein Bruder wissen.
»Und was heiÃt das?«, äffte Gregorio ihn nach. »Was wohl? Dass wir
alles verloren haben! Das Schiff, den Pfeffer, das Geld! Herrgott noch mal â
was wollt ihr von mir? Ihr tut ja gerade so, als hätte ich das Schiff versenkt!«
Obwohl sein Daumen schon blutig war, biss er sich erneut in die
Kuppe. Nur weil der verfluchte Kahn, der sie alle hätte reich machen sollen,
vor der ägäischen Küste untergegangen war, musste er sich jetzt vor den beiden
HosenscheiÃern rechtfertigen â er, der Graf von Tuskulum, vor seinen Brüdern,
die zu blöd waren, sich selber den Hintern abzuwischen! Ihm grauste schon vor
der Nacht und seinen Träumen. Was würde sein Vater zu dieser neuen Katastrophe
sagen?
»Am Anfang, ja, da wart ihr begeistert«, fauchte Gregorio. »Da habt
ihr schon die Dukaten klimpern hören. Aber jetzt, da die Sache schiefgegangen
ist, wollt ihr mir die Schuld in die Schuhe schieben! Aber das lasse ich mir
nicht gefallen!«
»Pfeffer!«, schnaubte Pietro verächtlich und kratzte an einem
Pickel. »Was für eine Schnapsidee! Wenn du uns wenigstens gefragt hättest.«
»Ich habe euch doch gefragt!«
»Hast du nicht!«
»Hab ich doch!«, brüllte Gregorio. »Bedankt euch bei Teofilo. Wenn
er den Peterspfennig nicht an Chiara di Sasso verschleudert hätte, wäre das
alles nie passiert! Teofilo hat uns in den Schlamassel geritten!«
»Ich habe gehört, sie will mit dem Geld ein Kloster gründen«, sagte
Ottaviano. »Mit unserem Geld!«
Pietro lieà seinen Pickel platzen. »Darf sie das überhaupt?«, fragte
er, während er nachdenklich den Eiter auf seiner Fingerspitze betrachtete.
»Was?«, wollte Gregorio wissen.
»Ein Kloster gründen«, erwiderte Pietro. »Ich meine, eine Frau mit
einem Kind â¦Â«
Verblüfft schaute Gregorio seinen Bruder an. Die Frage war gar nicht
so dumm ⦠Eine Frau mit einem Kind, vielleicht konnte die ja gar nicht so
einfach Nonne werden und ein Kloster gründen, nur weil es ihr gerade in dem
Kram passte â¦
War das die Lösung?
Bevor der Gedanke in ihm Gestalt annehmen konnte, unterbrach ein
Page das Gespräch, um einen Gast zu melden. Breitbeinig und in voller Montur,
betrat Bonifacio di Canossa, der mächtige Herrscher der Toskana, den Raum.
»Gott sei Dank, dass ich Euch antreffe«, erklärte er ohne BegrüÃung.
»Können wir unter vier Augen sprechen?«
»Sicher ⦠Warum?«, erwiderte Gregorio.
»Ich will Euch einen Vorschlag machen.«
»Das könnt Ihr auch, wenn wir dabei sind«, protestierte Ottaviano.
»Raus!«
»He, schnauz mich nicht so an!«
»Raus!«, wiederholte Gregorio. »Oder muss ich dich rausprügeln?«
Murrend wandte Ottaviano sich zur Tür, gefolgt von seinem Bruder
Pietro.
»Nun?«, fragte Gregorio seinen Gast, nachdem die beiden fort waren.
»Was ist Euer Vorschlag?«
»Ich biete Euch meine Unterstützung an«, erklärte Bonifacio.
»Unterstützung? Wozu?«
»Benedikt wieder auf die Cathedra zu setzen!«
»Wie bitte?«
»Ihr habt richtig gehört!«, bestätigte Bonifacio. »Ich will, dass
ein Römer Rom regiert, und kein verdammter Fremder!«
»Aber warum habt Ihr dann nicht verhindert, dass Bischof Suidger,
ein Sachse â¦Â«
»â¦Â Papst wurde?«, beendete Bonifacio den Satz. »Solange Heinrich mit
seinem Heer hier war, blieb mir nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen
Spiel zu machen. Aber jetzt ist die Zeit reif, dass wir dem Spuk ein Ende
bereiten.« Ohne Aufforderung nahm er einen Krug Wein und schenkte sich einen
Becher ein
Gregorio begriff. »Und darum wollt Ihr meinen Bruder â¦Â«
»Euer Bruder ist mir egal«, fiel Bonifacio ihm abermals ins Wort.
»Aber er ist ein Römer, und er war der Papst, bis Heinrich hier aufkreuzte. Es
gibt immer noch genug Leute in der Stadt, die bereit sind, ihn wieder
einzusetzen, dafür habe ich bereits gesorgt.« Dabei rieb er Daumen und Finger
seiner rechten Hand aneinander wie beim
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