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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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keinem
fremden Papst gehorchen zu müssen.
    Was war zu tun, um die Tuskulaner ein für alle Mal auszuschalten?
    Als Erstes musste Clemens in die Stadt zurück! Ein Papst, der so
unsichtbar für sein Volk war wie Gott, den er auf Erden zu vertreten hatte,
versündigte sich an seinem Amt. Wenn es Petrus gelang, den Papst aus seinem
Exil zu locken, war die erste und wichtigste Schlacht gewonnen. Alles Weitere
würde sich finden, sobald Clemens wieder auf der Cathedra saß.
    Ohne sich eine Ruhepause zu gönnen, beschloss Petrus da Silva,
gleich nach seiner Ankunft in Pesaro den säumigen Apostel aufzusuchen. Die
herbstliche Sonne hatte den Zenit bereits überschritten, die Patres und Fratres
hatten zu Mittag gespeist und sich in ihre Zellen zurückgezogen, als Petrus da
Silva den Trakt betrat, in dem sich laut Auskunft des Kustos die Privatgemächer
des Papstes befanden.
    Er hatte die Kammer fast erreicht, da kam ihm ein Mönch mit
schreckensblassem Gesicht entgegen.
    Â»Was ist?«, fragte Petrus. »Seid Ihr dem Teufel begegnet?«
    Statt Antwort zu geben, stammelte der Mönch wirres Zeug. »Der
Heilige Vater … Gott der Herr, er hat in seiner Güte beschlossen – nein, wie
ist es nur möglich …?«
    Während der Mönch ein Kreuzzeichen schlug, ahnte Petrus da Silva
Fürchterliches. Er schob den Mann beiseite und drang in das Schlafgemach des
Papstes ein.
    Â»Heilige Muttergottes!«
    Ein Blick genügte, und Petrus wusste, dass seine Reise vergebens
war. Das Schicksal, dem der Papst in Rom hatte entkommen wollen, hier hatte es
ihn ereilt. Clemens lag tot im Bett, das erstarrte Gesicht voll von
Erbrochenem.
    Â»Der Herr schenke deiner Seele Frieden«, flüsterte Petrus da Silva
und schloss ihm die Augen.
    Dann schaute er sich in dem kahlen und schmucklosen Raum um. Auf dem
Nachttisch stand eine angebrochene Karaffe Wein. Petrus da Silva benetzte einen
Finger und probierte: Bleizucker!
    Wie von der Tarantel gestochen, fuhr er zu dem jammernden Mönch
herum.
    Â»Wer hat als Letztes Seine Heiligkeit besucht?«
    6
    Â»Der Papst ist tot?«
    Â»Wie kann das sein?«
    Â»Der ist doch viel zu jung!«
    Â»Gerade vierzig Jahre!«
    Â»Und noch kein Jahr auf dem Thron!«
    Girardo di Sasso hatte schon an vielen Versammlungen der römischen
Edelleute teilgenommen, doch selten hatte dabei solche Aufregung geherrscht wie
an diesem Tag im Oktober des Jahres 1047. Die Nachricht vom Tod des Papstes
hatte sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen, sowohl in der Stadt als auch in
der Campagna. Jetzt standen alle Zeichen auf Krieg. Wieder einmal.
    Würde das niemals aufhören?
    Girardo di Sasso ließ seinen Kinnbart durch die Spitzen seiner
Finger gleiten. Er fühlte sich so müde und erschöpft, als hätte er seit Tagen
kein Auge zugemacht. Immer wieder hatte er versucht, die Römer zu versöhnen,
ihre Streitigkeiten zu schlichten und sie zu einen, um den Frieden in der Stadt
zu sichern. Sogar das Lebensglück seiner Tochter hatte er dafür geopfert. Doch
er war gescheitert, wieder und wieder und wieder. Wie ein Mann, der versucht,
mit einer Suppenkelle das Meer leer zu schöpfen.
    Â»Woran ist Seine Heiligkeit gestorben?«, wollte Severo wissen, der
Wortführer der Sabiner.
    Petrus da Silva, der die Sitzung leitete, zögerte nicht mit der
Antwort. »Papst Clemens wurde Opfer eines heimtückischen Anschlags«, erklärte
er mit fester Stimme.
    Ein Raunen ging durch den Saal.
    Â»Woher wollt Ihr das wissen?«
    Â»Ich habe selber den Wein probiert, den Seine Heiligkeit zuletzt
getrunken hat. Clemens wurde vergiftet. Mit Bleizucker.«
    Â»Bleizucker muss nichts bedeuten«, widersprach Severo. »Damit süßen
viele Leute ihren Wein, ich selber auch. Vielleicht hat sich nur sein
Mundschenk mit der Menge vertan.«
    Â»Glaubt Ihr das im Ernst?«
    Der Sabiner erwiderte den Blick des Kanzlers, dann schüttelte er den
Kopf. »Ihr habt Recht, das kann kein Zufall sein. – Habt Ihr eine Ahnung, wer
dahintersteckt?«
    Alle Augen waren auf Petrus da Silva gerichtet.
    Â»Ich bin nicht dabei gewesen«, sagte der Kanzler. »Doch hier ist ein
Mann, der alles bezeugen kann. Er soll an meiner Stelle reden.«
    Girardo di Sasso stellte sich auf die Zehenspitzen, um besser zu
sehen. An der Seite des Kanzlers erschien ein einfacher Mönch. Der Ausdruck in
seinem Gesicht war eine Mischung aus

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