Der Kinderpapst
waren zu
groÃ, um ohne Sühne zu bleiben.
»Worauf wartet Ihr?«, fragte der Papst.
»Ewige Heiligkeit.« Teofilo sank auf die Knie. »Bevor Ihr die
Verhandlung fortführt, möchte ich Euch um eine Gunst bitten.«
Der Papst runzelte die Stirn. »Nämlich?«
»Erlaubt mir, mit meinem Bruder zu sprechen. Jetzt gleich.«
»Wozu?«
»Das Leben eines unschuldigen Kindes ist in Gefahr.«
»Wir haben keine Ahnung, wovon Ihr redet. Erklärt Euch.«
Teofilo zögerte. Vielleicht gab es einen Spion im Saal, und wenn
Gregorio erfuhr, dass auch sein letztes Verbrechen aufgedeckt war ⦠Er hatte
gedroht, Chiaras Kind mit in den Tod zu nehmen, und er hatte nichts mehr zu
verlieren.
»Darüber kann ich nicht sprechen«, sagte Teofilo. »Ich kann Euch nur
bitten, mir zu vertrauen. Lasst mich an Händen und FüÃen fesseln, ich werde
keinen Versuch machen, mich Eurer Gewalt zu entziehen. Nur lasst mich zu meinem
Bruder! Sobald ich mit ihm gesprochen habe, soll man mich hierher
zurückbringen, damit Ihr Euer Urteil über mich fällt.«
»Was für ein Urteil?« Leo schüttelte den Kopf. »Wir sagten schon
einmal, es ist nicht unsere Absicht, über Euch zu richten. Ãber Euch wurde
bereits zu Gericht gesessen, und kein Mann soll für eine Tat zweimal verurteilt
werden. Auch wenn Ihr dasselbe Schicksal verdient wie Euer Bruder â Ihr könnt
gehen, wohin Ihr wollt, und tun, was Euch beliebt.«
Ungläubig schaute Teofilo ihn an. »Wollt Ihr ⦠wollt Ihr damit
sagen, ich bin â frei?«
»Ja«, bestätigte Leo, »frei vor diesem Gericht. Wie aber jenes
Gericht über Euch urteilt, vor dem Ihr Euch nach Eurem Tod verantworten müsst,
das weià Gott allein. â Und jetzt tretet uns aus den Augen! Wir können Euren
Anblick nicht länger ertragen!«
Mit angewidertem Gesicht bedeutete er ihm, sich zu entfernen.
Teofilo gehorchte. Und während er sich zur Tür wandte, um den Saal
zu verlassen, verstummte das Tuscheln, und die Kardinäle und Edelleute wichen
links und rechts vor ihm zurück wie vor einem Ungeheuer.
24
»Nicchino ⦠mein süÃer kleiner Nicchino ⦠Mein Engel ⦠mein
Herz ⦠mein allerliebster Schatz â¦Â«
Chiara fand keine Worte, um das Glück auszudrücken, das sie empfand.
Aber wozu brauchte man Worte, wenn man glücklich war? Ihr Vater hatte es
geschafft! Er hatte Nicchino zurückgebracht! Immer wieder streichelte sie den
lockigen Flaum auf seinem Köpfchen, küsste sein kleines, rosiges Gesicht, die
Stirn, das Näschen, die Wangen, und drückte ihn an sich, während Nicchino auf
ihrem Arm schlummerte, als ginge ihn das alles gar nichts an. Versunken in
Träume, in denen Milch und Honig flossen, saugte er nur ab und zu mit seinem
Mündchen.
»Ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich war, als ich ihn sah«,
sagte Girardo. »Ich habe vor Freude geweint.«
»Ach Vater, dass Ihr das für mich getan habt. Dafür werde ich Euch
immer dankbar sein!«
»Unsinn! Du bist doch meine Tochter, und Nicchino ist mein
Enkelsohn.«
Chiara gab ihm noch einen Kuss. »Wenn ich mir vorstelle â mein
kleiner süÃer Engel in einem Hurenhaus.«
»Mach dir keine Sorgen«, lächelte ihr Vater. »Die Mädchen haben
rührend für ihn gesorgt. Als ich kam, kümmerten sich fünf von ihnen
gleichzeitig um ihn. Die eine gab ihm Milch, die andere fütterte ihn mit Brei,
und alle wollten mit ihm spielen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie Nicchino
das genossen hat. Aufrecht saà er in seinem Körbchen, wie ein kleiner Prinz,
und gab Befehle. Da â da â da, hat er immer gemacht und mit dem Finger gezeigt.
Da â da â da â¦Â«
Chiara beugte sich über ihr Söhnchen und schnupperte. Das Bündel, in
dem er verpackt war, duftete wie eine Frühlingswiese.
»Na, glaubst du mir jetzt?«
Auf dem Platz wimmelte es von Arbeitern, die das Schafott errichteten,
für die Vollstreckung des päpstlichen Urteils, und auch die Krämer und
Schausteller bauten schon ihre Buden auf.
»Da â da â da â¦Â«
Von dem Hämmern und Sägen war Nicchino aufgewacht und schaute Chiara
aus seinen braunen Knopfaugen an.
»Na, erkennst du mich, mein kleiner Prinz?« Sie küsste seine Stirn,
sein Stupsnäschen, seinen süÃen kleinen Mund.
Da
Weitere Kostenlose Bücher