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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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leistete und Gregorio hingerichtet würde, würde
dieser sein Geheimnis mit ins Grab nehmen.
    Bevor sie einen Entschluss fassen konnte, trat sie vor den Richtertisch.
Jetzt konnte nur Gott ihr noch helfen, er musste ihr die richtige Antwort
eingeben.
    Als würde eine Fremde an ihrer Stelle sprechen, hörte sie ihre
eigene Stimme.
    Â»Nein, Heiliger Vater. Ich kann den Eid, den Ihr von mir verlangt,
nicht leisten.«
    20
    Ihre Worte waren noch nicht verklungen, da brach ein Tohuwabohu
aus. Alles rief und gestikulierte durcheinander. Die Kardinäle bekreuzigten
sich, und die Edelleute reckten der Zeugin die geballten Fäuste entgegen.
    Â»Lügnerin!«
    Severo stürzte sich auf sie und wollte ihr an die Gurgel. Drei
Büttel waren nötig, um ihn zurückzuhalten.
    Â»Ruhe! RUUUU-HE !« Leo musste brüllen, um
die Ordnung wiederherzustellen. »Die Untersuchung ist abgeschlossen«, erklärte
er, als der Lärm endlich verstummte. »Wir verkünden jetzt das Urteil.«
    Plötzlich war es leichenstill im Saal. Gregorio schloss die Augen
und hoffte auf ein Wunder.
    Â»Nach eingehender Untersuchung sind wir zu folgendem Schluss
gekommen«, sagte Leo. »Da die Zeugin Chiara di Sasso nicht bereit ist, ihre
Aussage zu beeiden, kann die Anklage gegen Gregorio di Tusculo nicht bewiesen
werden. Der Angeklagte wird darum von dem Vorwurf, seinen Vater Alberico di
Tusculo ermordet zu haben, freigesprochen.«
    Â»Ja! Ja! Ja!«
    Gregorio sprang auf und riss die Arme in die Höhe. Er hatte es
gewusst! Teofilo würde ihn retten …
    Â»Danke! Danke! Danke!« Ohne sich um das Gericht zu kümmern, umarmte
er seinen Bruder und drückte ihn an sich. »Mein kleiner Hosenscheißer. Du … du
kannst alles von mir verlangen«, stammelte er unter Tränen. »Alles, was du
willst. Ganz egal, ich werde es tun. Das schwöre ich dir! Bei der Seele unseres
Vaters!«
    Da fiel sein Blick auf Petrus da Silva, und in seine Erleichterung
mischte sich ein wunderbares Triumphgefühl. Was für ein Sieg! Der Kanzler hatte
sich eingebildet, ihn vernichten zu können – ihn, den Grafen von Tuskulum. Doch
er hatte sich getäuscht, hatte ihn unterschätzt, wie so viele Menschen ihn
unterschätzt hatten …
    Â»Ruhe! RUUUU-HE !« Noch einmal schlug Leo
mit dem Ende seines Stabes auf. »Das Urteil ist noch nicht verkündet.«
    Irritiert ließ Gregorio von seinem Bruder ab. Was kam jetzt noch?
    Als der Blick des Papstes ihn traf, war es, als blicke Gottvater auf
ihn herab.
    Â»Graf von Tuskulum«, richtete Leo das Wort an ihn. »Auch wenn wir
Euch vom Mord an Eurem Vater freisprechen, seid Ihr doch nicht frei von
Schuld.«
    Â»Aber … Ihr habt mich doch gerade freige…«
    Â»Schweigt und vernehmt Euer Urteil!«, schnitt der Papst ihm das Wort
ab. »Es ist zweifelsfrei erwiesen, dass Ihr versucht habt, Euren Bruder Teofilo
di Tusculo zu töten, den damaligen Papst Benedikt IX ,
meinen Vorgänger auf dem Stuhl Petri. Allein die Sonnenfinsternis hat Euch
daran gehindert, Euer Vorhaben in die Tat umzusetzen. Darum befinden wir Euch
schuldig, gegen das fünfte Gebot gesündigt zu haben.«
    Leo hielt in seiner Rede inne und hob seinen Stab mit beiden Händen
in die Höhe. Gregorio zitterte am ganzen Leib.
    Â»Vor dem himmlischen Richter«, fuhr Leo fort, »zählt nicht allein
die Tat, sondern mehr noch die Absicht, die jeder Tat zugrunde liegt. Sie
entscheidet über Schuld und Unschuld vor Gott. Darum verurteilen wir Euch,
Gregorio di Tusculo, für Euren Verrat an Eurem Bruder zum Tod durch den
Strang.«
    Während er sprach, brach er seinen Stab in zwei Teile und warf die
Stücke Gregorio vor die Füße, zum Zeichen, dass das letzte Wort über ihn
gesprochen war.
    21
    Â»Rührt mich nicht an!«, rief Gregorio. »Wagt nicht, mich anzurühren!«
    Unfähig, zu begreifen, was geschah, sah Chiara, wie ein halbes
Dutzend Soldaten unter dem Kommando eines Hauptmanns Gregorio in die Mitte
nahm, um ihn hinauszuschaffen.
    Â»Ich bin unschuldig! UNSCHULDIG !«
    Die Soldaten achteten nicht auf seine Beteuerungen. Während vier Männer
ihn an Armen und Beinen packten, schlangen zwei andere Stricke um seinen Leib
und banden ihm die Hände auf den Rücken.
    Â»Lasst mich los! Das ist ein Befehl! Ich bin der Graf von Tuskulum!
Der Kommandant des Stadtregiments!«
    Der Hauptmann warf einen

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