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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Papst Gehör schenken würde.
    Â»Pssss«, machte er.
    Â»Pater noster in coeli …« , flüsterte
Petrus da Silva und klopfte sich an die Brust.
    Â»Pssss, Eminenz! Ich muss mit Euch sprechen.«
    Endlich blickte der Kanzler auf. »Ihr solltet Euch lieber mit Gott
versöhnen«, erwiderte er. »Viel Zeit bleibt Euch nicht mehr.«
    Â»Ich will mich ja mit Gott versöhnen«, sagte Gregorio. »Aber dafür
brauche ich Eure Hilfe.«
    Â»Wollt Ihr, dass ich Euch die Beichte abnehme?«
    Â»Später, Eminenz. Erst will ich Euch ein Geschäft vorschlagen.«
    Â»Ihr entblödet Euch, in dieser Stunde von Geschäften zu sprechen?«
    Â»Bitte, hört mich an. Mein Vorschlag ist zum Wohl der Kirche.«
    Petrus da Silva unterbrach sein Gebet. »Redet!«, befahl er.
    Die beiden Wächter, die am Ende des Zellenganges miteinander Würfel
spielten, drehten neugierig die Köpfe zu ihnen herum.
    Â»Nicht so laut«, sagte Gregorio. »Es braucht uns niemand zu hören.«
    Er trat an das Gitter seiner Zelle und forderte mit einem Wink den
Kanzler auf, dasselbe zu tun. Sein Mund war ganz ausgetrocknet, und seine
Stimme brach immer wieder, während er dem Kanzler sein Anliegen vortrug. Petrus
da Silva war seine letzte Hoffnung, wenn der ihm nicht half, wusste er keinen
Ausweg mehr.
    Schweigend hörte der Kanzler ihm zu. Dann rief er einen der Wärter
zu sich.
    Â»Bring mir Schreibzeug.«
    Der Mann zögerte kurz, dann brachte er einen Bogen Pergament und
eine Gänsefeder. Petrus da Silva notierte ein paar Worte, faltete den Bogen und
gab ihn dem Wärter.
    Â»Eine Botschaft für den Heiligen Vater. Aber rasch, es eilt!«
    Kaum war der Wärter verschwunden, wurden Schritte laut. Der
Kerkermeister rasselte mit seinen Schlüsseln, ein Dutzend Diakone huschten über
den Gang, gefolgt von mehreren Priestern. Und schließlich erschien Seine
Heiligkeit, Papst Leo IX ., in eigener Person.
    Â»Ihr habt nach uns verlangt?«
    Petrus da Silva sank zu Boden. »Ja, Ewige Heiligkeit.«
    Â»Was ist Euer Begehren?«
    Â»Ich möchte meiner Kirche einen letzten Dienst erweisen.«
    Der Kanzler wechselte ein paar Worte mit dem Papst, doch so leise,
dass Gregorio nichts verstand. Vor Anspannung hielt er den Atem an. Würde Leo
seinem Vorschlag Gehör schenken? Während Petrus da Silva redete, zog sich das
Gesicht des Papstes immer mehr in Falten. Dann nickte er mit dem Kopf.
    Â»Ihr habt recht getan, uns rufen zu lassen. Habt Ihr einen letzten
Wunsch, den wir Euch erfüllen können? Als Dank für Euren Dienst?«
    Â»Ich habe keinen Dank verdient, Heiliger Vater«, erwiderte Petrus da
Silva. »Doch wenn ich einen Wunsch äußern darf, möchte ich Eure Heiligkeit
bitten, mir einen Barbier zu schicken.«
    Â»Wozu? Wollt Ihr Euch das Haar schneiden lassen?«
    Â»Nein, Heiliger Vater. Ein eitriger Zahn, der mich plagt. Ich wäre
dankbar, wenn ich ohne ihn aus dem Leben scheiden dürfte. Um frei von irdischem
Schmerz die ewigen Strafen zu empfangen.«
    Â»Und wir glaubten schon, Ihr wäret noch eitler, als man Euch
nachsagt.« Leo dachte einen Moment nach. »An Eurem Wunsch ist nichts
auszusetzen, er soll Euch erfüllt werden«, entschied er. Dann wandte er sich an
den Kerkermeister und zeigte auf Gregorios Zelle. »Aufsperren!«
    Als die Gittertür sich öffnete, sank Gregorio auf die Knie. War sein
Plan aufgegangen? Er wollte den Pantoffel des Heiligen Vaters küssen, doch
statt die Huldigung entgegenzunehmen, trat Leo mit dem Fuß nach ihm wie nach
einem Straßenköter.
    Â»Durchsucht die Zelle!«, befahl er. »Und wenn ihr nichts findet,
zieht ihn nackt aus.«
    Bevor Gregorio begriff, drang ein Dutzend Diakone in sein Verlies.
Sie wirbelten das Stroh durcheinander, klopften den Felsen nach Hohlräumen ab,
und als sie nichts entdeckten, rissen sie ihm die Kleider vom Leib.
    Sie brauchten nicht länger als ein Ave Maria, bis sie fündig wurden.
    Â»Ist es das, Ewige Heiligkeit?«
    Ein junger Geistlicher reichte dem Papst einen Wachstuchumschlag.
    Â»Gebt her.«
    Nackt bis auf die leinene Unterhose, griff Gregorio nach seinen
Kleidern, um seine besudelte Blöße zu bedecken. Aber Leo achtete gar nicht auf
ihn. Ungeduldig öffnete er das Wachstuch und holte daraus die Urkunde hervor,
die ihrem Besitzer die jährliche Auszahlung des englischen

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