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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Blick auf den Papst. Der machte nur eine
Handbewegung.
    Â»Bringt ihn in die Engelsburg!«
    Â»Nein, Ewige Heiligkeit!« Gregorio sank auf die Knie. »Ich bin
unschuldig! Glaubt mir! Mein Bruder hat gelogen! Das Geständnis ist eine
Fälschung!«
    Â»In die Engelsburg!«, wiederholte Leo.
    Die Soldaten zwangen Gregorio in die Höhe. Er wehrte sich, pumpte
sich auf, als wollte er die Fesseln sprengen, trat mit den Füßen und brüllte.
    Â»Teofilo, was stehst du da und glotzt! Hilf mir! Du bist mein
Bruder! Verflucht noch mal, du musst mir helfen! Sag, dass du gelogen hast!
Sag, dass ich unschuldig bin!«
    Der Hauptmann stieß hinter dem päpstlichen Thron eine Tür auf. In
der Öffnung gähnte ein großes, schwarzes Loch.
    In diesem Moment erwachte Chiara aus dem Albtraum.
    Â»Halt!« Sie hatte so laut geschrieen, dass die Soldaten stehen
blieben. »Wartet! Ihr dürft ihn nicht fortbringen!«
    Bevor jemand sie daran hindern konnte, stürzte sie sich auf Gregorio.
    Â»Wo habt Ihr mein Kind? Sagt, wo habt Ihr meinen Sohn versteckt?«
    Er antwortete nicht. Mit leeren, verständnislosen Augen schaute er
sie an.
    Â»Mein Kind«, flüsterte Chiara, »Bitte, ich flehe Euch an! Wo ist
mein Sohn?«
    Während sie sprach, wich die Leere aus seinem Blick, und in seine
Augen trat wieder Leben.
    Begriff er endlich, was sie wollte?
    Â»Einen Teufel werde ich tun«, sagte er mit einem bösen Lächeln.
»Wenn ich zur Hölle fahre, nehme ich Euern Balg mit!«
    Noch während er sprach, packten ihn die Soldaten, und Gregorio
verschwand in dem dunklen, schwarzen Loch.
    Mit lautem Knall schlug die Tür hinter ihm zu.
    Â»Chiara di Sasso!«, rief Petrus da Silva. »Verlasst jetzt den Saal.
Seine Heiligkeit will das Gericht ordentlich beenden.«
    Statt zu gehorchen, eilte Chiara den Soldaten nach. Sie musste mit Gregorio sprechen. Musste, musste, musste!
    Als sie die Tür erreichte, war das Schloss zugesperrt.
    Â»Macht auf! Um Himmels willen! Bitte! Macht auf!«
    Sie klopfte mit den Fäusten an der Füllung, rüttelte am Riegel. Aber
die Tür blieb verschlossen.
    Ein Diakon trat zu ihr. »Bitte, verlasst jetzt den Saal! Bitte, Euer
Gnaden.«
    Er nahm sie am Arm und führte sie fort. Dutzende von Männern
blickten sie an, Papst Leo, Petrus da Silva, Kardinäle und Edelleute, eine
abweisende, feindliche Front von Gesichtern. Und an ihrem Ende Teofilo. Der
Mann, der sie verraten hatte. Immer wieder. Ihr Leben lang …
    Plötzlich verließ sie jede Kraft und Zuversicht. Sie hatte alles
falsch gemacht, was sie nur falsch machen konnte.
    Â»Am besten, Ihr geht jetzt nach Hause«, sagte der Diakon.
    Er öffnete das Tor und schob sie ins Freie. Chiara ließ es geschehen.
Müde wie eine alte Frau trat sie in den Hof.
    Draußen empfing sie heller Sonnenschein. Das Licht blendete so sehr,
dass sie kaum etwas sah.
    Â»Chiara …«
    Als sie die vertraute Stimme hörte, hielt sie die Hand über die
Augen, um gegen die Sonne besser zu sehen.
    Â»Vater?«
    22
    Â»Gelobt sei Gott der Herr!«
    Nachdem die Soldaten den Verurteilten aus dem Saal geschafft hatten,
verspürte Petrus da Silva eine Wonne von so wunderbarer Süße, dass sie von seinem
ganzen Sein Besitz ergriff. Die Macht der Tuskulaner war gebrochen! Der Heilige
Geist hatte die Kirche zum Sieg geführt! Konnte es größere Freude auf Erden
geben?
    Gott sei Lob und Dank! Leo hatte Wort gehalten und den Augiasstall
ausgemistet, und niemand hatte es gewagt, sich ihm in den Weg zu stellen. Nur
das Verhalten der Zeugin war Petrus ein Rätsel. Warum hatte Chiara di Sasso
sich geweigert, einen Eid auf ihre Aussage zu schwören? Und was bedeuteten die
seltsamen Fragen nach ihrem Sohn? Hatte Gregorio di Tusculo etwa ihr Kind entführt?
    Petrus beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen. Den Tuskulanern
war jedes Verbrechen zuzutrauen, und falls seine Vermutung zutraf, brauchte
Chiara di Sasso jetzt Hilfe. Obwohl diese Frau ihm so oft das Leben schwer
gemacht hatte, war er bereit, ihr diese Hilfe zu geben.
    Während die Kardinäle und Edelleute wieder ihre Plätze einnahmen, um
der Aufhebung des Gerichts beizuwohnen, kniete Petrus vor Leos Thron nieder.
    Â»Wenn Ewige Heiligkeit erlauben …«
    Â»Wir haben die Sitzung noch nicht beendet.«
    Â»Verzeiht, Ewige Heiligkeit, eine Angelegenheit, die keinen

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