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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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würde.
    Â»Eine Fünf! Jetzt geht es aber in Riesenschritten voran!«
    Chiara hatte gar nicht gemerkt, dass sie schon wieder gewürfelt
hatte. Die fünf Sinne: Hören, sehen, riechen, schmecken … Und fühlen … Wenn sie
wenigstens ein Kind bekommen würde, vielleicht würde dann alles richtig und gut … Sie warf einen Blick auf das Spielbrett und erschrak: Der Sieg war ihr nicht
mehr zu nehmen. Alle Steine waren gesetzt, sie hatte freie Wahl, welchen sie
ziehen wollte, und der erste ihrer Steine war genau fünf Felder vom Ziel
entfernt … Verstohlen hob sie den Blick. Konnte sie ihren Sieg noch verhindern,
indem sie einen falschen Stein nahm, ohne dass Domenico es merkte? Nein, als
sie sein Lächeln sah, begriff sie, dass sie den Zeitpunkt verpasst hatte, um
ihren Mann noch einmal gewinnen zu lassen.
    Â»Ich gebe mich geschlagen, Ihr habt mich besiegt.« Mit einem
Seufzer, der seine ganze Liebe ausdrückte, stand Domenico vom Spieltisch auf
und reichte ihr die Hand. »Komm, mein Schatz, gehen wir ins Bett.«
    2
    Â»Verbum incarnatum« , rief Kardinal
Pisano, der Zeremonienmeister des Lateranpalasts. »Das Fleisch gewordene Wort,
Seine Heiligkeit Papst Benedikt, der neunte dieses Namens!«
    Mit einer einfachen Mönchskutte bekleidet, betrat Teofilo den Saal,
in dem das Konsistorium tagte, die Versammlung der sieben suburbikarischen
Bischöfe Roms, die ihn beriet und alle wichtigen Entscheidungen traf, die er im
Namen Gottes und der heiligen katholischen Kirche treffen musste. Dutzende von
Malen hatte er dieser Versammlung schon vorgesessen, hatte auf Vorschlag seines
Kanzlers Pietro da Silva Kardinäle ernannt und ihnen Biretts auf die Köpfe
gesetzt, ohne sich an den Beratungen selber zu beteiligen, da diese meist
Fragen betrafen, die er nicht begriff und die fast immer in ein Geschacher um
Gelder oder Ämter mündeten. Heute aber, so hatte er beschlossen, würde er nicht
nur irgendwelche Rituale erfüllen, die man ihm vorgab, heute würde er von sich
aus das Wort ergreifen, zum ersten Mal, um endlich von seinem Amt jenen
Gebrauch zu machen, den Gott von ihm verlangte.
    Während er den Saal durchschritt, sah er die irritierten Gesichter
der Greise. Offenbar nahmen sie Anstoß an seinem schlichten Gewand, das er für
diese Sitzung gewählt hatte, als würden sie ahnen, dass er mit der sackleinenen
Kutte bereits ein Zeichen setzen wollte. Obwohl er sich vorgenommen hatte, sich
nicht einschüchtern zu lassen, fühlte er sich angesichts der vielen purpurfarbenen
Roben wie Moses, der sein Volk Israel durch die Fluten des Roten Meeres führen
sollte, und die Zuversicht, mit der er diesen Tag begonnen hatte, schwand
dahin, zusammen mit seinem Mut.
    Würde das Meer ihn verschlingen?
    Drei Jahre lang hatte er geschwiegen, verunsichert von den alten,
mächtigen Männern, die nicht den Willen Gottes betrieben, sondern die
Interessen ihrer Familien, verunsichert aber auch von seiner eigenen
Ungewissheit, warum und wozu die Vorsehung ihn in dieses Amt gehoben hatte.
Ohne Fragen zu stellen, hatte er darum Ja und Amen zu den Beschlüssen der Versammlung
gesagt und sie mit seiner Unterschrift besiegelt. Seit dem letzten Pfingstfest
jedoch glaubte er zu wissen, was seine Bestimmung war, und es wäre eine schwere
Sünde, mit diesem Wissen weiter zu schweigen.
    Nur – war seine Kraft so groß wie sein Wille, um seine Bestimmung zu
erfüllen?
    Während Teofilo auf seinem gold gestrichenen Thron Platz nahm,
spürte er die geschnitzten Verzierungen der Armlehnen, die runden, glatt
polierten Knaufabschlüsse unter seinen Händen, die weich gepolsterte
Sitzfläche, in der er zu versinken drohte, die steile Rückenlehne, die ihn
trotz der schwellenden Kissen zu einer aufrechten Haltung zwang. Er hasste
diesen Stuhl, auf den man ihn gesetzt hatte, vom ersten Tage an, weil er für
ihn sein ganzes Glück geopfert hatte. Chiara … Kein Tag verging, an dem er
nicht an sie dachte. Und keine Nacht, da er nicht ihr Bild vor sich sah und
sich nach ihr verzehrte, in geheimer, schmerzlicher Lust.
    Â»Das Konsistorium ist vollständig versammelt«, sagte Kardinal
Pisano. »Wir bitten Eure Heiligkeit, die Sitzung zu eröffnen und sodann Bischof
Settembrini die Kardinalswürde durch die Verleihung des Biretts …«
    Â»Später!«, unterbrach ihn Teofilo.
    Â»Später?« Pisano ruckte mit dem Kopf,

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