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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Liebe, mit der er sie umhegte.
    Als würde er spüren, was in ihr vorging, ließ er sie los.
    Â»Hab keine Angst«, sagte er leise. »Ich werde dich nicht drängen. Ich
werde auf dich warten.«
    Bevor sie ihm antworten konnte, verließ er ihre Kammer. Sie hob das
Kopftuch auf, das zu Boden gefallen war, und während sie wieder ihr Haar
bedeckte, spürte sie, wie ihr die Tränen kamen. Warum konnte sie ihren Mann
nicht so lieben, wie er sie liebte? Er war doch der beste Mann, den eine Frau
sich nur wünschen konnte!
    War sie ein schlechter Mensch?
    12
    Teofilo stand auf dem Balkon des päpstlichen Palastes, um dem
Kaiser zum Abschied die Ehre zu erweisen. Soweit das Auge reichte, quollen die
Straßen und Gassen über von Konrads Fußvolk und Reitern, dem riesigen,
tausendköpfigen Heer, mit dem er nach Apulien aufbrach, um in Salerno einen
Aufstand niederzuschlagen, den dort ein unzufriedener Bruder des regierenden
Fürsten angezettelt hatte. Teofilo konnte es gar nicht erwarten, dass der kaiserliche
Tross sich endlich in Marsch setzte. Gleich nach seiner Rückkehr aus dem Süden,
so hatte Konrad ihm versprochen, würde er die Synode einberufen, die nötig war,
um die Priester der katholischen Kirche, einschließlich des Papstes, von ihrem
Gelübde der Ehelosigkeit zu entbinden.
    Warum hatte Chiara noch nicht auf seinen Brief geantwortet?
    Endlich stieg Konrad in den Sattel seines Rappen und gab seinem Heer
das Zeichen zum Aufbruch. Teofilo nickte noch einmal seinem neuen Verbündeten
zu, dann verließ er den Balkon und kehrte in seine Privatgemächer zurück.
    Dort wurde er von seiner Mutter erwartet.
    Â»Du kannst den Zölibat nicht aufheben!«, erklärte sie.
    Â»Ich … ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht«, erwiderte Teofilo.
    Â»Lüg mich nicht an!« Mit besorgter Miene tätschelte sie seine Wange.
»Oh, du dummer Junge. Hast du etwa geglaubt, so etwas bleibt geheim?«
    Â»Aber …«
    Â»Nichts aber! Hast du das sechste Gebot vergessen? Du sollst nicht ehebrechen! «
    Â»Welche Ehe meint Ihr? Ich bin nicht verheiratet.«
    Â»Und Chiara di Sasso? Ist die auch nicht verheiratet? Du verstößt
nicht nur gegen das sechste, sondern auch gegen das neunte Gebot: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib! « Sie fasste
ihn bei den Schultern. »Willst du dich um dein Seelenheil bringen? Für immer in
der Hölle büßen? Wegen eines Frauenzimmers? Du bist der Papst!«
    Â»Ich habe dieses Amt nie gewollt!«
    Â»Du nicht – aber Gott! Und er wird dich strafen, wenn du dich ihm
widersetzt und dich mit diesem Weib versündigst.«
    Seine Mutter sprach mit solcher Entschiedenheit, dass Teofilo
verstummte. Es hatte keinen Sinn zu leugnen – sie wusste Bescheid. Während er
versuchte, ihrem Blick standzuhalten, ließ sie seine Schulter los und fasste
sich an die Brust, das Gesicht von Schmerzen verzerrt.
    Â»Was hab Ihr? Ist Euch nicht gut?«
    Teofilo wusste, seine Mutter hatte ein schwaches Herz. Jede
Aufregung war Gift für sie, und nichts regte sie mehr auf als die Sorge um ihn.
Plötzlich wurde er gewahr, wie alt sie schon war, sah ihr schütteres, graues
Haar, den welken Mund, die zerknitterte Haut – Spuren eines langen, mühevollen
Lebens, in dem sie sich für ihn verzehrt hatte.
    Â»Siehst du endlich ein, dass ich Recht habe?«, fragte sie leise.
    Teofilo wollte sie in den Arm nehmen, sie an sich drücken und
küssen. Doch stattdessen schüttelte er den Kopf.
    Â»Mein Entschluss steht fest«, sagte er. »Chiara ist mir wichtiger
als jedes Gesetz und jedes Gebot.«
    Â»Hat dich dieses Weib verhext?« Seine Mutter nahm seinen Kopf
zwischen die Hände, wie sie es früher getan hatte, wenn sie ihm ins Gewissen
sprach. »Begreif doch, mein Junge! Den Zölibat kannst du vielleicht mit Konrads
Hilfe aufheben, aber nicht Chiaras Ehe!«
    Â»Ihr irrt Euch.« Teofilo fasste ihre Handgelenke, um sich von ihr zu
befreien. »Ich habe die Kirchenväter studiert. Um eine Ehe aufzuheben, muss nur
festgestellt werden, dass sie nicht vollzogen wurde.«
    Â»Aber das ist eine Lüge! Diese Ehe wurde vollzogen! Jedermann in Rom weiß, dass Chiara di Sasso …«
    Â»Eine Fehlgeburt!«, fiel Teofilo ihr ins Wort. »Außerdem – woher
wollt Ihr eigentlich wissen, dass Domenico der Vater des Kindes war?«
    13
    Der

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