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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Petrus da Silva an
der Soutane. »Wenn Ihr es wagt, Euch meinen Anordnungen zu widersetzen, wird
der Konsul von Rom und mit ihm das Stadtregiment dafür sorgen, dass mein Wille
geschieht. Habt Ihr mich verstanden?« Sie standen Gesicht an Gesicht, so nah,
dass Teofilo den fauligen Atem des Kanzlers roch. »Bestellt in meinem Namen ein
Kirchengericht«, sagte er und ließ Petrus da Silva los. »Sobald ich aus Neapel
zurück bin, soll Chiaras Ehe aufgelöst werden. Diese Ehe wurde nie vollzogen.«
    Â»Und das Kind, das sie tot zur Welt gebracht hat?«
    Teofilo zuckte mit den Schultern. »Das hat nicht Domenico gezeugt,
sondern … sondern – ich selbst bin der Vater.«
    Â»Bist du vollkommen verrückt geworden?« Seine Mutter war entsetzt.
»Wie viele Sünden willst du noch auf dich laden für dieses Weib?« Sie fasste
ihn an den Schultern und schüttelte ihn. »Noch nie hat ein Papst sich so an
seinem Amt vergangen wie du. Ich flehe dich an, mein Junge, Gott wird dich
fürchterlich …« Mitten im Satz verstummte sie und griff an ihre Brust.
    Â»Was … was habt Ihr?«, fragte Teofilo.
    Â»Es ist schon gut …« Seine Mutter setzte sich auf einen Stuhl. »Es
ist gleich vorbei.«
    Â»Euer Herz? Dann solltet Ihr Euch hinlegen. Oder …« Ein böser
Gedanke kam ihm, als er ihr verzerrtes Gesicht sah. »Oder wollt Ihr mich
erpressen? Dann sage ich Euch eins: Und wenn ich selber daran verrecke – ich
werde Chiara di Sasso heiraten!«
    Bei seinen Worten wurde ihr Gesicht zur Grimasse. Teofilo wandte den
Kopf ab.
    Nein, es gab kein Zurück! Zum ersten Mal hatte er sein Schicksal in
die Hand genommen, und er war nicht bereit, es so kurz vor dem Ziel wieder
loszulassen.
    Ein Diener öffnete die Tür.
    Â»Was fällt dir ein, hier hereinzuplatzen?«
    Bevor der Diener antworten konnte, betrat Gregorio den Raum,
verschwitzt und verdreckt. Offenbar war er gerade erst vom Pferd gestiegen.
    Â»Ewige Heiligkeit!«
    Â»Was – du bist schon wieder zurück?«
    Â»Der Kaiser hat Apulien verlassen.«
    Â»So schnell? Hat er den Aufstand niedergeschlagen?« Plötzlich
überkam Teofilo eine unheilvolle Ahnung. »Oder … oder ist etwas passiert?«
    Â»Das Sumpffieber«, erwiderte Gregorio. »Es hat in Konrads Heer
schlimmer gewütet als der Feind, seine Männer sind gestorben wie die Fliegen.«
Er machte eine Pause. Dann sagte er: »Der Kaiser ist mit dem Rest seiner Armee
Hals über Kopf geflohen. Er hat Apulien auf einem Schiff verlassen. In Richtung
Frankreich.«
    Als er zu Ende gesprochen hatte, war es so still, dass man von
draußen die Rufe der Straßenhändler hören konnte.
    Â»Und die Synode?«, fragte Teofilo.
    Gregorio schüttelte den Kopf. »Konrad reist über Marseille nach
Hause, ohne noch mal nach Italien zurückzukehren. Er glaubt, das Fieber war ein
Zeichen, eine Warnung. Er hat die Synode abgesagt.«
    Teofilo spürte, wie etwas in ihm zusammenbrach, ganz leise und ohne
dass es schmerzte, ein paar Risse nur in seiner Seele, die aber lautlos alles
zum Einsturz brachten, was schön und groß und gut in ihm war.
    Â»Gelobt sei Jesus Christus!«, sagte seine Mutter und schlug das
Kreuzzeichen.
    Â»In Ewigkeit, Amen!«, fügte Petrus da Silva hinzu.
    18
    Â»Hört ihr nicht das Zischeln der Schlange?«, fragte Don
Abbondio von der Kanzel der Dorfkirche herab. »Sie lauert überall. Nicht nur in
den Höhlen des Lasters, in den Weinschenken und Hurenhäusern, nein, auch in
unseren Herzen …«
    Chiara stand in der ersten Reihe des kleinen Gotteshauses, doch in
Gedanken war sie so weit fort, dass sie von der Predigt kaum ein Wort mitbekam.
Domenico war früh am Morgen in die Stadt aufgebrochen, zusammen mit ihrem Vater – wegen irgendeines Geschäfts, das die zwei erledigen wollten. Ihr Mann hatte
ihr erzählt, worum es bei dem Geschäft ging, aber sie hatte das meiste schon
wieder vergessen. Wie sie fast alles in letzter Zeit vergaß. Seit sie Teofilos
Brief gelesen hatte, war sie zu keinem vernünftigen Gedanken mehr fähig. Sie
konnte nur noch an die wunderbaren Worte denken, die er ihr geschrieben hatte.
    Â»Don Abbondio muss es ja wissen«, flüsterte Anna mit einem Grinsen.
»Seine Magd hat fünf Bälger, und alle stammen vom lieben Gott …«
    Ach ja, die vielen Kinder im Pfarrhaus

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