Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Kindersammler

Titel: Der Kindersammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
Vom Netzwerk:
verstanden. » Nun mach mir doch kein schlechtes Gewissen! Lass mir doch diesen einen kleinen Freiraum! «
    » Manchmal schon. Okay. Aber nicht andauernd. Nicht dreimal in der Woche oder mehr. Hast du dir mal ü berlegt, was uns deine Sauferei kostet? «
    Marianne konnte sehen, dass Peter nachdenklich geworden war. Nach einer Pause sagte er: » Gut. Einmal die Woche. Aber dieses eine Mal lass ich mir nicht nehmen. Einverstanden? «
    Marianne schenkte ihrem Mann ihr sch ö nstes L ä cheln. » Einverstanden. «
    » Warum hast du dir denn heute mit dem Essen solche M ü he gemacht? Haben wir was zu feiern? «
    » Nein, aber Benny kam mir heute Morgen so traurig vor. Oder lustlos. Vielleicht war er auch einfach nur m ü de. Jedenfalls dachte ich, er freut sich sicher ü ber sein Lieblingsgericht. Wir hatten ja ewig keinen Hackbraten mehr! «
    » Sag ehrlich! Wie viele Stunden hast du gearbeitet? «
    Marianne schob sich eine verschwitzte Haarstr ä hne aus der Stirn. » Ach was, war gar nicht so schlimm. «
    Nat ü rlich war es schlimm gewesen. Sie hatte den gesamten Vormittag in der K ü che verbracht. Jeder Handgriff war ein Problem und dauerte sehr viel l ä nger als bei gesunden Menschen, jeder kleine Gang in der K ü che war eine Anstrengung und musste gut ü berlegt sein. Und immer wieder musste sie auf einem Stuhl oder im Rollstuhl Pausen einlegen. Allein um das Fleisch zusammenzumischen, brauchte sie jetzt eine Dreiviertelstunde. Fr ü her hatte sie das in zehn Minuten erledigt. Aber Peter sollte das alles gar nicht wissen. Sie redete nicht gern ü ber ihre Krankheit, f ü hlte sich dann noch hinf ä lliger. Sie hoffte, dass Peter die Probleme vielleicht sogar ab und zu verga ß , dass er sie dann wieder so sah, wie sie gewesen war, als er sie kennen gelernt hatte und als sie gesund und Benny noch klein gewesen war.
    Marianne setzte sich m ü de auf einen K ü chenstuhl und z ü ndete sich eine Zigarette an. Peter nahm sich ein Bier aus dem K ü hlschrank und setzte sich dazu. Den fertigen Hackbraten hatte sie auf niedrigster Stufe im Ofen warm gestellt, die Nudeln dampften unter einem Handtuch. Das Porreegem ü se war das Unkomplizierteste, das konnte sie jederzeit wieder kurz aufw ä rmen.
    Marianne sah auf die Uhr. » Wo bleibt er denn blo ß ? Es ist jetzt f ü nf nach zwei! Normalerweise ist er um Viertel vor hier. «
    » Wei ß er, dass du f ü r ihn gekocht hast? «
    Marianne sch ü ttelte den Kopf.
    » Na ja ..., dann bummelt er vielleicht noch ein bisschen. Er denkt ja, wir essen abends. « Peter ö ffnete die Bierflasche und trank sie in einem Zug halb leer. Als er die Flasche wieder absetzte, entfuhr ihm ein tiefer, wohliger Seufzer.
    » Schmeckt's schon wieder? « , meinte Marianne vorwurfsvoll. » Sagen wir mal, jetzt geht's mir besser. « Peter grinste und schlug die Zeitung auf. » Gibt's was Neues? «
    » Keine Ahnung, ich hab noch nichts gelesen. «
    Marianne rauchte schweigend und wurde mit jeder Zigarette nerv ö ser.
    Um halb drei rief sie bei Andi an. Sie hatte ihn sofort am Apparat. » Hallo, Andi, hier ist die Mutter von Benny. Sag mal, wei ß t du, wo er steckt? Er ist n ä mlich noch nicht zu Hause. «
    Andi bekam einen Schreck. Benny war heute gar nicht in der Schule gewesen. Er hatte also geschw ä nzt, und seine Mutter hatte davon keine Ahnung. Er durfte ihn auf keinen Fall verraten.
    » Keene Ahnung, wo Benny is « , sagte Andi. » Wir sind nach Hause jejangen wie immer. «
    » Wann genau? Um wie viel Uhr? «
    » Na ..., um halb zwei war Schluss ..., und dann sind wir gleich nach Hause. Is ja son Schei ß wetter heute. «
    » Wart ihr noch kurz bei Milli? «
    » Nee, heute nich. «
    » Hatte Benny noch was Besonderes vor? Hat er dir was gesagt? «
    » Nee. Nischt. Wir haben ooch in Deutsch ne Menge auf. Aufsatz schreiben. Mindestens drei Seiten. Is ne echte Sauerei. «
    » Okay, Andi. Vielen Dank erst mal. Tsch ü ss. « Sie legte auf. Peter stand abwartend in der T ü r.
    » Du wei ß t doch, dass die beiden immer zusammen die Sonnenallee runtergehen. Dann biegt Andi ab in die Fuldastra ß e, und Benny geht allein weiter. Aber das sind dann h ö chstens noch zehn Minuten. Vielleicht auch weniger. Und so war's heute auch. Er h ä tte um Viertel vor zwei hier sein m ü ssen. « Sie sah auf die Uhr. » Jetzt ist es zehn nach halb drei. Eine ganze Stunde sp ä ter! «
    » Vielleicht bummelt er wirklich noch irgendwo rum. « Peter war genauso irritiert wie seine Frau, aber er versuchte,

Weitere Kostenlose Bücher