Der Kindersammler
befreien und das Telefon zu erreichen, das neben dem Bett auf der Erde stand.
Mit zwei Fingern stie ß sie den H ö rer von der Gabel und grunzte aus einem halben Meter Entfernung: » Ja? «
Bettina kroch n ä her an Mareike heran und versuchte mitzuh ö ren, was ihr aber nicht gelang, denn Mareike war augenblicklich alarmiert und schwang sich aus dem Bett. Die L ä nge der Telefonschnur erlaubte es ihr, mit dem Telefon in der Hand ein paar Me ter im Zimmer hin und her zu gehen. Sie trug ein kurzes, d ü nnes Nachthemd und strich sich immer wieder die langen Haare aus der Stirn.
Bettina hatte den Kopf auf ihre linke Hand gest ü tzt und sah ihr zu. Bleib bei mir, dachte sie, n ä chste Woche fliegen wir nach Indonesien, mach jetzt keinen Mist wegen deines Jobs, bleib bei mir, sonst werde ich irre.
» Wenn ich den Zug um acht nehme, kann ich um elf in Berlin auf dem Pr ä sidium sein « , sagte Mareike, und Bettina lie ß sich zur ü ck aufs Bett fallen, nahm Mareikes Kissen und dr ü ckte es sich aufs Gesicht, um ihrer Verzweiflung Ausdruck zu geben und den Duft ihrer Freundin tief einzuatmen.
» Nat ü rlich « , sagte Mareike, » was ich an Unterlagen habe, bringe ich mit. «
Sie legte auf und sprang zu Bettina ins Bett, legte sich auf sie, nahm ihr das Kissen vorn Cesicht und bedeckte es mit K ü ssen. » Es tut mir so Leid, mia cara, aber ich muss nach Berlin. Informationen austauschen. Ein klein er Junge ist ermordet worden — fast genauso wie vor drei Jahren Daniel Doll. Vielleicht dauert es ja nicht lange, vielleicht bin ich in zwei Tagen zur ü ck. «
» Ich sterbe ohne dich. « Bettina sah Mareike an und strich ihr sanft ü bers Haar.
» Ich wei ß . « Mareike k ü sste Bettina lange und leidenschaftlich, und Bettina umklammerte sie so fest, als wolle sie sie nie wieder loslassen. Aber jetzt war Mareike wach und befreite sich problemlos.
» Nicht b ö se sein, S üß e. Ich geh schnell unter die Dusche. Machst du uns einen Kaffee? «
Mareike sprang aus dem Bett und lief ins Bad. Bettina bewunderte ihre Beweglichkeit, die sie sich selbst jetzt mit Ende drei ß ig noch bewahrt hatte. Sie hatte das Gef ü hl, wenn man es von ihr verlangen w ü rde, w ü rde Mareike sogar einen Salto von der Bettkante hinkriegen.
Wesentlich schwerf ä lliger als ihre Freundin stand Bettina auf und schl ü pfte in ihren Morgenmantel, um in die K ü che zu gehen und das Fr ü hst ü ck zu machen.
Schon zwanzig Minuten sp ä ter trank Mareike ihren Kaffee. Schwarz, ohne Milch und Zucker und am liebsten kochend hei ß . Sie trug Jeans, Bluse und Jackett, war dezent geschminkt und hatte bereits ihre erste Zigarette zwischen den Lippen, w ä hrend sie sich ein Kn ä ckebrot mit Nutella beschmierte.
» Einerseits hoffe ich, dass es derselbe M ö rder ist « , sagte Mareike, » denn dann haben wir hundert Prozent mehr Informationen ü ber ihn und die doppelte Chance, etwas zu finden, wo er einen Fehler gemacht haben k ö nnte. Andererseits h ä tten wir es in diesem Fall aber auch nicht mit einem Einzel-, sondern mit einem Serient ä ter zu tun, und dadurch wird die Sache brisant. «
» Dann bleibst du also in Berlin? «
» Wei ß ich nicht. Keine Ahnung. Ich muss erst mal sehen, wie sich der Fall entwickelt und was die Kollegen in der Hand haben. « Mareike sah auf die Uhr und trank ihren Kaffee in einem Zug aus. » Ich muss los. Leiden «
» Dieser verdammte M ö rder mordet unsere Beziehung « , grummelte Bettina und sah todungl ü cklich aus.
» Red keinen Stuss. « Mareike ging zu ihr und nahm sie in den Arm. » Aber es k ö nnte der Fall meines Lebens sein, Bettina. Vergiss das nicht und mach mir bitte keinen Stress. Ich komme so schnell wie m ö glich zur ü ck! « Sie fuhr mit der Hand unter Bettinas Morgenmantel und knetete liebevoll deren linke Brust.
» Und ich bin eine ganz, ganz treue alte Seele, S üß e. « Sie k ü sste sie, und Bettina gab sich dem Kuss hin, als w ä re es der letzte.
» Ciao, bella « , fl ü sterte Mareike, nahm ihre Tasche und verlie ß die K ü che. » Ich ruf dich an, sobald ich was wei ß« , rief sie noch aus dem Flur, dann fiel die T ü r ins Schloss, und Mareike war verschwunden. » Ciao, bellina « , fl ü sterte Bettina und schenkte sich Kaffee nach.
15
Als der Zug aus G ö ttingen im Berliner Bahnhof Zoo einfuhr, hatte er siebzehn Minuten Versp ä tung. Mareike stand bereits an der T ü r und sah gedankenverloren aus dem Fenster, w ä hrend der Zug langsam an belebten
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