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Der Klang Deiner Gedanken

Der Klang Deiner Gedanken

Titel: Der Klang Deiner Gedanken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Sundin
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gesehnt hatte.
    Baxter hockte sich vor Allie hin, nahm den Ring aus der Schachtel, hob ihre schlaffe Hand und steckte ihn ihr an. Er fragte nicht. Sie sagte nicht ja. Er küsste sie auf die Lippen. Nummer dreizehn, aber sie war nicht abergläubisch.
    Es war vollbracht.
    Allie bekam glasige Augen. Es würde eine Ehe ohne Liebe werden, aber dafür ein würdiges Opfer, ein notwendiges Opfer. Stanley Miller konnte nun seine Fabrik einem fähigen Mann vermachen und trotzdem würde sie in der Familie bleiben. Mary Miller hatte einen passenden Partner für ihre unansehnliche Tochter gefunden und J. Baxter Hicks hatte endgültig die Gunst vom Boss und die Tochter vom Boss errungen, dazu ein Erbe, Ansehen und Geltung.
    Sie umklammerte die kleine Spieluhr am Boden. Was sollte sie Walt sagen? Wieso musste sie überhaupt an Walt denken?
    Baxter war am Erzählen. „... fast so weit. Bald kommt der Boden und der Dekorateur wird das ganze Haus im Juni fertig haben. Ich wollte eigentlich immer eine Hochzeit im Juni, aber Juli reicht ja auch.“
    Juli. Sieben Monate.
    „Komm her, Liebling“, sagte Mutter. „Lass doch mal sehen.“
    Allies Fuß verfing sich beim Aufstehen in ihrem Kleid und sie stolperte. Ihre Eltern lachten. Offensichtlich dachten sie, sie taumle vor Freude.
    Am Sofa nahm Mutter ihre Hand. „So wunderschön. Ist das nicht ... ist das nicht überwältigend?“ Sie umschloss Allies Gesicht mit den Händen. Ihre grünen Augen standen voller Tränen. „Ich bin ja so stolz auf dich. Sieh nur, du weinst ja vor Freude.“
    Eine kitzelnde Träne hing Allie an der Wange und rann ihren Hals hinunter. Gleich würden noch mehr kommen – viel mehr. Ein lautes Schluchzen würde jedoch niemand mit Freudentränen verwechseln. „Ich muss gehen. Ich muss es Cressie erzählen.“
    Allie zog ihr Gesicht aus der Liebkosung und ging schnell in Richtung Tür.
    „Du meinst doch nicht etwa jetzt gleich?“
    „Doch. Jetzt sofort.“
    „Aber ... das Essen.“
    Allie hielt sich am Türpfosten zwischen Salon und Eingangsbereich fest, sah über die Schulter zurück und zwang sich zu einem Lächeln. „Ich kann nicht warten. Bin bald zurück.“
    Sie bot sicher ein seltsamen Anblick: allein am ersten Weihnachtstag in Riverside auf der Straße, ohne Mantel, ohne Hut, ohne Handtasche, in einem edlen Kleid, das bei jedem Schritt gegen ihre Knöchel peitschte.
    Erst in dem Moment, in dem sie an Cressies Tür klopfte, merkte Allie, was für einen Fehler sie begangen hatte. Aus dem schwefelgelben Haus drangen viele Stimmen. Sie wandte sich schnell ab und hoffte, dass niemand das Klopfen gehört hatte.
    „Ja bitte?“
    Allie machte kehrt. Eine Frau um die vierzig spähte durch die Fliegengittertür. „Kann ich Ihnen helfen?“
    „Ich ... bitte entschuldigen Sie.“ Allie schlang verlegen die Hände ineinander. „Ich war nur ... ich dachte, ich schaue kurz bei Cress ... bei Mrs Watts vorbei, aber ich wollte nicht ... wie auch immer, es ist Weihnachten, und ich möchte nicht stören. Ich komme einfach später wieder.“
    Die Frau öffnete die Tür mit dem Fliegengitter und sah Allie prüfend an. Die Tränenspuren waren nicht zu übersehen. „Ma, du hast Besuch.“
    „Nein, wirklich. Ich kann einfach später wiederkommen. Vielleicht morgen.“
    Cressie kam zum Vorschein und hatte ein breites Lächeln auf dem Gesicht. „Allie! Was für eine ...“ Sie kniff die Augen zusammen. „Ist alles in Ordnung, Liebes?“
    Die Sorge in Cressies Stimme ließ Allie den Rest ihrer mühsam aufrechterhaltenen Fassung verlieren. Ein großer Schluchzer drang aus ihrem Mund und sie hielt ihre mit Diamanten gekrönte Hand hoch.
    „Allie, Allie.“ Cressie wischte sich die Hände an der Schürze ab und begutachtete Allies Ring. „Du lieber Himmel. Das ist aber ein toller Ring. Ich sollte dir wohl gratulieren?“ Sie sah Allie fragend an.
    Allie unterdrückte einen weiteren Schluchzer und nickte.
    Cressie legte Allie den Arm um die Schulter und führte sie zu einer Hollywoodschaukel, auf der eine Staubschicht lag. Allie setzte sich trotzdem.
    „Jetzt haut’s mich aber um“, sagte Cressie.
    „W...wieso?“ Allies Beine beugten sich automatisch, als Cressie sich vom Boden abstieß.
    „Na, ich dachte ja, er würde wenigstens bis Kriegsende warten, damit er dich persönlich fragen kann.“
    „Ich verstehe nicht ...“ Allie wischte sich, so gut es ging, das Gesicht mit der Hand sauber.
    „Da braucht wohl jemand ein Taschentuch.“ Cressie griff in ihre

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