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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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den sie die mit Erde verklumpten Kartoffeln warf. Sie empfand es als eigenartig befriedigend, die knolligen Früchte am Kraut aus der Erde zu ziehen. Es überraschte sie immer wieder, wie groß einige davon waren, wenn sie zum Vorschein kamen. Sie hielt inne und strich sich das Haar aus dem Gesicht. Dabei fiel ihr Blick auf ihre Hände. Früher makellos und weiß, waren sie nun sommersprossig, und die kurzen Nägel hatten schwarze Trauerränder. Ach, Laurent, was würdest du jetzt von mir halten?, dachte sie mit einem Lächeln. Dann wurde ihr fast bedauernd bewusst, dass dies das erste Mal war, dass sie ohne einen Stich an ihn denken konnte.
    Sie zog die letzte Kartoffel aus der Erde, befreite sie vom Kraut und schob die Erde wieder über das Loch, das jetzt leer war. Dann klopfte sie ihre Hände ab. Plötzlich ertönte hinter ihr eine Stimme, bei deren Klang sie zusammenzuckte.
    »Sie sind noch immer schön.«
    Matt stand hinter ihr und lehnte sich auf den Spaten. »Deine Hände sind immer noch schön.«
    Sie versuchte, seinen Gesichtsausdruck zu deuten; dann
stand sie auf und schüttelte den Sack aus. »Wie weit seid ihr mit dem Badezimmer? Ihr wolltet doch bis Ende der Woche fertig sein«, sagte sie in bemüht neutralem Ton.
    »Darüber will ich jetzt nicht reden«, wehrte Matt ab. »Seit Wochen weichst du mir aus. Ich will über uns reden.«
    »Es gibt kein ›uns‹, Matt«, entgegnete sie fest und griff zum Eimer.
    »Das kannst du nicht sagen.«
    Er trat dicht vor sie hin, und Isabel fragte sich unwillkürlich, wo die Kinder waren und ob jemand sie sehen konnte.
    »Ich war dabei, Isabel«, sagte er mit leiser, intimer Stimme, »ich hab’s gefühlt, du und ich, wie das war. Was ich nachher gesagt hab, war Mist … das war ein Missverständnis. Das geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf.«
    »Nicht, Matt, bitte.« Isabel setzte sich mit forschen Schritten in Bewegung.
    »Ich weiß, was ich gefühlt habe, Isabel.«
    Sie fuhr zu ihm herum. »Vielleicht wäre es besser, ich würde dich für das bezahlen, was du bis jetzt geschafft hast, und dann gehst du.«
    »Du brauchst mich, Isabel. Keiner kennt dieses Haus so gut wie ich.«
    »Mag sein«, sagte sie in den auffrischenden Wind, »aber so, wie es jetzt ist, tut es keinem von uns gut, oder? Nur noch das Bad und dann …« Sie hatte die Küchentür erreicht. »Ich muss gehen.« Und sie machte ihm die Tür vor der Nase zu, lehnte sich auf der anderen Seite schwer atmend dagegen.
    »Isabel? Was hab ich getan, dass du mir so böse bist? Warum bist du nur so?«
    Sie hoffte inständig, dass er nicht versuchte, die Tür aufzudrücken.
    »Isabel, ich hab das nicht so gemeint, was ich neulich nachts gesagt habe. Ich hab mich einfach falsch ausgedrückt.«

    »Ich will nicht darüber reden«, wehrte sie ab.
    Ein Augenblick verstrich. Dann hörte sie erneut seine Stimme, diesmal dicht am Holz, als würde er seine Wange dagegenpressen.
    Leise, verschwörerisch, sagte er: »Du kannst nicht so tun, als ob sich nichts geändert hätte.«
    Sie hielt den Atem an. Schließlich hörte sie, wie sich seine Schritte langsam entfernten. Sie seufzte erleichtert auf. Dann hob sie eine Hand ans Gesicht, eine erdige Hand, die selbst sie beinahe nicht wiedererkannte. Die Hand zitterte.
     
    Matt fuhr die kurze Strecke allein nach Hause. Byron, der den ganzen Tag kaum ein Wort mit ihm geredet hatte, war verschwunden, bevor Matt fertig gewesen war. Und Anthony hatte gesagt, er wolle noch ein bisschen bei Kitty bleiben.
    »Aber deine Mutter erwartet dich«, hatte er gesagt, voller Neid, dass sein Sohn die Freiheit besaß, einfach noch hier im Haus zu bleiben.
    »Nein. Ich hab ihr gesagt, dass ich noch einen Film anschaue. Du hörst nie zu.«
    Unter anderen Umständen hätte er seinen Sohn für so eine Bemerkung zurechtgewiesen, war aber von Isabel abgelenkt worden, die oben, scheinbar unbekümmert von ihrem vorherigen Wortwechsel, ihre Geige stimmte. Er konnte ihr jetzt nicht mehr beim Spielen zuhören, ohne ein gewisses Unbehagen dabei zu empfinden. Unwillkürlich musste er dann an jene stürmische Nacht denken und daran, wie sie unter ihm gelegen und gekeucht hatte. Er begriff nicht, was gerade zwischen ihnen vorgefallen war: Er wusste doch, was sie fühlte – warum wollte sie es nicht wahrhaben?
    Wütend bog er in die Auffahrt vor seinem Haus ein und blieb mit quietschenden Reifen stehen. Er knallte die Fahrertür zu und stapfte zur Haustür. Bernie kam ihm

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