Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Titel: Der Klang des Pianos: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
Vom Netzwerk:
Buchclubs der London Times an einen der Arbeiter weiter, damit dieser auf seiner Liste abhakte, welches der aufgeführten Bücher in die Glasvitrine gestellt wurde.
    Die beiden Männer gaben sich zum Gruß die Hand; währenddessen hielt Norah sich respektvoll ein wenig abseits.
    „Ein fantastisches Schiff, Mr Andrews“, lobte Richard und sah ihm ein wenig verwundert zu, als er auf Norah zuging und auch ihr die Hand reichte. Offenbar hatten die beiden sich in den vergangenen Tagen bereits kennengelernt, denn er begrüßte Norah mit Namen.
    „Miss Casey ist eine der wenigen arbeitenden Frauen an Bord“, sagte er an Richard gewandt, da er nicht wissen konnte, dass dieser Norah bereits kannte und sie nicht nur damit beauftragt worden war, ihm die Standorte der Klaviere zu zeigen.
    „Leider hält sich das Gerücht hartnäckig, wir Frauen würden Unglück an Bord eines Schiffes bringen, Mr Andrews“, erwiderte Norah kein bisschen eingeschüchtert von der Anwesenheit des prominenten Chefkonstrukteurs von Harland & Wolff.
    „Mit diesem Schiff können wir das Gerücht aus der Welt schaffen, Miss Casey.“
    Mehrere Stimmen bei der breiten Glastür des nach achtern führenden Korridors ließen sie alle dorthin schauen. Sechs Männer, gefolgt von einem in einen vornehmen schwarzen Anzug gekleideten Herrn, rollten einen in grauen Filz gehüllten Flügel herein.
    „Der Flügel …“, überlegte Mr Andrews laut und sah sich prüfend um. Offenbar war er in der ursprünglichen Möblierung des Raumes nicht vorgesehen gewesen.
    „Sie werden in der ersten Klasse die Gäste betreuen, Miss Casey. Was denken Sie, wo der Flügel am besten stehen sollte?“, wandte sich Mr Andrews an Norah.
    Sie drehte sich schnell einmal um ihre eigene Achse und brauchte nicht lange, um eine Entscheidung zu treffen. „Dort, in der Mitte des Raumes“, schlug sie spontan vor und deutete auf die entsprechende Stelle, an der im Moment noch vier kleine, mit dunkelgrünem Stoff bezogene Sessel standen.
    Mr Andrews ging zu der Sitzgruppe hinüber, die sich fast direkt unter dem verzierten Kuppelkronleuchter befand, und winkte drei Packer herbei. Die Sessel wurden neben einen ovalen Büfett-Tisch vor der Büchervitrine getragen, während der jetzt überzählige viereckige Spieltisch mit der mit grünem Tuch bespannten Platte zu anderen Stühlen gestellt wurde.
    „Das passt gut. Der ursprünglich hier stehende Tisch wurde vorhin beschädigt“, rief Andrews und legte, wie es seine Art war, überall selbst mit Hand an. Norah und Richard halfen mit, den wertvollen Flügel mit der Längsseite an den Pfeiler zu rollen.
    Der vornehm gekleidete Herr, ein Klavierstimmer von Steinway & Sons, öffnete die Tastenklappe und den vogelschwingengleichen großen Flügeldeckel und setzte sich an das Instrument. Als die ersten Akkorde erklangen und den bisher unbenutzten, noch kalt wirkenden Raum mit fröhlicher Leichtigkeit erfüllten, drängten aus den angrenzenden Fluren und Räumen weitere Arbeiter herein. Andächtig lauschend standen sie um das blank polierte, mit kunstvollen Schnitzereien verzierte Instrument herum 5 .
    Norah stupste Richard in die Seite und raunte ihm zu: „Wirst du auch so bewundert, wenn du am Klavier sitzt?“
    „Soll ich dir mal ein kleines Geheimnis verraten? Mir ist es lieber, ich habe eine laut johlende, wild tanzende Menge um mich als ein paar ehrfürchtige, in Schweigen versunkene Zuhörer – die jeden Fehler bemerken.“
    Norah lachte laut auf und drückte ihr Gesicht schnell in seinen Ärmel, da sie weder den Klavierstimmer stören noch die Aufmerksamkeit der anderen auf sich ziehen wollte.
    Richard flüsterte weiter: „Ich habe erkannt, dass ich mein Leben nicht in der Hauptsache damit zubringen will, einem Ziel, womöglich einer Illusion nachzujagen, anstatt es zu leben. Nicht das, was ich für mich erreiche, ist wirklich das Wichtigste, sondern vor allem das, was ich für andere tun kann, bringt mir Erfüllung und Lebensglück. Das Strahlen in Katies Augen, nur weil sie die erste junge Dame war, die mich zu einem irischen Tanz überreden konnte, Ellas Dankbarkeit für ein paar einfache Handgriffe, die ich ihr abnahm; das erfüllt mich mit Genugtuung und Freude. Die Menschen in meinem Umfeld, diejenigen, die mich lieben und die ich liebe, sind letztendlich wichtiger, als Reichtum anzuhäufen und Macht auszuüben.“
    „Willkommen im Leben, Richard Martin“, raunte Norah ihm zu, und nur die Anwesenden hielten ihn davon ab, sie

Weitere Kostenlose Bücher