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Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Titel: Der Klang des Pianos: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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den Sog der Titanic geratene Schiff von dem riesigen Ozeanliner fernzuhalten, doch erst, als ein Offizier der Titanic die Maschinen stoppen ließ, trieb das kleinere Schiff gefährlich nahe an ihnen vorbei und konnte endlich aus dem Gefahrenbereich fortgezogen werden, ohne dass es zu einem Zusammenstoß gekommen war.
    Richard atmete, wie auch einige andere Schaulustige um ihn herum, erleichtert auf, war aber insgeheim entsetzt darüber, wie unbeweglich und sperrig sich dieser gigantische Koloss, auf dem er sich befand, bei dem Beinahe-Zusammenstoß verhalten hatte.
    Das Ereignis mit der New York hatte zur Folge, dass die Titanic eine Stunde später als geplant den Fluss hinunterdampfte. Schließlich umfuhren sie den Spithead und passierten die Küste der Isle of Wight. Bei angenehmem Wetter erreichten sie das französische Cherbourg genau in dem Moment, als die letzten Sonnenstrahlen am Horizont in die ruhige See eintauchten.

Kapitel 28
    Katie ging in die Hocke und tastete mit ihren kleinen Fingern nach der blau schimmernden Glasmurmel. Sie war in eine tiefere Ritze des unebenen Pflasters gerollt. Ihre Zungenspitze schaute keck zwischen ihren Lippen hervor, während sie ihre schönste Kugel, die Adam ihr zu ihrem letzten Geburtstag geschenkt hatte, aus der Spalte zog. Lächelnd steckte das Mädchen sie zu den anderen in den hübschen fliederfarbenen Stoffbeutel, den ihre Mutter ihr genäht hatte. Als sie sich wieder aufrichtete und ihre wilde Lockenmähne nach hinten strich, stand plötzlich ein großer Mann vor ihr.
    Katie blinzelte gegen die letzten über das Hausdach streichenden Sonnenstrahlen an, aber sie kannte den Fremden nicht. Sie schaute hinter sich zur Tür, doch Sean, mit dem sie hier draußen gespielt hatte, war bereits im Haus verschwunden.
    Der Unbekannte ging vor ihr in die Hocke und lächelte sie an. Katie entspannte sich. Er hatte ein nettes Lächeln, und es war ihr durchaus sympathisch, dass er sich sogar so klein machte wie sie selbst.
    „Hallo, Katie“, sprach der Fremde sie an. Sein Englisch mit dem unverkennbar irischen Akzent war ihr sehr vertraut.
    „Guten Tag, Sir“, erwiderte sie artig.
    „Ich bin Ryan, Katie. Ein Freund von Norah. Du bist doch auch eine Freundin von Norah, nicht wahr?“
    Katie strahlte und zeigte ihre kleinen, weit auseinanderstehenden Zähnchen. „Ja, Norah ist eine gute Freundin von mir. Ich darf sogar mit ihrem Freund aus Deutschland tanzen“, teilte sie dem Mann fröhlich mit und klimperte dabei aufgeregt mit den Murmeln in ihrem Säckchen.
    „Das hat sie mir erzählt, Katie.“ Der Mann lächelte sie an; gleichzeitig ergriff er ihre freie Hand. „Kannst du mir sagen, wo Norah gerade ist? Ist sie noch in Belfast?“
    „Nein, Sir“, sagte Katie und streckte sich ein wenig, damit sie bei der wichtigen Auskunft, die sie erteilen konnte, ein wenig größer und erwachsener wirkte. „Sie ist doch in England. Sie fährt mit der Titanic , die mein Papa auch mitgebaut hat“, erklärte sie stolz. Die Tränen, die ihr jedes Mal in die Augen stiegen, wenn sie an ihren seit ein paar Wochen verschwundenen Vater dachte, unterdrückte sie erfolgreich.
    „Vielen Dank, meine Kleine“, sagte der Mann und richtete sich auf. „Du hast mir sehr geholfen.“

    Sean stellte die Schuhe unter sein Bett und räumte seine Murmeln in eine kleine Holzschachtel. Nachdem er das Kästchen ebenfalls unter sein Bett geschoben hatte, ging er zu seiner Mutter hinüber an den Herd. Ella MacConmara rührte langsam in einem verbeulten Kochtopf, während sie auf dem anderen Arm den leise greinenden Evan hielt.
    „Wo bleibt Katie?“, fragte sie.
    „Sie kommt gleich“, antwortete er knapp, ehe er sich an den Tisch setzte.
    „Sean, bitte nimm die Teller und stell sie auf den Tisch“, bat seine Mutter und zog mit einer Hand den Topf von der Kochstelle.
    Widerwillig und unter lautem Scharren auf dem unebenen Boden schob der Junge den Stuhl wieder zurück, stand auf und stellte die Teller auf den Tisch. Dann griff er nach den Löffeln, die in einer offen stehenden Schublade des Tisches lagen, und knallte sie daneben. Eigentlich war das Katies Aufgabe, und es ärgerte ihn, dass er sie nun erledigen musste.
    Ella legte das Baby für einen Augenblick auf Seans Bett, damit sie die Hände frei hatte, um den dampfenden Topf auf den Tisch zu stellen. „Was macht Katie denn?“, wollte sie wissen und nahm den schreienden Evan wieder auf den Arm.
    „Sie sucht die blaue Murmel von Adam“, lautete

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