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Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Titel: Der Klang des Pianos: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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dauerte es nur ein paar Minuten, bis die junge Frau die Treppe herunterkam. Ihre langen blonden Haare flossen offen über ihre Schultern und sie war lediglich in einen dunkelblauen Morgenmantel gehüllt.
    Norah flüsterte bewundernd: „Sie sind eine richtige Schönheit, Miss Andrews.“
    Die junge Frau lächelte flüchtig über das Kompliment und winkte dann mit einer knappen Handbewegung ab. „Und Sie sind ein Kindskopf. Was gibt es denn zu dieser unmenschlichen Zeit?“
    „Ich brauche Ihre Hilfe, Miss Andrews“, kam Norah sofort auf ihr Anliegen zu sprechen.
    „Sie? Wird es jetzt zu einem Dauerzustand, dass Richards Freunde in diesem Haus Hilfe erbitten? Sie wissen ebenso gut wie ich, wie selten die Pirries dieses Haus nutzen, da sie es meist Verwandten, Freunden oder Geschäftspartnern zur Verfügung stellen“, fuhr Helena sie etwas ungehalten an, lachte dann aber plötzlich. Mit einer Hand deutete sie auf die zierlichen Chippendalestühle, die in einer kleinen Nische des Foyers zum Ausruhen einluden.
    Norah folgte ihr dorthin und setzte sich. Während Helena Tee bestellte, rutschte Norah unruhig auf der Sitzfläche des Stuhls hin und her. Dieses Gespräch dauerte ihr jetzt schon viel zu lange, aber wenn sie die Hilfe dieser einflussreichen Frau wollte, musste sie sich wohl ein wenig in Geduld üben.
    „Richards Äußerungen zufolge nahm ich an, Sie seien auf der Titanic “, begann Helena eine Konversation.
    „Das war ich auch. Doch als wir in Queenstown anlegten, erreichte mich die Nachricht, dass die fünfjährige Tochter meiner Freundin entführt worden ist. Ich bin sofort von Bord gegangen und zurückgekehrt“, berichtete Norah.
    Helena musterte sie mit unverhohlener Neugier. „Ihre Freunde können sich glücklich schätzen, jemanden wie Sie zu haben.“
    Norah atmete erleichtert auf. Das hörte sich so an, als sei Helena durchaus bereit, ihr beizustehen. Sie setzte sich aufrecht hin und zwang ihre unruhigen Füße und Hände zur Ruhe.
    Der Tee wurde gebracht, doch Norah ignorierte ihn, da sie keine Zeit verlieren wollte. Sie erzählte von den Geschehnissen, beginnend bei Amys Geschichte bis zu Katies Entführung.
    Helena hörte ihr zu, ohne sie einmal zu unterbrechen, und nippte dabei an ihrem Tee. Als Norah mit ihrem ausführlichen Bericht geendet hatte, wollte sie am liebsten sofort aufspringen, zügelte ihre Energie jedoch mit einem Blick auf die ihr in würdevoller Haltung gegenübersitzende Helena.
    „Das ist eine schlimme Geschichte, Miss Casey. Zumindest weiß ich jetzt, um was es geht. Eine Zeit lang fürchtete ich schon, Richard sei in dunkle Machenschaften verstrickt.“
    Norah blickte ihre Gesprächspartnerin entrüstet an. Wie kam Helena auf den Gedanken, der absolut korrekte, liebenswerte und vor allem immer sehr besonnen handelnde Richard könne etwas Ungesetzliches getan haben? Das widersprach vollkommen seinem Charakter und zeigte Norah, wie wenig Helena über Richard wusste.
    „Was erwarten Sie jetzt von mir, Miss Casey? Wie kann ich Ihnen helfen?“
    Norah hätte vor Begeisterung am liebsten laut in die Hände geklatscht. Die Dame bot ihr tatsächlich ihre Hilfe an!
    „Katies Familie hatte leider in den letzten Jahren sehr viel Pech, Miss Andrews. Und der Polizei fällt es mitunter schwer, im Hafenviertel ihre Arbeit auszuführen“, versuchte sie das Problem möglichst taktvoll zu umschreiben. „Außerdem wurde mir das Gerücht zugetragen, dass auch hochrangige Polizisten und Richter in dem noblen Haus am Queen’s Square verkehren.“
    Norah sah, dass Helena bei dieser Andeutung missbilligend die Nase rümpfte. Leider wusste Norah mit Bestimmtheit, dass dieses Gerücht der Wahrheit entsprach; mehr, als es gesellschaftlich hochstehenden Menschen wie Helena lieb sein mochte.
    „Ich bin sicher, Sie kennen aufgrund Ihrer guten Kontakte jemanden, der sich für Katie einsetzen würde“, meinte sie abschließend.
    Helena beugte sich ein wenig nach vorn und ergriff ihre beiden Hände. Erstaunt blickte Norah auf die schlanken, weichen Finger der Frau, die die ihren umschlossen.
    „Ich werde mit jemandem Kontakt aufnehmen, von dem ich denke, er kann uns helfen, Miss Casey.“ Helenas Blick streifte für einen Moment ihr Gesicht, ehe sie scheinbar etwas hinter ihr fixierte.
    Nun hielt Norah nichts mehr auf ihrem Stuhl. „Das ist wunderbar, Miss Andrews. Sie haben ein großes Herz. Selbstverständlich werden wir achtgeben, dass Ihr Name niemals im Zusammenhang mit diesem Ryan oder

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