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Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Titel: Der Klang des Pianos: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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seine diesmal wie erwartet auf der Ablagefläche der Kommode liegende Uhr. Es war nach Mitternacht. Seine Gedanken überschlugen sich. Warum hatte das Schiff vorhin bereits einmal gestoppt? Und was war jetzt los?
    Mit einem Schlag war er hellwach. Er sprang aus dem Bett und zog sich an. Bei der Erinnerung an die Kälte am Abend zuvor schlüpfte er zusätzlich in seinen Mantel. Er nahm die Rettungsweste aus dem Schrank und eilte mit der sperrigen, aus Kork hergestellten Schwimmhilfe über dem Arm in den Korridor.
    Das Pärchen auf Hochzeitsreise, mit dem er sich am vorigen Nachmittag beim Kaffee unterhalten hatte, schlenderte Hand in Hand an ihm vorbei. Die beiden trugen lediglich Hausschuhe und Morgenmäntel unter den Schwimmwesten, die sie übergezogen hatten, ohne sie zuzubinden. Ihnen folgte ein Mann mit zwei Kindern an der Hand, dahinter ging seine Frau mit einem Kleinkind auf dem Arm. Auch die beiden Erwachsenen trugen ihre Rettungswesten, während die Kinder ihre einfach hinter sich her über den Boden schleiften. Sie waren ohnehin viel zu groß für ihre zarten Körper. Obwohl die Leute gelassen wirkten und ruhigen Schrittes in Richtung Aufgang strebten, überkam Richard ein beklemmendes Gefühl. Ob dies an dem Anblick der Rettungswesten lag?
    Jemand ergriff von hinten seine Hand. Überrascht drehte Richard sich um und erblickte Paul und Niklas.
    „Was für eine Aufregung, nicht?“, meinte der Hamburger Junge, und seine blauen Augen blitzten abenteuerlustig.
    „Weißt du, was passiert ist?“, fragte Richard ihn, in der Hoffnung, dass das aufgeweckte Kind ein paar detaillierte Informationen für ihn hatte.
    „Frau Hart sagt, das Schiff habe einen Eisberg gerammt. Es hat mehrere ruckartige Bewegungen gegeben, als sei das Schiff über etwas hinweggerollt, hat sie gesagt. Dann hat sie dicht vor ihrem Bullauge einen großen Eisberg gesehen.“
    Richard runzelte die Stirn. War er aus diesem Grund vorhin aus dem Schlaf gerissen worden?
    „Wir laufen nach oben. Vielleicht können wir den Eisberg noch sehen“, rief Paul. Die beiden Burschen zwängten sich zwischen einer Gruppe langsam gehender älterer Herrschaften hindurch.
    „Geht lieber zu euren Familien“, rief Richard ihnen nach, doch die Jungen hörten ihn schon nicht mehr – oder wollten ihn nicht hören.
    Der junge Mann verschloss seine Kabine und steckte den Schlüssel in seine Manteltasche, ehe er den anderen Passagieren folgte, die sich gemächlich auf den Weg in Richtung Speisesaal oder auf das Boots- oder Promenadendeck hinauf begaben.
    Als er das Bootsdeck betrat, ließ ihn die eiskalte Luft erschauern. Schnell machte er Platz, denn eine Reihe anderer Passagiere drängten wieder zurück in das Innere des Schiffes. Ihnen war es draußen zu kalt.
    Richard zwängte sich zwischen zwei Rettungsbooten hindurch bis an einen der Davits 14 , um von dort über die Reling hinweg einen prüfenden Blick auf das Meer zu werfen. Wie schon zuvor wies der Ozean noch immer diese eigentümliche ölig-schwarze Farbe auf, und die Millionen Sterne am Himmel spiegelten sich in einer erstaunlich glatten Wasseroberfläche.
    Das Schiff lag bewegungslos und majestätisch im Wasser und nichts deutete auf eine Kollision oder gar eine Beschädigung hin. Trotzdem waren die Passagiere gebeten worden, ihre Rettungswesten anzulegen und die Kabinen zu verlassen. Gab es einen anderen Grund für diese Maßnahme? Bis jetzt wusste er nur von den beiden Jungen von Mrs Harts Theorie. Aber die Frau konnte in ihrer maßlosen Angst auch einen schlichten Defekt an den Maschinen falsch interpretiert haben. Richard trat zurück und betrachtete die mit stabilem, hellem Segeltuch überzogene Kork-Rettungsweste in seiner Hand. Was mochte das alles bedeuten?
    Obwohl sich ihm zwischen den Aufhängungen der Rettungsboote und der Reling nur wenig Platz bot, zog er sich die Weste über und knotete sie an den Seiten sorgfältig zu.

    Dylan wischte sich mit dem Arm den Schweiß von der Stirn und schaufelte die glimmenden Kohlen wieder in den Kessel, die er vorhin, als die Maschinen gestoppt worden waren, hatte herausholen müssen, damit die Kessel nicht unter zu viel Druck explodierten. Ein Blick auf den Zeiger des Wasserdampf-Druckmelders zeigte ihm schließlich, dass das Feuer vorerst genug Nahrung hatte. Er stützte sich schwer auf seine Schaufel und atmete tief die stickige, von winzigen Rußpartikeln durchsetzte Luft ein. Der Kohlenzieher kippte ihm eine weitere Fuhre aus seiner Schubkarre vor

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