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Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso

Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso

Titel: Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Bartosch Edström
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Es hatte schlecht angefangen und ging noch schlechter weiter.
    »Es geht so nicht weiter«, meinte sie. »Du müsstest doch so viel Anstand besitzen zuzugeben, dass wir eine Beziehung hatten. Wir haben uns ja so oft es ging getroffen und uns einen Augenblick der … «
    Das Wort, das sie nicht über die Lippen brachte, war »Liebe«, aber sie merkte, dass er ihr schon nicht mehr zuhörte. Sämtliche Kraft verließ sie. Es spielte keine Rolle, was sie noch sagte, ob sie schrie oder fluchte. Die Gelegenheit war vorbei.
    Jetzt hatte er seine schlimmste Miene aufgesetzt. Er sah sie mit einer Mischung aus Mitleid und Unbehagen an.
    »Helena, Helena … «
    Er neigte den Kopf zur Seite, lächelte und fixierte sie schräg von unten, ungefähr so, als wolle er ein bockiges Kind zur Räson bringen. Als jede Reaktion ausblieb, lächelte er sarkastisch und warf den Kopf zurück, wobei er sie nach wie vor ansah. Dieser Blick, dieses schöne Gesicht entwaffnete sie. Wie abscheulich er sich auch benahm, sie brachte es nicht übers Herz, ihm zu sagen, welch ein gewissenloser Egoist er war. Sie traf ebenso große Schuld, dass es so weit gekommen war. Wenn nicht gar größere. Denn sie hatte ihm in all diesen Jahren ganz bewusst ihre Gedanken verschwiegen. Hatte er gelogen? Nein, er hatte mit offenen Karten gespielt, während sie nicht hatte akzeptieren wollen, dass sie für ihn ein erledigtes Kapitel war. Eine alte Flamme, eine von vielen. Mehr nicht. Sie war nie etwas anderes gewesen und würde nie etwas anderes sein. Warum konnte sie dieser erniedrigenden Peinlichkeit nicht einfach ein Ende bereiten, statt ihre ganze Existenz aufs Spiel zu setzen? Nur weil sie glauben wollte, er besäße mehr Verantwortungsgefühl, mehr Güte und Fürsorglichkeit.
    Trotzdem erwiderte sie sein Lächeln. Dieser Reflex war tief verwurzelt. Er deutete dies, als habe sie sich besonnen. Kameradschaftlich legte er seine Hand auf ihre. Blitzschnell entzog sie ihm ihre Hand, nahm ihre Tasche und stand auf. Bei der hastigen Bewegung warf sie ihre Tasse um. Kalter Kaffee spritzte auf ihr sauteures Kleid. Sie rannte wortlos nach draußen und meinte zu hören, dass er etwas von Klimakterium und Hysterie murmelte.
    Der Lärm des Verkehrs schlug ihr vor dem Café entgegen und erhöhte ihre Verwirrung noch mehr. Sie rannte, bis sie das Ende des Blocks erreicht hatte. Dort lehnte sie sich schwer atmend an eine Hauswand. Sie sah ein, dass sie sich theatralisch und idiotisch verhalten hatte! Ihr Herz klopfte, und sie klammerte sich an ihrer Handtasche fest, die sie an die Brust presste. Eine in Chanel gekleidete Dame mit blaugrauer Dauerwelle warf ihr einen entsetzten Blick zu und beschleunigte ihre Schritte.
    Helena blieb eine Minute stehen und schaute dann um die Hausecke. Er verließ das Café. Sie empfand den unbezwingbaren Drang, ihm zu folgen. Sie wartete, bis er die Straße überquert hatte, und begab sich dann in die Menschenmenge, die über den Zebrastreifen ging. Raoul war ungefähr dreißig Meter vor ihr und drehte sich kein einziges Mal um. Einige Blocks weiter zog er sein Handy aus der Tasche und rief jemanden an. Seine Haltung verriet, dass es sich um ein herzliches und ausgelassenes Gespräch handelte. Wenig später entdeckte sie eine Frau Anfang zwanzig mit Geigenkasten über der Schulter, die am Geländer eines U-Bahneingangs lehnte. Sie trug auf den Hüften sitzende Jeans, ein Top und eine abgetragene kurze Lederjacke, ihr langes Haar wehte im Luftzug aus dem U-Bahnschacht. Die Frau telefonierte mit ihrem Handy, aber als Raoul vor ihr auftauchte, beugte sie sich lachend vor, und beide steckten gleichzeitig ihre Handys weg. Er tänzelte mit ausgestreckten Armen auf sie zu. Sie wartete und ließ sich von ihm umarmen. Sie küssten sich lange, als befänden sie sich allein auf einer großen Leinwand und nicht mitten im lärmenden Verkehr.

Erster Akt
    Se neghi a me di dar qualche ristoro, davanti agli occhi tuoi morir vogl’io!
    Wenn du mir keinen Trost gewährst, muss ich vor deinen Augen sterben!
    Wolfgang Amadeus Mozart und Lorenzo da Ponte, Don Giovanni, 2,3

Mittwoch, 14. Oktober
    A nna Ljungberg erwachte. Die Zunge klebte an ihrem Gaumen. Eine flauschige Angorakatze schmiegte sich an ihre Hand, die über die Bettkante hing. Das Blut war ihr bleischwer in die Hand gelaufen. Das Klingeln ihres Weckers bohrte sich immer beharrlicher in ihre Ohren. Ihr Herz schlug angestrengt in einem ungewohnten Rhythmus. Sie schlug mit der Hand nach dem Wecker,

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