Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
das Sie heute benutzt haben?«
Anna ließ sich mit ihrer Antwort etwas Zeit und sagte dann: »Das hatte ich zu Hause.«
»Ach? Ich dachte, Sie hätten Angst vor Dexofen gehabt? Wann hatten Sie sich diese Tabletten verschreiben lassen?«
Annas Unterlippe zitterte, als sie antworten wollte. Es dauerte also eine Weile, bis sie die Worte über die Lippen brachte.
»Ich hatte Brustkrebs«, flüsterte sie.
»Und dafür bekamen Sie Dexofen? Ich hätte gern den Namen des Arztes gewusst, der es Ihnen verschrieben hat«, sagte Ebba und fuhr fort, noch ehe Anna sich äußern konnte: »W ollten Sie, dass wir Sie heute finden würden?«
Anna antwortete zuerst nicht. »Der Kranz hat Sie natürlich auf die richtige Spur gebracht«, begann sie mit rauer Stimme. »Das ist klar. Aber ich hatte mich wirklich für den Tod entschieden.«
»Und dann starben Sie doch nicht. Und deswegen kann ich Ihnen auch die anderen Fragen stellen. Sie haben Raouls Tod verschuldet, das wissen Sie. Wie die Staatsanwaltschaft die Tat später bewertet, damit habe ich nichts zu tun. Ich bin jedoch dafür verantwortlich, die Beweise zu liefern«, sagte Ebba. Ihr Tonfall war strenger geworden. »W ie geriet Raouls Leiche ins Wasser?«
»Ich weiß nicht.«
»Ich wiederhole, Sie haben keinen Grund mehr, sich die Tatsachen zurechtzulügen. Wir wissen, dass ihm Caroline die Spritzen ins Bein verabreicht hat, weil sie hoffte, ihn so wiederbeleben zu können. Anschließend verschwand die Leiche. Anna, wer hat die Leiche verschwinden lassen?«
»Ich sagte doch, dass ich das nicht weiß.«
»Haben Sie Louise getroffen, als Sie den Steg verließen?«
»Nein.«
»Sie haben ihr also nicht erzählt, Peder hätte Raoul totgeschlagen?«
»W arum hätte ich so etwas sagen sollen?«
»Um sich der Schuld zu entledigen.«
Anna antwortete nicht. Sie atmete heftig und hielt den Sauerstoffschlauch dichter an die Nase. Ebba beugte sich über sie und flüsterte: »Lust auf Sauerstoff? Jetzt scheinen Sie sich ja nicht mehr das Leben nehmen zu wollen. Ein gutes Zeichen.«
Mit Daumen und Zeigefinger zog sie den Sauerstoffschlauch von Annas Nase weg. »W as geschieht wohl, wenn wir Ihnen ein wenig Sauerstoff vorenthalten?« Ihre Stimme klang analytisch und entspannt-interessiert.
Anna klammerte sich an Ebbas Hand fest und versuchte den Schlauch wieder unter ihre Nasenlöcher zu schieben.
»So schnell geben Sie doch nicht klein bei, Anna. Sie haben dieses Mal nicht so viel Dexofen genommen, falls überhaupt welches. Obwohl Sie es den Sanitätern gegenüber behauptet haben. Sie wollten nicht sterben, oder? Sie wollten nur nicht ins Gefängnis.«
Vendela biss sich nervös auf die Unterlippe. »Ebba … «, zischte sie kaum hörbar. Es machte sie nervös, ihre Chefin so kaltblütig zu sehen, und sie überlegte, ob sie nicht eingreifen sollte.
Ebba ließ den Sauerstoffschlauch zurückschnellen, ging zum Fenster und versuchte es zu öffnen. Es ließ sich nur einen Spalt weit zum Lüften kippen.
»Schade«, meinte Ebba halblaut, »sonst hätte ich Ihnen noch eine Chance gegeben. Es ist zwar nicht sonderlich hoch, aber wenn Sie auf den Kopf gefallen wären, hätten Sie sich vielleicht doch das Genick gebrochen.« Sie schloss das Fenster wieder.
»Ich erstatte Anzeige«, fauchte Anna.
»W eswegen? Polizeibrutalität? Ich wollte Ihnen doch nur entgegenkommen, Anna. Ich dachte, Sie wollten sterben.«
Vendela sah zwischen Anna und Ebba hin und her.
»Ich wollte nicht, dass Raoul stirbt.«
»Nein, das versteht sich. Sie wollten einen anderen Raoul als den, der er in Wirklichkeit war. Sie wollten eines romantischen Todes mit ihm sterben, solange Sie sich einbildeten, dass er Ihnen gehörte. Aber als Ihnen aufging, dass er es mit Caroline wirklich ernst meinte, waren Sie nicht mehr so interessiert daran, ihm in den Tod zu folgen. Da ließen Sie ihn einfach liegen, während Sie sich selbst retteten. Sie ließen ihn sterben, damit Caroline und Raoul nicht das Kind zusammen bekommen würden, das Sie mit ihm nie hatten. Und Sie setzten Ihren Willen durch. Die beiden können es nicht mehr gemeinsam erleben. Aber Raoul hatte bereits ein Kind, und auch das wird er jetzt nicht heranwachsen sehen. Unbedacht und stolz zeigte er Ihnen sicher das Foto des kleinen David. Ich vermute, dass er es in der Brieftasche hatte. Bevor Sie ins Haus gingen, nahmen Sie das Foto aus der Brieftasche und warfen diese dann in einigem Abstand weg. Was haben Sie dann mit dem Foto gemacht? Es zerrissen
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