Der kleine Bruder: Der kleine Bruder
Probleme?«
»He, Frankie, ich frag nur, okay?«
»Nein, nicht okay.«
»Ist mir egal, ob das okay ist.«
»Dann frag nicht, ob es okay ist, Wolli!«
»Mann«, sagte Wolli, »was ist falsch daran, zu fragen, ob es okay ist?«
»Keine Ahnung«, sagte Frank, »woher soll ich das wissen?«
»Dann ist ja gut«, sagte Wolli. Er richtete sich auf und wischte sich die Stirn. »Das gefällt mir ja auch nicht, aber der eine Typ von euch da, den kennen die, die meinen, der ist vom Vorderhaus, die wollen den hier rausschmeißen. Ich hab ihnen gesagt, daß ich erstmal mit dir rede und rauskriege, was hier los ist, ich meine, ich will doch nicht, daß du hier Schwierigkeiten kriegst!«
»Wolli, nichts für ungut und so, aber ich verstehe kein Wort von dem Scheiß, den du da redest.«
»Warum bist du denn so aggressiv?«
»Ich bin nicht aggressiv«, sagte Frank verärgert. Er holte zum Beweis die Zigaretten raus und hielt sie Wolli hin. »Hier, nimm mal eine«, sagte er und sah, daß Kar! zu ihnen herüberkam.
»Was ist denn los?« schrie Kar! im Näherkommen so laut, daß alle was davon hatten. »Gibt’s kein Bier in dem Puff hier?!«
»Sieht nicht so aus«, rief Frank zurück. »Das ist Wol-li«, stellte er Wolli vor.
»Na, da freu ich mich aber«, sagte Kar! und klopfte Wolli auf die Schulter.
»Aus Bremen«, ergänzte Frank.
»Das wird ja immer besser«, rief Kar! enthusiastisch und klopfte Woll i noch einmal auf die Schulter.
»Wolli hat ein Problem«, sagte Frank und steckte auch sich selbst erst einmal eine Zigarette an, das war eine gute Gelegenheit zum Rauchen, fand er.
»Deswegen bin ich gekommen«, sagte Kar!, »weil ich mir schon dachte, daß es vielleicht ein kleines Problem gibt mit unserem Freund hier. Haben wir uns nicht neulich in Bremen kennengelernt?«
»Wüßte nicht, wann«, sagte Wolli mürrisch.
»Irgendwas mit einer Axt, die in eine Tür gehauen wurde«, sagte Kar!. »Ist ja auch wurscht.«
»Wolli beziehungsweise seine Leute hat oder haben, oder was weiß ich, wie man das jetzt sagen muß, irgendwie ein Problem mit Martin«, sagte Frank hämisch. Er hatte große Lust, Wolli herunterzumachen, zu kränken, zu demütigen, erschreckend ist das, dachte er, ohne wirklich erschreckt zu sein, wahrscheinlich ist es zu spät, um noch wirklich erschreckt zu sein, dachte er, wahrscheinlich kann man nicht so spät mit einem bewußtlosen Musiker durch die Gegend laufen und sich dann noch erschrecken, dachte er, das hat nichts mit moralischer Verlotterung zu tun, versicherte er sich selbst, das geht gar nicht anders, aber etwas beunruhigt war er doch, Wolli ist trotz allem ein alter Kumpel, schärfte er sich ein, da kann man nicht einfach alle moralischen Skrupel über Bord werfen und sich mir nichts, dir nichts mit einem höchst zweifelhaften Charakter wie Karl gegen ihn verbünden, ermahnte er sich selbst. »Im großen und ganzen läuft es darauf hinaus, daß Martin aus dem Vorderhaus ist, das gefällt Wolli nicht und seinen Kumpels wohl auch nicht, oder nur seinen Kumpels nicht, und er ist ihr Sprecher neuerdings«, fügte er nicht minder hämisch hinzu.
»Tja«, sagte Karl. Er steckte einen Arm zwischen Frank und Wolli hindurch und haute mit der flachen Hand mehrmals auf den Tresen. »Gibt’s hier keinen in dem Puff, der mal arbeitet?!«
Nichts passierte. Karl schaute Woll i an und rauchte dabei mit zusammengekniffenen Augen, Wolli schaute den Fußboden an und rauchte auch, Frank schaute sich um und rauchte ebenfalls, und alle anderen im Saal glotzten sie an. Hinten in der Ecke rutschte Martin Bosbach, der gefeuerte Bassist, ganz langsam von seiner Bank und verschob dabei die um ihn herumgebauten Stühle.
»Wenn man alle Menschen, die in Vorderhäusern wohnen, schlecht findet, dann hat man’s schwer im Leben«, sagte Karl schließlich.
»Wie?« sagte Wolli.
»Wenn man alle Menschen, die in Vorderhäusern wohnen, schlecht findet, dann hat man’s schwer im Leben«, brüllte Karl so laut, daß jetzt wieder alle was davon hatten.
»Mir doch egal«, rief Woll i trotzig.
»Kann schon sein. Aber Martin wohnt gar nicht mehr im Vorderhaus. Den haben sie rausgeschmissen. Weil er jetzt Punk ist und keine Kunst mehr machen will!« sagte Karl. »Der hat sich zu oft bei den Wichsern im Vorderhaus für euch eingesetzt, der arme Kerl, und jetzt hat er nichts mehr, wo er wohnen kann!«
»Ach so«, sagte Wolli.
»Laß uns mal zu ihm gehen«, sagte Karl, »laß uns uns mal zu ihm hinsetzen, dem geht’s
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