Der kleine Bruder: Der kleine Bruder
denn P. Immel?« sagte Frank, »ist der schon weg?«
»Ja, der mußte noch weiter, er meinte aber, daß ich hier die Entwicklungen abwarten soll, so ein Quatsch, der spinnt doch.«
»Und H.R.? Ist der auch weg?«
»Der ist mit Immel weggegangen. Komischer Typ!«
»Hier«, Frank gab ihm das Beck’s.
»Wieviel kostet das denn jetzt?«
»Nichts, wenn du mir mal eben die Gläser von den Tischen abräumst«, sagte Frank.
»Na, das ist doch mal ein Wort«, sagte Jürgen und machte sich an die Arbeit.
»Was ist denn nun?« sagte Marko, als Frank wieder bei ihm war. »Ich meinte ja nur: eigentlich! Eigentlich suche
ich einen richtigen Job, da wird man doch nicht mit Bier bezahlt!«
“Schon gut«, sagte Frank, “hat sich erledigt.«
“Na denne«, sagte Marko, “auch gut. Hab ich vorhin auch zu meinem Chef gesagt… «
“Alles klar«, sagte Frank und ging zum Spülbecken und fing an, die Gläser zu spülen, die Jürgen ihm über den Tresen reichte. Als das erledigt war, bat Frank Jürgen, sich für einen Moment hinter den Tresen zu stellen und ihn zu vertreten. Dann nahm er alle Geldscheine und die Fünfmarkstücke aus der Kasse, steckte sie in die Hosentasche und ging durch die Tür, hinter der Erwin Stunden zuvor seine Jacke gesucht hatte. Dahinter lag eine Küche mit zwei großen Mülleimern voller Glasscherben und Obsrresten, einer Gastro-Geschirrspülmaschine, einem Gasherd, einigen Kisten mit Obst und zwei großen Kühltruhen, vor denen leere Beck’s-Kisten standen. In den Truhen waren die dazugehörigen Flaschen. Frank lud zwei Kisten damit voll, trug sie zum Tresen, packte die Flaschen in die Kühlschubladen und -schränke, und wiederholte das alles noch einmal und brachte dabei auch die leeren Flaschen nach hinten, dann dankte er Jürgen, gab ihm noch einen Tequila zu seinem Bier dazu und hatte den Tresen wieder für sich alleine, wenn man von Marko einmal absah, der immer weiter redete und immer wieder Anstalten machte, hinter den Tresen zu kommen, wobei Frank ihn jedesmal sanft zurückschob, was Marko geschehen ließ, ohne dabei seinen Redefluß zu unterbrechen, er redete und redete einfach immer weiter, ””. hatte der jedenfalls kein Kleingeld, und ich sage noch, gebt mir mehr Kleingeld und ich mach dit schon, aber nein, und dann hatte der kein Kleingeld, was soll ich sagen, keine Chance …«
Langsam füllte sich der Laden wieder, es fand, wie Frank zu erkennen glaubte, ein Publikumsaustausch statt, die Leute, die wegen H.R. und Edith gekommen waren, die, wie er mittlerweile einem Plakat entnommen hatte, ihren Auftritt als »H.R. Ledigt und E.D.K. Markt - Performance« angekündigt hatten, gingen oder waren schon gegangen, und andere Leute kamen jetzt in großer Zahl neu herein, so als ob sie darauf gewartet hatten, daß die Sache endlich vorbei war. Es war etwa zehn Uhr, und Frank fiel auf, daß sich mit dem neuen Publikum auch die Trinkgewohnheiten veränderten, die neuen Leute tranken viel mehr Bier als die Leute zuvor, und Mischgetränke und Wein wurden so gut wie gar nicht mehr bestellt. Das machte die Arbeit ruhiger, aber es war abzusehen, daß das Bier nicht mehr lange reichen würde, auch nicht, wenn man alle Flaschen aus den Truhen in der Küche dazuzählte, aus denen Frank innerhalb der nächsten Stunde mit Jürgens Hilfe mehrmals Nachschub holte. Und der Laden füllte sich immer weiter, und eine Stunde später war nur noch ein Kasten Bier da, und es mußte dringend etwas geschehen.
»Gibt’s hier irgendwo Beck’s zu kaufen?« sagte Frank zu Jürgen, als der wieder bei ihm vorbeikam, den Arm voller Gläser und leerer Flaschen, denn das war jetzt seine Gewohnheit, alle Viertelstunde mit leeren Flaschen und Gläsern aufzutauchen und dafür ein Freibier zu bekommen.
»Was?« sagte Jürgen.
»Gibt’s hier irgendwo Beck’s zu kaufen?«
»Im Supermarkt«, sagte Jürgen.
»Aber jetzt hat doch kein Supermarkt auf!« sagte Frank.
»Nein, natürlich nicht.«
»Ich meine aber: jetzt!«
»Nee«, Jürgen dachte kurz nach. »Nee, die Türken haben alle Schultheiss oder Kindi!«
»Wir brauchen Flaschenbier«, sagte Frank. »Kannst du Schultheiss kaufen? Ich kenne da einen Imbiß in der Rei-chenberger Straße, da kostet ein Sixpack fünf Mark.«
»Die kosten überall fünf Mark!«
»Wir brauchen da welche von. Kannst du welche besorgen?«
»Gibt’s auch gleich hier nebenan!«
»Kannst du da welche holen?«
»Willst du echt Schultheiss verkaufen?«
»Ja, ich glaube, das Bier ist
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