Der kleine Nadomir
Zwerg verblüfft an.
»Dein Stamm ist vernichtet«, sprach der Gnom weiter, ohne auf Nottrs Ausruf zu achten. »Ich biete euch die Hilfe der Heusen an. Sie werden euch aufnehmen, wenn ihr wollt.«
»Wir nehmen die Hilfe gern an, Nadomir.«
Einer der Jäger stieß einen Schrei aus, und alle blickten zu ihm hin. Sie zogen eine leblose Gestalt aus den Schneemassen.
»Das ist Sadagar!« rief Selamy. »Er scheint aber tot zu sein.«
»Er lebt«, sagte der Gnom bestimmt. »Bringt den Mann zum Schlitten!«
Sadagar war noch immer mit der Lederschnur verbunden. Einer der Jäger durchschnitt sie und löste die Fesseln, dann hob er den schmächtigen Mann hoch und trug ihn zu den Schlitten.
Die Jäger fanden noch zwei weitere Überlebende, einen zehn Winter alten Knaben und einen alten Mann. Nur fünf des Stammes hatten das Unglück überlebt.
Stöhnend öffnete Sadagar die Augen.
»Du bist zäh, Alter.«
Sadagar blickte in Nadomirs grinsendes Gesicht.
»Du hast also doch meinen Hilferuf erhört«, flüsterte der Steinmann. »Danke.«
»Ich habe versprochen, dass ich dir helfen werde, und ich halte meine Versprechen.«
»Wo sind wir?« Sadagars Stimme war fast unhörbar. Er fühlte sich unendlich schwach, und jede Bewegung bereitete ihm Schmerzen.
»Bei den Heusen, das ist ein Stamm, der mich verehrt.«
»Bin ich der einzige, der überlebt hat?«
»Nein. Deine Freunde und fünf Chereber haben auch überlebt.«
»Die anderen, sind alle tot?«
»Ja, sie sind tot.«
Sadagar schloss die Augen. »Furchtbar.«
»Du warst zwei Tage bewusstlos, Sadagar. Du bist noch immer krank. Schlaf weiter!«
»Ich will alles ganz genau wissen«, hauchte er. »Ich muss mit dir sprechen, Kleiner Nadomir.«
»Das hat Zeit, Sadagar.«
Der Gnom rutschte näher und berührte mit einer dünnen Rute Sadagars Stirn, was diesen sofort einschlafen ließ.
Als er wieder erwachte, war es hell im Zelt. Duprel Selamy saß neben seinem Lager und grinste ihn an. »Ausgeschlafen, Sadagar?«
»Ich denke schon.«
»Wie fühlst du dich?«
Sadagar setzte sich auf und streckte sich, dann starrte er seine Handgelenke an. Die Haut war glatt, und keine Narben waren zu sehen. »Eigentlich fühle ich mich recht gut. Ein wenig schwach noch. Und hungrig.«
»Da kann ich dir helfen.« Duprel stand auf und kam mit einem Tablett zurück, das voll beladen mit Nahrungsmitteln war. »Greif zu!«
Das ließ sich Sadagar nicht zweimal sagen. Heißhungrig schlang er ein Stück Fleisch hinunter.
»Du hast fünf Tage geschlafen. Ich dachte, dass du tot bist, als dich die Heusen aus der Lawine gruben. Aber du bist ein harter Mann. Und du hattest recht, man darf nie die Hoffnung aufgeben, auch wenn die Lage noch so aussichtslos aussieht.«
»Wo steckt Nadomir?«
»Er kommt heute abend zurück. Ich hatte dir die Geschichte vom Kleinen Nadomir nicht geglaubt, entschuldige.«
Sadagar nickte gnädig. »Wie geht es Nottr?«
»Sein Geisteszustand scheint sich von Tag zu Tag zu bessern. Gelegentlich beteiligt er sich sogar schon an einer Unterhaltung.«
»Das ist erfreulich. Kenne ich jemanden der Überlebenden des Stammes?«
»Ja, Tordo und Olinga.«
Vor Schreck verschluckte sich Sadagar und hustete gequält.
»Keine Angst«, sagte Selamy lächelnd. »Olinga trachtet uns nicht mehr nach dem Leben. Die Götter wollten, dass wir am Leben bleiben, und dagegen lehnt sich Olinga nicht auf.«
»Ist sie noch immer hinter Nottr her?«
»Ja, aber er teilt das Lager nicht mit ihr.«
»Sie wird es schon noch schaffen«, brummte Sadagar und aß eifrig weiter.
»Nadomir hat mir gesagt, dass wir uns bei den Heusen befinden. Was ist das für ein Stamm, Duprel?«
»Sie sind den Cherebern ziemlich ähnlich. Wir befinden uns in ihrem Winterlager, das in einem kleinen Seitental liegt. Es sind freundliche Leute, die den Kleinen Nadomir verehren. Mir gefällt es hier.«
»Hast du vielleicht die Absicht, dich hier niederzulassen?«
Duprel zuckte die Schultern. »Vielleicht. Ich weiß es noch nicht genau. Ich könnte sie die Metallverarbeitung lehren. Das wäre eine lohnende Aufgabe.«
»Hm«, brummte Sadagar und stellte das Tablett auf den Boden. »Ich möchte mich ein wenig umsehen. Wo sind meine Kleider?«
»Die Heusen haben dir neue Kleider gefertigt. Hier hast du sie.«
Der Steinmann schnaubte verächtlich, als er die Fellkleidung sah. Sehnsuchtsvoll dachte er an seine alte Kleidung, die aber in dieser unwirtlichen Gegend höchst unpassend gewesen wäre. Langsam
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