Der kleine Vampir (01)
M-Mittwoch », antwortete Anton.
«Gut», sagte der Vampir, und mit leiser Stimme fügte er hinzu: «Er gehört mir nämlich nicht. Ich hab ihn aus dem Sarg von Onkel Theodor!»
«Von dem mit dem Ho-Ho-» Holzpflock, wollte Anton sagen, aber er konnte sich gerade noch rechtzeitig bremsen! Schließlich hatte er schon einmal erlebt, wie der Vampir auf die Erwähnung von Holzpflöcken reagierte!
Aber der Vampir hatte Antons letzte Worte ohnehin nicht mehr gehört, denn er flog schon draußen am Fenster vorbei.
Hauptsache, Udo vergisst am Mittwoch den Umhang nicht!, war Antons letzter Gedanke, bevor er einschlief.
Udos großer Auftritt
«Dein Rüdiger ist ja nicht der Pünktlichste», sagte die Mutter am Mittwoch, als Udo auch um halb fünf noch nicht da war.
«Ach», sagte Anton, «das macht doch nichts.»
«Das macht nichts?», rief die Mutter. «Mein Kaffee wird kalt!»
Sie hatten den Tisch wie für einen Staatsbesuch gedeckt, fand Anton: das gute Geschirr, die silbernen Löffel, Kerzenständer – und nicht zu vergessen die Quarktorte, die die Mutter noch am Nachmittag gebacken hatte und die so verlockend duftete; dazu Sahnebaisers, die Anton so gern mochte, und schließlich die runden Schokoladenkekse mit der süßen Füllung, die sonst angeblich immer zu teuer waren.
«Wollen wir nicht mal anrufen?», schlug die Mutter vor, und ohne Antons Antwort abzuwarten, hatte sie das Telefonbuch geholt. Mit dem Finger fuhr sie die Spalten entlang und las: «Schlotter – Schlotterbacke – Schlotterbein – Schlottermann – Schlotterzahn – – Schlotterstein ist nicht dabei», sagte sie und sah Anton an.
«Hätte ich dir gleich sagen können», erklärte Anton.
«Wusstest du denn, dass sie kein Telefon haben?», fragte sie.
«Das nicht», sagte Anton, «ich hab’s mir nur – gedacht.»
«Und wieso?», fragte sie, plötzlich hellhörig geworden. In diesem Augenblick klingelte es. Erleichtert sprang Anton auf.
«Das ist er!», rief er und lief zur Tür. Hoffentlich ist er es wirklich, dachte er. Denn was würden wohl seine Eltern sagen, wenn Udo ihn im Stich ließe …
Es war Udo! Fast hätte Anton ihn nicht erkannt, so fremd sah er aus in der dunklen Hose und dem schwarzen Hemd, über dem er, wie besprochen, den Umhang trug.
«Hallo», grinste er, «wie seh ich aus?»
Anton warf einen ängstlichen Blick hinter sich. «Psst!», flüsterte er. «Wir dürfen uns nicht verraten!»
Laut sagte er: «Hallo, Rüdiger! Komm rein.»
Jetzt erschien auch die Mutter im Flur. «Wie nett», sagte sie, «guten Tag, Rüdiger. Ich freue mich, dich kennen zu lernen.»
«Tag», sagte Udo und machte eine schiefe Verbeugung.
«Die Wohnung kennst du ja schon», meinte die Mutter und betrachtete Udo aufmerksam, «aber wir sind uns noch nie begegnet! Nur einmal hattest du dich im Schrank versteckt, aber als ich den Tee fertig hatte, warst du schon wieder gegangen.» Udo stand vor ihr und grinste freundlich.
«Übrigens», sagte die Mutter, «wie gefällt dir der Umhang?»
«Der Umhang?», sagte Udo. «Gut!»
«Und du hast gar nichts gemerkt?»
«Gemerkt?», fragte Udo und sah Anton ratlos an. «Was denn?»
«Na, die Löcher», lachte die Mutter, «ich hab sie doch gestopft!»
«Ach so», murmelte Udo, «vielen Dank auch.»
«Anton meinte, du wolltest nicht, dass sie gestopft werden.»
«So?», sagte Udo. «Und warum nicht?»
«Weil es doch ein echtes Vampirkostüm sein sollte!», kam ihm Anton zu Hilfe.
«Ach ja», sagte Udo und fasste sich an den Kopf, als falle es ihm erst jetzt wieder ein, «mein Vampirkostüm, natürlich! Wissen Sie», wandte er sich an die Mutter, «ungestopft sah es noch schauriger aus!»
Die Mutter lachte. «Kommt, wir gehen rüber.»
Immerhin, dachte Anton, die erste Hürde wäre geschafft! Udo spielte seine Rolle gar nicht schlecht. Dafür waren die drei Mark Wettschulden, die Anton ihm erlassen hatte, eigentlich ein niedriger Preis!
«Ich hoffe, es schmeckt dir, Rüdiger», sagte die Mutter am Kaffeetisch.
«Danke, gut», brummte Udo, der zuerst ein Stück Quarktorte gegessen hatte und sich nun ein Sahnebaiser in den Mund steckte.
«Ich wusste zuerst gar nicht, was ich dir anbieten sollte», lächelte die Mutter, «Anton hat nämlich so merkwürdige Sachen über deine Essgewohnheiten erzählt.»
«So? Was denn?», fragte Udo.
«Na ja», sagte die Mutter und goss sich Kaffee ein, «dass du nichts isst und trinkst außer einer Sache, die wir aber nicht im Hause
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