Der Klient
das geringste Zögern.
»Waren Sie dabei, Cal?«
»Nein. Ich schwöre es.«
»Sind weitere Feuerchen geplant?«
»Soweit ich weiß, nicht.«
»Was zum Teufel tun sie dann hier, Cal?«
»Sie warten einfach ab, hören sich um, Sie wissen schon, nur für den Fall, daß sie für irgendwas gebraucht werden. Hängt davon ab, was der Junge tut.«
Byrd drückte noch stärker zu. Er zeigte ihm die Zähne und verdrehte den Kragen. »Eine Lüge, Cal, und Sie haben mich auf dem Hals, verstanden?«
»Ich habe nicht gelogen. Ich schwöre es«, sagte Cal mit schriller Stimme.
Byrd ließ ihn los und deutete mit einem Kopfnicken auf den Gehsteig. »Verschwinden Sie, und bleiben Sie in Zukunft sauber.« Die Mauer aus Polizisten öffnete sich, und Cal ging zwischen ihnen hindurch und auf die Straße. Er erreichte in Rekordzeit den Gehsteig und ward zuletzt gesehen, wie er in die Dunkelheit sprintete.
28
A m Freitagmorgen trank Reggie Love vor Anbruch der Dämmerung starken schwarzen Kaffee und wartete auf einen weiteren unvorhersehbaren Tag als Anwältin von Mark Sway. Es war ein kühler, klarer Morgen, der erste von vielen im September, und der erste Hinweis darauf, daß die heißen, stickigen Tage des Sommers in Memphis sich ihrem Ende näherten. Sie saß in einem Korbschaukelstuhl auf dem kleinen Balkon am hinteren Ende ihrer Wohnung und versuchte, Klarheit in die letzten fünf Stunden ihres Lebens zu bringen.
Die Polizisten hatten sie um halb zwei angerufen, hatten gesagt, in ihrem Büro wäre etwas passiert, und sie gebeten, gleich zu kommen. Sie hatte Clint angerufen, und zusammen waren sie zu ihrem Büro gefahren, wo ein halbes Dutzend Polizisten wartete. Sie hatten zugelassen, daß Jack Nance seine schmutzige Arbeit abschloß und das Gebäude verließ, bevor sie ihn sich griffen. Sie zeigten Reggie und Clint die drei Telefone und die winzigen, in die Hörmuscheln geklebten Sender, und sie sagten, Nance hätte recht gute Arbeit geleistet.
Während sie zuschauten, montierten die Polizisten vorsichtig die Sender ab und verwahrten sie als Beweismaterial. Sie erklärten, wie Nance eingedrungen war, und äußerten sich mehr als einmal tadelnd über die mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen. Sie sagte, so etwas interessiere sie nicht besonders. In ihrem Büro gäbe es ohnehin kaum etwas, das das Stehlen lohne.
Sie hatte ihre Akten überprüft, und alles schien in Ordnung zu sein. Die Mark-Sway-Akte befand sich im Aktenkoffer in ihrer Wohnung. Clint untersuchte seinen Schreibtisch und sagte, es wäre möglich, daß Nance seine Akten durchwühlt hätte. Aber auf Clints Schreibtisch herrschte immer ein ziemliches Durcheinander, und deshalb konnte er nicht sicher sein.
Die Polizisten hatten gewußt, daß Nance kommen würde, erklärte man ihnen, aber woher sie das wußten, wollten sie nicht sagen. Sie hatten ihm das Eindringen in das Gebäude leicht gemacht – unverschlossene Türen, abwesende Wachmänner und so weiter –, und ein Dutzend Männer hatte ihn beobachtet. Er war verhaftet worden, hatte aber bisher noch nichts ausgesagt. Einer der Polizisten hatte Reggie beiseitegenommen und ihr vertraulich und mit gedämpfter Stimme von Nance’ Verbindung zu Gronke und zu Bono und Pirini berichtet. Es war ihnen nicht gelungen, die beiden letzteren zu finden; ihre Hotelzimmer waren leer gewesen. Gronke hielt sich in New Orleans auf und wurde überwacht.
Nance würde zwei Jahre bekommen, vielleicht auch mehr. Einen Augenblick lang hatte sie für ihn die Todesstrafe gewünscht.
Die Polizisten waren schließlich gegangen, und gegen drei waren sie und Clint allein gewesen mit dem leeren Büro und dem bestürzenden Wissen, daß ein Profi eingedrungen war und seine Fallen ausgelegt hatte. Ein von Killern angeheuerter Mann war hier gewesen, um an Informationen zu gelangen, damit, falls erforderlich, weitere Morde begangen werden konnten. Das Büro machte sie nervös, und sie hatten es kurz nach den Polizisten verlassen und waren in ein Café in der Nähe gegangen.
Und so saß sie nun da, nach drei Stunden Schlaf und mit einem nervenaufreibenden Tag vor sich, trank ihren Kaffee und beobachtete, wie sich der Himmel im Osten orangerot verfärbte. Sie dachte an Mark und daran, wie er am Mittwoch, vor nicht einmal zwei Tagen, in ihrem Büro aufgetaucht war und ihr erzählt hatte, daß er von einem Mann mit einem Schnappmesser bedroht worden war. Der Mann war groß und häßlich gewesen, und er hatte mit dem Messer herumgefuchtelt und
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