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Der Klient

Titel: Der Klient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Nichten verklagt. Sie hatte Mütter wegen Mißhandlung ihrer Säuglinge verklagt. Sie hatte Nachforschungen bei Eltern angestellt, die ihren Kindern Drogen zugänglich gemacht hatten. Sie war gesetzlicher Vormund von mehr als zwanzig Kindern. Das Jugendgericht hatte sie zur Beraterin für straffällig gewordene Kinder bestellt, und sie arbeitete unentgeltlich für Kinder, die in Nervenheilanstalten eingewiesen werden mußten. Ihr Einkommen war adäquat, aber unwichtig. Sie hatte früher einmal Geld gehabt, jede Menge Geld, und es hatte ihr nichts als Elend gebracht.
    Sie trank einen Schluck Southern Pecan, erklärte ihn für gut und plante mit Clint den Tag. Das war ein Ritual, das sie befolgten, wann immer es möglich war.
    Als sie nach der Zeitung griff, ertönte der Summer und zeigte an, daß die Tür geöffnet worden war. Clint sprang auf, um nachzusehen. Er fand Mark Sway, der an der Tür zum Empfangszimmer stand, naß von dem Sprühregen und völlig außer Atem.
    »Guten Morgen, Mark. Du bist ja klatschnaß.«
    »Ich muß mit Reggie sprechen.« Die Haare klebten ihm an der Stirn, und Wasser tropfte von seiner Nase. Er war wie betäubt. »Okay.« Clint verschwand und kehrte mit einem Handtuch aus der Toilette zurück. Er wischte Mark das Gesicht ab, dann sagte er: »Komm mit.«
    Reggie wartete in der Mitte ihres Büros. Clint machte die Tür zu und ließ sie allein.
    »Was ist los?« fragte sie.
    »Ich glaube, wir müssen miteinander reden.« Sie deutete auf einen Lehnstuhl, und er setzte sich. Sie selbst ließ sich auf der Couch nieder.
    »Was ist passiert, Mark?« Seine Augen waren rot und erschöpft. Er starrte auf die Blumen auf dem Tisch.
    »Ricky ist heute früh zu sich gekommen.«
    »Das ist wundervoll. Wann?«
    »Vor ein paar Stunden.«
    »Du siehst müde aus. Möchtest du einen Becher heißen Ka kao?«
    »Nein. Haben Sie die Morgenzeitung gesehen?«
    »Ja, ich habe sie gesehen. Hast du deswegen Angst?«
    »Natürlich habe ich deswegen Angst.« Clint klopfte an, dann öffnete er die Tür und brachte trotzdem heißen Kakao. Mark dankte ihm und umfaßte den Becher mit beiden Händen. Ihm war kalt, und der warme Becher half. Clint machte die Tür wieder zu und verschwand.
    »Wann treffen wir uns mit dem FBI?« fragte er.
    »In einer Stunde. Warum?«
    Er nippte an dem Kakao und verbrannte sich die Zunge. »Ich glaube, ich will nicht mit ihnen reden.«
    »Okay. Du brauchst es auch nicht, das weißt du. Ich habe dir das alles erklärt.«
    »Ich weiß. Darf ich Sie etwas fragen?«
    »Natürlich, Mark. Du siehst ziemlich mitgenommen aus.«
    »Es war kein schöner Morgen.« Er nahm einen weiteren winzigen Schluck, dann noch einen. »Was würde mir passieren, wenn ich nie jemandem erzähle, was ich weiß?«
    »Du hast es mir erzählt.«
    »Ja, aber Sie dürfen es nicht weitersagen. Und ich habe Ihnen nicht alles erzählt, richtig?«
    »Richtig.«
    »Ich habe Ihnen erzählt, daß ich weiß, wo die Leiche ist, aber ich habe Ihnen nicht erzählt …«
    »Ich weiß, Mark. Ich weiß nicht, wo sie ist. Das ist ein großer Unterschied, und das ist mir völlig klar.«
    »Wollen Sie es wissen?«
    »Willst du es mir sagen?«
    »Eigentlich nicht. Nicht jetzt.«
    Sie war erleichtert, ließ es sich aber nicht anmerken. »Okay, dann will ich es nicht wissen.«
    »Also was passiert, wenn ich es nie verrate?«
    Darüber hatte sie stundenlang nachgedacht, und sie hatte immer noch keine Antwort. Aber sie hatte Foltrigg kennengelernt, und sie war überzeugt, daß er alle legalen Mittel einsetzen würde, um ihren Mandanten zur Preisgabe der Information zu zwingen. So gern sie es getan hätte – sie konnte ihm nicht raten, zu lügen.
    Eine Lüge wäre die einfachste Lösung. Eine simple Lüge, und Mark Sway konnte den Rest seines Lebens leben, weit weg von allem, was in New Orleans passiert war. Und weshalb sollte er sich über Muldanno und Foltrigg und den verstorbenen Boyd Boyette den Kopf zerbrechen? Er war nur ein Kind, weder eines Verbrechens noch einer schwerwiegenden Sünde schuldig. »Ich nehme an, daß man versuchen wird, dich zum Reden zu zwingen.«
    »Wie geht das?«
    »Das weiß ich nicht. Es kommt überaus selten vor, aber ich glaube, es kann ein Gerichtsbeschluß erwirkt werden, der dich zwingt, auszusagen, was du weißt. Clint und ich, wir haben uns mit dieser Frage beschäftigt.«
    »Ich weiß, was Clifford mir erzählt hat, aber ich weiß nicht, ob es die Wahrheit war.«
    »Aber du glaubst, daß es die Wahrheit war,

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